Sorge dich nicht - lebe
berichtete von den Weißen, die ihm bei seinem Kampf geholfen hatten, so dass die Piney Woods Country School blühen und gedeihen konnte – weiße Menschen, die ihm Land, Bauholz und Schweine, Kühe und Geld gegeben hatten, damit er mit seiner Erziehungsarbeit weitermachen konnte.
Als man Laurence Jones hinterher fragte, ob er die Menschen gehasst habe, die ihn durch die Straßen geschleift hätten, um ihn zu hängen und zu verbrennen, antwortete er, er sei mit seinen Gedanken nur bei seiner Schule und den Kindern gewesen und habe keine Zeit dazu gehabt – er sei zu sehr mit etwas Wichtigerem als seiner eigenen Person beschäftigt gewesen. «Ich habe keine Zeit zum Streiten», sagte er, «keine Zeit, mich zu bedauern, und kein Mensch kann mich zwingen, mich so zu erniedrigen, dass ich ihn hasse.»
Kein Mensch kann mich zwingen, mich so zu erniedrigen, dass ich ihn hasse.
Laurence Jones sprach mit solcher Eindringlichkeit und Überzeugungskraft – nicht von sich selbst, sondern von der Sache, die er vertrat –, dass der Mob sich zu beruhigen begann. Schließlich rief ein alter Veteran der Konföderierten aus der Menge: «Ich glaube, der Junge sagt die Wahrheit. Ich kenne einen der Weißen, die er erwähnt hat. Der Mann da oben kämpft für eine gute Sache. Wir haben einen Fehler gemacht. Wir sollten ihm helfen, statt ihn aufzuhängen.» Der Veteran ließ seinen Hut herumgehen und sammelte eine Spende von 52 Dollar und 40 Cent von eben den Männern ein, die sich zusammengerottet hatten, um den Gründer der Piney Woods Country School aufzuhängen – den Mann, der gesagt hatte: «Ich habe keine Zeit zum Streiten, keine Zeit, mich zu bedauern, und kein Mensch kann mich zwingen, mich so zu erniedrigen, dass ich ihn hasse.»
Vor neunzehnhundert Jahren erklärte Epiktet, dass wir ernten, was wir säen, und uns das Schicksal immer irgendwie zwingt, für unsere Missetaten zu bezahlen.
«Auf die Dauer gesehen», sagte Epiktet, «wird jeder Mensch für seine üblen Taten bestraft. Wer dies nicht vergisst, wird sich nie über jemand ärgern oder empört sein, wird nie jemand beschimpfen oder ihm Vorwürfe machen, wird nie jemand beleidigen oder hassen.»
Vermutlich ist kein anderer Mann in der amerikanischen Geschichte so viel verleumdet und gehasst und betrogen worden wie Lincoln, doch wie Herndon in seiner schon klassisch gewordenen Biographie schreibt, habe sich Lincoln «bei seiner Beurteilung der Menschen nie von Gefühlen leiten lassen, weder von Sympathie noch von Antipathie. Wenn irgendeine Arbeit erledigt werden musste, fand er, dass sie ein Gegner genauso gut machte wie irgendjemand anders. Wenn ihn jemand verleumdet oder sich ihm gegenüber gemein benommen hatte, gab ihm Lincoln trotzdem diesen oder jenen Posten, wenn er glaubte, er sei der geeignetste Mann dafür, genauso gut wie er ihn einem Freund gegeben hätte … Ich glaube, er hat nie einen Menschen entlassen, nur weil dieser ihn nicht mochte oder mit ihm verfeindet war.»
Gerade von einigen der Männer, denen er einflussreiche Posten gegeben hatte, wurde er besonders verleumdet und angefeindet. Trotzdem glaubte Lincoln, wie Herndon berichtet, dass «kein Mensch für seine Handlungen in den Himmel gehoben oder für das, was er tut oder nicht tut, verurteilt werden sollte». Denn «wir sind alle Kinder unserer Verhältnisse, unserer Umgebung und Erziehung, unserer Gewohnheiten und Erbanlagen, die die Menschen zu dem machen, was sie sind und immer sein werden».
Vielleicht hatte Lincoln Recht. Wenn Sie und ich die gleichen körperlichen, geistigen und emotionalen Eigenschaften geerbt hätten wie unsere Feinde und wir das Gleiche erlebt hätten wie sie, würden wir ganz genauso handeln wie sie. Wir könnten unmöglich anders handeln. Doch seien wir barmherzig und beten wir mit den Sioux-Indianern: «O großer Geist, bewahre mich davor, jemand zu kritisieren und zu verurteilen, ehe ich nicht zwei Wochen seine Mokassins getragen habe.» Statt unsere Feinde zu hassen, wollen wir Mitleid für sie haben und Gott danken, dass das Leben uns nicht so gemacht hat wie sie. Statt sie mit Missbilligung und Rache zu überhäufen, sollten wir ihnen Verständnis entgegenbringen und Sympathie und ihnen helfen und vergeben und für sie beten.
«O großer Geist, bewahre mich davor, jemand zu kritisieren und zu verurteilen, ehe ich nicht zwei Wochen seine Mokassins getragen habe.»
In meiner Familie wurde jeden Abend in der Bibel gelesen oder ein Vers daraus zitiert,
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