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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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dunkel und versteinert. Sein Herz zerbröselte in sich wie ein Stück Kohle, das zu Asche zerfällt.
    »Deine verdammten Augen sind's, Kind«, brummte der Lord. »Komm, das Spiel ist vorbei, und du hast gewonnen. Ich werde deinen Preis zahlen. Was ist es denn, das deine Zunge lockern kann? Juwelen? Ein Haus? Soll ich einen Asteroiden für dich und deinen tapferen Knaben dort kaufen?«
    Er trat zu Bruno und schlug ihm schmerzhaft herzlich auf den Rücken. Dann nahm er meine Hand und zerquetschte sie fast zwischen seiner. Ich roch den Whisky in seinem Atem, den muffigen Geruch seiner ungewaschenen Kleider. »Ihr müßt schon einem alten Mann verzeihen, der niemanden mehr hat, ihm bessere Manieren beizubringen«, meinte er, und ließ seine Stimme zu einem rauhen Flüstern herabsinken, um ihr einen angenehmeren Klang zu geben. »Kommt beide mit in den Salon und trinkt ein Glas Wein mit mir.«
     

KAPITEL XX
Der Letzte
einer noblen Familie
    Bruno versteifte sich. Er war von dieser gastfreundlichen Einladung nicht beeindruckt. »Halten Sie mich für so dumm, Sir, daß ich Ihren Wein trinken oder Ihrer Ladyschaft das erlauben würde?«
    Ich nahm seinen Arm. Seine Weigerung würde uns nicht weiterbringen. Ich versuchte, ihn zu beruhigen, während der Lord überraschend sanft sagte: »Dein Vater war nicht in alles eingeweiht, was es in diesem Haus gibt, Bruno.« Während er uns aus dem Studierzimmer führte, wandte er sich an mich. »Und was ist nun mit dir, Perdy? Möchtest du einen Schluck Wein? Natürlich willst du«, meinte er mit einer grotesken Handbewegung und zwickte mich vertraulich in den Arm. Dann wandte er sich abrupt ab und ging den Gang entlang wie ein alter Dachs, der seinen Bau sucht.
    Ich sah Bruno an, der jeden Schritt des Earls mißtrauisch beobachtete.
    »Ach, du wirst dir noch wünschen, den alten Fortescue nicht umgebracht zu haben«, prophezeite der Earl, während er voranstapfte. »Gute Männer kommen hier draußen selten vorbei, wie du weißt.« Voller Mißfallen bemerkte ich, daß er sich einen Scherz erlaubt hatte. »Aber nur frisches Blut zählt, stimmt's? Das ist auf allen Welten gleich. Frisches Blut setzt sich durch.«
    Ich wußte nicht, was ich darauf sagen sollte. Bruno, unzufrieden mit dieser Entwicklung der Dinge, war auf der Hut und schwieg ebenfalls.
    Vor einer offenen Tür blieben wir stehen. »Ah ja«, meinte der Lord, als würde er sie selbst zum ersten Mal sehen, »der Salon. Tretet ein, ihr beide, tretet ein. Fühlt euch wie zu Hause.«
    Er drehte einen Griff an der Wand, und schwache Lampions in bauchigen, farbigen Glasschalen begannen zu glühen. Ich sah, daß die Wände mit gerahmten Karten und regenbogenfarbigen Fächern aus Vogelfedern verziert waren. Es gab keine Fenster. Die Wände hatten die Farbe eines schillernden Blutergusses, und die Ledersessel schimmerten dunkel in dem unfreundlichen Licht. Die Kissen waren steif und hart, weil nie jemand darauf gesessen hatte. Die Luft roch nach Tee und stinkendem Tabak von Nippur.
    Entschlossen betrat ich den Raum und steuerte auf einen Sessel zu, der in der Nähe des Kamins stand – als wäre mir noch nicht warm genug. Seine Lordschaft hielt mich auf, indem er rief: »Bei Gott, warte, warte!«
    Ich drehte mich um und sah, wie er ein Kissen aus einem Sessel in der Nähe der Tür aufhob und es in den Sessel warf, in den ich mich gerade setzen wollte. Ein leises Klicken war zu hören, und unter der Lehne öffnete sich eine kleine verborgene Klappe, aus der etwas auf das Kissen fiel, etwas Kleines, Rotes, Stachliges, das seinen Rücken verwirrt dehnte und wölbte. Es war ein Skorpion. Hätte ich mich hingesetzt, wäre er genau in meinem Schoß gelandet.
    Ich erbleichte, aber mein Vater lachte laut und schlug sich auf die Schenkel. Im gleichen Moment fuhr Brunos Krummschwert nieder, schnitt die arme Kreatur in zwei Teile und wirbelte die Federn aus dem aufgeschlitzten Kissen auf. Mein eigenes Messer steckte immer noch in meinem Gürtel. Bruno hatte so schnell reagiert, daß nicht einmal genug Zeit geblieben war, es zu ziehen.
    Mein Vater lachte noch lauter und patschte seine fleischigen roten Hände gegeneinander. Mit grimmiger Miene hob Bruno die beiden Hälften mit der flachen Seite der Klinge auf und schleuderte sie in den unbenutzten Kamin, wo sie durch den Schacht in der Tiefe verschwanden. Dann suchte er meinen Blick.
    Ich sah ihn störrisch an. Mein Vater hatte mich beschützt. Er hatte die Klappe in der Lehne nur geöffnet, um

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