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Sorge dich nicht - lebe

Sorge dich nicht - lebe

Titel: Sorge dich nicht - lebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Carnegie
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erkannte ich nicht, dass ich einen tüchtigen Geschäftsführer brauchte, der die Ausgaben überwacht hätte.
    Schließlich, nach etwa einem Jahr, machte ich eine erschütternde Entdeckung, die mich ernüchterte. Ich entdeckte, dass wir trotz der riesigen Einnahmen nicht den geringsten Gewinn erzielt hatten. Jetzt hätte ich zwei Dinge tun sollen: Erstens hätte ich den Verstand haben sollen, George Washington Carvers Beispiel zu beherzigen, der bei einem Bankkrach 40 000 Dollar verlor, seine lebenslangen Ersparnisse. Als ihn jemand fragte, ob er wisse, dass er bankrott sei, antwortete er: «Ja, ich habe es gehört.» Und unterrichtete weiter. Er löschte jeden Gedanken an den erlittenen Verlust in seinem Gehirn so gründlich, dass er die Sache nie wieder erwähnte.
    Als Zweites hätte ich Folgendes tun sollen: Ich hätte meine Fehler analysieren und gründlich daraus lernen sollen.
    Offen gestanden tat ich weder das eine noch das andere. Stattdessen stürzte ich mich in einen Strudel von Sorgen. Monatelang war ich völlig durcheinander. Ich konnte nicht schlafen und nahm ab. Mein großer Fehler war mir keine Lehre, sondern ich ging hin und machte das Gleiche noch einmal, wenn auch nicht in ganz so großem Stil.
    Es ist mir peinlich, meine Dummheit zugeben zu müssen, doch ich habe schon lange erkannt, dass es leichter ist, zwanzig Leuten zu sagen, was sie tun sollen, als einer der zwanzig zu sein, die das, was ich in meinen Kursen lehre, beherzigen.
    Manchmal wünschte ich mir, ich hätte hier in New York die George-Washington-High-School besuchen können. Dann wäre Dr.Paul Brandwine mein Lehrer gewesen, bei dem auch Allen Saunders in die Klasse ging.
    Saunders erzählte mir, dass ihm sein Hygienelehrer, Dr.Paul Brandwine, eine der wichtigsten Lektionen erteilt habe, die er im Leben jemals lernte. «Ich war ungefähr dreizehn, vierzehn Jahre alt», sagte Allen Saunders, als er mir die Geschichte erzählte, «aber schon da machte ich mir Sorgen. Ich grübelte über gemachte Fehler nach und regte mich darüber auf. Wenn ich eine Prüfungsarbeit abgegeben hatte, lag ich schlaflos da und kaute an meinen Fingernägeln, aus Angst, ich könnte eine schlechte Note bekommen. In Gedanken machte ich alles, was ich getan hatte, noch einmal und wünschte, ich hätte es anders gemacht. Ich dachte über die Dinge nach, die ich gesagt hatte, und wünschte, ich hätte sie besser gesagt.
    An einem Morgen hatten wir Unterricht im Physiksaal, und da saß unser Lehrer, Dr.Paul Brandwine. Er hatte eine Flasche Milch vor sich auf der Tischkante aufgebaut. Wir setzten uns und starrten auf die Milch und fragten uns, was sie mit Hygieneunterricht zu tun hatte. Plötzlich sprang Dr.Brandwine auf, packte die Milchflasche und schleuderte sie in den Spülstein, dass es krachte, und rief: ‹Weint nie über verschüttete Milch!›
‹Weint nie über verschüttete Milch!›
    Dann mussten wir alle zum Ausguss kommen und uns die Bescherung ansehen. ‹Prägt euch das Bild gut ein›, befahl er, ‹denn ich möchte, dass ihr euch für den Rest eures Lebens an diese Lektion erinnert! Die Milch ist weg – wie ihr seht, durch den Abfluss verschwunden. Und keine Aufregung, kein Haareraufen bringt auch nur einen einzigen Tropfen wieder zurück. Mit ein wenig Vorsicht und Überlegung hätte man sie vielleicht retten können. Jetzt ist es zu spät, und uns bleibt nur noch eines übrig: sie abzuschreiben, zu vergessen und zur Tagesordnung überzugehen.›
    An diese kleine Demonstration erinnerte ich mich noch, als ich die handfeste Geometrie und mein Latein längst vergessen hatte. Eigentlich habe ich dadurch mehr über das praktische Leben gelernt als sonst in den vier Jahren auf der High-School. Ich lernte, dass ich mich bemühen sollte, so wenig Milch wie möglich zu verschütten. Aber wenn ich doch welche vergossen hatte und sie durch den Abfluss abgelaufen war, sollte ich die ganze Sache für immer vergessen.»
    Manche Leser werden jetzt die Nase rümpfen, weil sie finden, dass ich um ein so abgedroschenes Sprichwort wie «Wein nicht über verschüttete Milch» unnötig viel Wirbel mache. Ich weiß, es ist banal, eine Binsenweisheit, eine Platitude. Ich weiß, dass Sie es schon tausendmal gehört haben. Doch ich weiß auch, dass diese abgedroschenen Sprichwörter gerade den gefilterten Extrakt aller alten Weisheiten enthalten. Sie sind entstanden aus brennenden Erfahrungen der menschlichen Rasse und sind durch zahllose Generationen hindurch an uns

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