Sorge dich nicht - lebe
weckte und ich meinem Bruder die nächste Spritze geben konnte. Ich erinnere mich, dass ich im Winter abends eine Flasche Milch vors Fenster stellte, die gefror und zu einer Art Eis wurde, das ich gern mochte. Wenn der Wecker klingelte, war der Gedanke an die zu Eis gewordene Milch ein zusätzlicher Anreiz, aufzustehen.
In dieser Zeit der großen Schwierigkeiten waren es zwei Dinge, die mich daran hinderten, in Selbstmitleid zu schwelgen und mir durch Groll und Angst das Leben schwer zu machen. Erstens gab ich zwölf bis vierzehn Stunden am Tag Musikunterricht. Vor lauter Arbeit fand ich kaum Zeit, an meine Probleme zu denken. Und wenn ich versucht war, mich zu bemitleiden, sagte ich mir wieder und wieder: «Hör zu, meine Liebe, du kannst laufen und essen und Geld verdienen und hast keine Schmerzen. Da solltest du der glücklichste Mensch von der Welt sein. Gleichgültig, was passiert – das solltest du nie in deinem Leben vergessen! Niemals! Niemals!»
Ich war fest entschlossen, alles in meiner Macht Stehende zu tun, damit ich ein andauerndes und unbewusstes Gefühl der Dankbarkeit in mir spürte, für die vielen Segnungen, die ich erhielt. Jeden Morgen, wenn ich erwachte, dankte ich Gott, dass ich aufstehen und sehen und gehen und essen konnte. Trotz meiner Probleme stand mein Entschluss unerschütterlich fest: Ich würde der glücklichste Mensch in unserer ganzen Stadt sein. Vielleicht habe ich mein Ziel nicht erreicht, auf jeden Fall aber schaffte ich es, die dankbarste junge Frau zu sein – und wahrscheinlich haben sich wenige meiner Freunde und Bekannten weniger Sorgen gemacht als ich.
Die Musiklehrerin aus Missouri wandte zwei der in diesem Buch beschriebenen Methoden auf ihr eigenes Leben an: Sie arbeitete so viel, dass sie keine Zeit fand, sich Sorgen zu machen, und sie zählte nur das Positive, das ihr zuteil wurde.
Von Cameron Shipp
Mein Magen führte sich auf wie ein Wirbelsturm
Mehrere Jahre arbeitete ich in der Presseabteilung des Warner-Brothers-Filmstudios in Kalifornien und fühlte mich dort sehr wohl. Ich war Gewerkschaftsmitglied und schrieb für Zeitungen und Illustrierte Geschichten über die Stars von Warner Brothers.
Plötzlich wurde ich befördert. Man machte mich zum Stellvertreter des Pressechefs. Die Verwaltung der Firma wurde neu organisiert, und ich erhielt sogar einen eindrucksvollen Titel: Verwaltungsassistent.
Damit verbunden waren ein riesiges Büro mit eigenem Kühlschrank, zwei Sekretärinnen und ein Haufen Mitarbeiter, 75 Autoren, Rechercheure und Radioreporter. Ich war unerhört beeindruckt. Als Erstes fuhr ich los und kaufte mir einen neuen Anzug. Ich bemühte mich, mit Würde zu sprechen. Ich führte ein neues Ablagesystem ein, traf Entscheidungen, ohne Unsicherheit zu verraten, und hatte mittags nur wenig Zeit zum Essen.
Ich war überzeugt, dass die Last der ganzen Werbung für Warner Brothers auf meinen Schultern ruhte. Das Leben berühmter Personen hielt ich in der Hand, sowohl das öffentliche wie das private so großer Stars wie Bette Davis, Olivia De Havilland, James Cagney, Edward G. Robinson, Errol Flynn, Humphrey Bogart, Ann Sheridan und noch einiger anderer.
In weniger als einem Monat merkte ich, dass ich ein Magengeschwür hatte. Wahrscheinlich Krebs.
Einen nicht unbedeutenden Teil meiner Arbeit leistete ich als Vorsitzender eines Sonderausschusses der Gewerkschaft der Filmschaffenden. Ich mochte diese Arbeit und freute mich auf die vielen Freunde, die ich bei den Gewerkschaftssitzungen traf. Doch gerade diese Treffen wurden zu einem Problem. Hinterher fühlte ich mich jedes Mal sehr elend. Manchmal musste ich auf dem Nachhauseweg anhalten und mich ein paar Augenblicke sammeln, ehe ich weiterfahren konnte. Es gab so viel zu tun, und wir hatten so wenig Zeit. Alles war lebenswichtig, und ich fühlte mich bedauernswert unzulänglich.
Ich möchte völlig ehrlich sein – es war die schmerzhafteste Krankheit meines ganzen Lebens. Es war, als spürte ich eine geballte Faust in meinen Eingeweiden. Ich verlor Gewicht, ich konnte nicht schlafen. Ständig hatte ich Schmerzen.
Schließlich suchte ich einen bekannten Internisten auf. Ein Kollege aus der Anzeigenabteilung hatte ihn mir empfohlen. Er erzählte mir, dass dieser Arzt viele Presseleute unter seinen Patienten habe.
Das Gespräch war ziemlich kurz. Ich konnte ihm gerade nur erzählen, wo es schmerzte und was ich für einen Beruf hatte. Er schien überhaupt mehr an meiner Arbeit als an meiner Krankheit
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