Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland

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findet.
    »Hast du es gesehen, Ben?« fragte der Captain und half mir beim Ausrichten des Glases. »H'rrmph. Was glaubst, was es ist?«
    Es war das Flaggschiff des japanischen Kaisers, wurde mir erklärt, die
Fragrant Chrysanthemum.
    »Bitte um Erlaubnis, eine Frage stellen zu dürften, Sir.«
    Der Captain nahm das Teleskop an sich und nickte zustimmend. »Warum sind Schiffe immer weiblich, Sir, und die Planeten auch?«
    Der Maat grinste, hielt aber den Blick auf den Kornpaß gerichtet. Ich konnte sehen, daß er auf die Antwort neugierig war. Der Captain gab ein merkwürdiges Hüsteln von sich, schaffte es aber nach einer Weile zu antworten: »Bei Schiffen kann ich es dir sagen, Ben. bei Planeten weiß ich es nicht. H'rmm. Da mußt du schon die Männer fragen – nicht wahr, Mr. Simmonds? Aber bei Schiffen ...« Er sprach jetzt sehr bestimmt und ernsthaft: »Weißt du, das ist so: Schiffe sind flatterhaft und unberechenbar ... humph h'rrumph ... und brauchen eine feste Hand am Ruder, um sie auf Kurs zu halten.«
    Der Maat begann zu kichern, und auch der Captain grinste. Ich merkte, daß ich rot wurde.
    Ich habe gesagt, daß ich mich schnell daran gewöhnte, für Männer zu sorgen. Aber ich gewöhnte mich nie daran, mit ihnen zusammen zu sein. Von meiner Arbeit im Pub und meiner kurzen Dienstzeit auf dem
Appleby Bull
bei meinem Flug zur Erde wußte ich, wie Männer waren, ganz sicher. Aber da war ich ein kleines Mädchen unter Männern gewesen. Hier war ich ein kleiner Junge unter Männern und lebte so wie einer von ihnen. Ich saß in der Messe unter drei Dutzend starken Männern, wie man enger nicht sitzen kann. Ich mußte mich an ihnen vorbeizwängen, um am Tisch des Captains zu servieren und saß deshalb immer eingezwängt querschiffs. Ich erinnere mich daran, daß ich mich zwingen mußte, nicht fortwährend auf den Brustkorb des Bootsmanns zu starren, in dessen schwarzem Haarvlies die an einer Kordel baumelnde Messingpfeife halb verschwand.
    Inzwischen war ich vierzehn Jahre alt, obwohl sie mich sicherlich für jünger hielten. Ich hatte mir angewöhnt, meine Monats-Binden herauszuschmuggeln. Ich rollte sie zusammen, stieg immer nur zur ersten Wache, wenn alle schliefen, nach oben und warf sie über Bord. Die Männer hielten mich für einen komischen Kauz, ich weiß, aber sie hatten keinen Spaß daran, einen Jungen, der so duckmäuserisch war, ihnen nie in die Quere kam und sich ständig in der Nähe der Offiziere aufhielt, mit ihren derben Späßen zu behelligen. Trotzdem war ich über manche Dinge, die sie in meiner Gegenwart aussprachen, schockiert. Dafür machte mir der Gedanke Spaß, sie für dumm zu verkaufen und etwas von ihnen zu lernen, ohne daß sie wußten, daß sie mir etwas beibrachten.
    Ich blieb einige Zeit auf der Brücke und beobachtete das winzige Schiff, die
Fragrant Chrysanthemum
mit ihren Segeln aus gefaltetem Papier. Der Captain und Mr. Simmonds hatten zu tun, und ich fragte mich, wie lange sie mich dort herumtrödeln ließen, ohne mich wegzuschicken. Doch da ich der gehorsame Ben war, wollte ich nicht warten, bis sie es taten, sondern fragte pflichtbewußt nach dem Piloten.
    »Ist in seiner Kabine«, meinte Mr. Simmonds und grinste. »Wie gut bist du in Französisch, Benny Boy?«
    Jenseits der Asteroidensee schwamm Jupiter in seiner Dreiviertel-Phase, in Bernstein und Bronze marmoriert, das majestätische Antlitz geteilt durch das schmale Silberband seines Ringes. Unser Captain betrachtete durch das Fernrohr den Asteroidenschwarm, konsultierte seine Uhr, richtete sich auf und trommelte mit den Fingern auf den Handlauf. »Frag ihn, ob er die Freundlichkeit besitzt, heraufzukommen, Ben. H'm, h'rrmm.«
    Die
Unco Stratagern
schwamm auf einer sanften Tide, und die Schwerkraft war gering. Meine Füße glitten leicht über die Sprossen zum Niedergang des Unterdecks.
    Vor der Kabine des Piloten blieb ich unschlüssig stehen. Die Tür war geschlossen, und von drinnen drang nicht das geringste Geräusch heraus. Doch in der Luft hing ein merkwürdiger Geruch, ein starker, durchdringender Geruch. Ich mußte unwillkürlich an Percy denken. Hielt sich der
Monsieur
etwa Katzen? Dann mußte er über ein Dutzend dort drinnen haben. Ich ballte die Faust und pochte gegen die Tür. Das Schiff ächzte, die Laterne schwang in ihrer Kardanaufhängung hin und her und warf mißgestaltete Schatten an die Wand. Ich klopfte erneut und legte mein Ohr an die Türfüllung, hörte aber nur mein eigenes Herz schnell und