Sorge dich nicht - lebe
volleres, erfüllteres Leben, als ich je gekannt habe.»
Elizabeth Connley lernte, was wir alle früher oder später lernen müssen: das Unvermeidliche zu akzeptieren und sich mit ihm zu verbünden. «So ist es. Es kann nicht anders sein.» Es ist nicht einfach, sich danach zu verhalten. Sogar Könige mussten sich ständig dazu ermahnen. Georg V. von England hatte folgenden Spruch in seiner Bibliothek an der Wand hängen: «Wünsch dir nicht den Mond vom Himmel, wein nicht über vergossene Milch.» Denselben Gedanken hatte auch Schopenhauer, als er sagte, ein ordentlicher Vorrat an Resignation sei bei unserer Lebensweise mit das Wichtigste.
Es ist offensichtlich, dass uns die Umstände allein nicht glücklich oder unglücklich machen. Es ist die Art unserer Reaktion darauf, die unsere Gefühle bestimmt. Jesus sagte, dass das Himmelreich in uns sei. Doch dort ist auch das Reich der Hölle.
Es ist offensichtlich, dass uns die Umstände allein nicht glücklich oder unglücklich machen. Es ist die Art unserer Reaktion darauf, die unsere Gefühle bestimmt.
Wir alle können Schicksalsschläge aushalten und mit ihnen fertig werden – wenn wir müssen. Vielleicht bezweifeln wir es, doch wir haben erstaunliche innere Kräfte, die uns helfen, wenn wir es nur zulassen. Wir sind stärker, als wir glauben.
Wir haben erstaunliche innere Kräfte, die uns helfen, wenn wir es nur zulassen. Wir sind stärker, als wir glauben.
Der verstorbene Schriftsteller Booth Tarkington pflegte zu sagen: «Ich könnte alles im Leben aushalten – bis auf eins: blind zu werden. Damit würde ich mich niemals abfinden.»
Dann eines Tages, als er gut in den Sechzigern war, blickte Tarkington auf den Teppich auf dem Boden. Die Farben verschwammen, er konnte das Muster nicht erkennen. Er ging zu einem Spezialisten und erfuhr die traurige Wahrheit: Er würde sein Augenlicht verlieren. Auf einem Auge war er schon fast blind, auf dem anderen würde er es auch bald sein. Wovor er sich am meisten gefürchtet hatte, war wahr geworden.
Und wie reagierte Tarkington auf die Krankheit, mit der er sich «niemals abfinden» würde? Hatte er das Gefühl, jetzt ist es so weit, das ist das Ende? Nein, zu seiner Verblüffung nahm er es gelassen, fast heiter hin. Er machte sogar Witze darüber. Kleine, vorbeischwebende Flecken vor seinen Augen ärgerten ihn. Sie verstellten ihm die Sicht. Aber wenn ein besonders großer dunkler Fleck vorbeizog, sagte er: «Hallo, da ist Großvater wieder! Wo er wohl an so einem schönen Morgen hinwill?»
Wie hätte das Schicksal einen so starken Menschen je besiegen können? Die Antwort ist: überhaupt nicht. Als ihn völlige Dunkelheit umgab, sagte Tarkington: «Ich stellte fest, dass ich mich mit dem Verlust meines Sehvermögens abfinden konnte, wie man sich mit allem andern abfinden kann. Wenn ich alle fünf Sinne verlöre, würde ich in mir weiterleben können, in meinem Geist, das weiß ich. Denn es ist der Geist, mit dem wir sehen, und der Geist, durch den wir leben, ob uns dies bewusst ist oder nicht.»
Weil er hoffte, seine Sehkraft wiederzubekommen, ließ sich Tarkington zwölfmal innerhalb eines Jahres operieren, nur mit lokaler Betäubung. Beklagte er sich darüber? Er wusste, dass es notwendig war. Er wusste, dass er es nicht ändern konnte, und so gab es für ihn nur eine Möglichkeit, seine Schmerzen zu ertragen: Er machte gute Miene zum bösen Spiel. Im Krankenhaus wollte er kein Einzelzimmer, sondern lag lieber mit anderen Patienten zusammen, die auch ihre Probleme hatten. Er bemühte sich, sie aufzuheitern. Und als er wieder und wieder operiert werden musste – bei vollem Bewusstsein, so dass er miterlebte, was die Ärzte mit seinen Augen machten –, klammerte er sich an den Gedanken, was für ein Glückspilz er doch sei. Wie großartig, dachte er, wie großartig, dass die Wissenschaft solche Fortschritte gemacht hat. Heute kann man sogar so etwas Empfindliches wie das menschliche Auge operieren.
Wenn ein normaler Mensch sich zwölfmal hätte operieren lassen müssen und blind gewesen wäre, hätten das seine Nerven sicherlich nicht ausgehalten. Doch Tarkington sagte: «Ich möchte diese Erfahrung gegen keine erfreulichere tauschen.» Sie hatte ihn gelehrt, sein Schicksal anzunehmen. Sie hatte ihn gelehrt, dass nichts, was das Leben noch bringen konnte, über seine Kräfte gehen würde. Sie lehrte ihn, was auch der große englische Dichter John Milton erfuhr: «Es ist nicht traurig, blind zu sein, sondern es
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