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Sorge dich nicht - lebe

Sorge dich nicht - lebe

Titel: Sorge dich nicht - lebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Carnegie
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hatte. Ich fing an, mich als gerissenen Geschäftsmann zu sehen. Jemand erzählte mir, dass John Jacob Astor Millionen mit New Yorker Baugrund verdient hatte. Wer war schon Astor? Nur ein kleiner eingewanderter Händler mit einem Akzent. Wenn er es konnte, warum ich nicht? Ich würde reich werden! Ich begann, Segelzeitschriften zu lesen.
    Ich hatte den Mut des Ahnungslosen. Ich verstand vom Immobilienhandel so wenig wie ein Eskimo von einem Ölofen. Wie wollte ich mir das Startkapital für meine sensationelle Finanzkarriere beschaffen? Das war einfach. Ich nahm Geld auf mein Haus auf und kaufte ein paar schöne Grundstücke auf Long Island. Ich wollte das Land behalten, bis ich einen fabelhaften Preis erzielen konnte, dann verkaufen und im Luxus schwelgen – dabei hatte ich noch nie ein Grundstück verkauft, nicht einmal von der Größe eines Taschentuchs. Die armen Teufel taten mir Leid, die sich für ein kleines Gehalt in den Büros abschufteten. Ich sagte mir, dass Gott es eben nicht für richtig hielt, jeden Menschen mit dem göttlichen Feuer eines Finanzgenies auszustatten.
    Plötzlich war die große Wirtschaftskrise da und ging auf mich hernieder wie ein Wirbelsturm in Kansas und schüttelte mich wie ein Tornado den Hühnerstall.
    Ich musste jeden Monat 220 Dollar in diesen Riesenschlund von Baugrund schütten. Und wie schnell so ein Monat um war! Außerdem hatte ich die Zinsen für die Hypothek aufzutreiben und Essen für die Familie. Ich drehte beinahe durch vor Sorgen. Ich versuchte, für Illustrierte komische Geschichten zu schreiben. Diese Versuche klangen wie die Bußrufe Jeremias. Ich konnte nichts verkaufen. Die Romane, die ich schrieb, wurden nicht angenommen. Das Geld war alle. Ich hatte nichts mehr zum Versetzen, außer meiner Schreibmaschine und den Goldfüllungen in meinen Zähnen. Die Molkerei lieferte keine Milch mehr. Die Gasgesellschaft drehte das Gas ab. Wir kauften einen kleinen Campingkocher, bei dem man das Benzin mit der Hand hochpumpen musste; dann schoss eine Flamme mit einem Zischen heraus, das an eine böse Gans erinnerte.
    Wir hatten auch keine Kohlen mehr. Die Gesellschaft verklagte uns. Unser einziger Wärmespender war der Kamin. Nachts zog ich los und sammelte Bretter und brennbare Reste von den neuen Häusern, die die Reichen jetzt bauten – ich, der geglaubt hatte, auch einmal zu ihnen zu gehören!
    Ich machte mir solche Sorgen, dass ich nicht schlafen konnte. Oft stand ich mitten in der Nacht auf und lief stundenlang spazieren, um mich zu ermüden, damit ich einschlief.
    Ich verlor nicht nur den Baugrund, den ich gekauft hatte, sondern auch das Herzblut, das ich dafür vergossen hatte.
    Die Bank kündigte die Hypothek, und meine Familie und ich standen auf der Straße.
    Irgendwie gelang es uns, ein paar Dollar zusammenzukratzen und eine kleine Wohnung zu mieten, in die wir am letzten Tag des Jahres einzogen. Ich setzte mich auf eine Umzugskiste und sah mich um. Ein alter Ausspruch meiner Mutter fiel mir ein: «Wein nie über verschüttete Milch!»
    Aber das war keine Milch. Das war mein Herzblut!
    Nachdem ich eine Weile so dagesessen hatte, sagte ich zu mir: «Du hast eine Bruchlandung gemacht und überlebt. Jetzt kann es nur noch aufwärts gehen.»
    Ich begann über alle die schönen Dinge nachzudenken, die man mir nicht hatte nehmen können. Ich hatte noch meine Gesundheit und meine Freunde. Ich würde von vorn anfangen. Über die Vergangenheit würde ich nicht trauern. Jeden Tag würde ich mir das Sprichwort über die verschüttete Milch vorsagen, das meine Mutter so geliebt hatte.
    Ich packte meine Arbeit mit der Energie an, die ich vorher für meine Sorgen und Grübeleien gebraucht hatte. Langsam und allmählich besserte sich meine Lage. Jetzt bin ich fast dankbar, dass ich das viele Unglück durchstehen musste. Es gab mir Kraft, Ausdauer und Vertrauen. Ich weiß jetzt, was es bedeutet, wenn man ganz am Ende ist. Ich weiß, dass es einen nicht umbringt. Ich weiß, dass wir mehr aushalten, als wir glauben. Wenn mir heute Sorge und Angst und Unsicherheit zu schaffen machen wollen, verscheuche ich sie mit der Erinnerung an die Zeit, als ich auf der Umzugskiste saß und zu mir sagte: «Du hast eine Bruchlandung gemacht und überlebt. Jetzt kann es nur noch aufwärts gehen.»
Um welchen Grundsatz geht es hier? Sägen Sie kein Sägemehl! Akzeptieren Sie das Unvermeidliche! Wenn’s nicht mehr tiefer hinuntergeht, drehen Sie um und arbeiten sich wieder hinauf!

Von Jack Dempsey

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