Sorge dich nicht - lebe
Bewunderung verdiente, weil sie die beiden alten Frauen bei sich aufgenommen hatte. Für sie war es das Natürlichste von der Welt, sie fand es richtig und hätte es nicht anders haben wollen.
Wo Tante Viola heute ist? Nun, seit mehr als zwanzig Jahren ist sie Witwe, mit fünf erwachsenen Kindern – fünf verschiedenen Haushalten –, und alle wollen sie haben und alle wollen, dass sie bei ihnen lebt. Die Kinder beten sie an. Sie können nicht genug von ihr haben. Aus «Dankbarkeit»? Unsinn! Es ist Liebe – nichts als reine Liebe. Diese Kinder hatten während ihrer ganzen Kindheit Wärme und strahlende menschliche Güte gespürt. Ist es da ein Wunder, dass sie jetzt, da die Situation umgekehrt ist, Liebe zurückgeben?
Vergessen wir also nie: Wenn wir dankbare Kinder haben wollen, müssen wir selbst dankbar sein können. Vergessen wir nicht, dass kleine Kinder Ohren wie Luchse haben und genau aufpassen, was wir sagen. Wenn wir zum Beispiel das nächste Mal versucht sind, vor unseren Kindern die Freundlichkeit eines Menschen herunterzusetzen, dann lassen wir es ausnahmsweise einmal bleiben. Sagen wir nie: «Seht euch bloß die Spültücher an, die Kusine Susi uns zu Weihnachten geschickt hat. Sie hat sie selbst bestickt. Die haben sie keinen Cent gekostet!» Die Bemerkung mag uns unwichtig erscheinen, doch die Kinder haben sie genau gehört. Sagen wir das nächste Mal also lieber: «Wie viele Stunden Kusine Susi gebraucht haben muss, um uns so was zu Weihnachten schenken zu können! Ist sie nicht nett? Wir wollen ihr gleich einen Dankbrief schreiben.» Und unsere Kinder können so ganz unbewusst lernen, was Lob und Wertschätzung bedeuten.
Wenn wir dankbare Kinder haben wollen, müssen wir selbst dankbar sein können.
Damit Sie sich über Undankbarkeit nicht aufregen und ärgern müssen – hier Regel drei:
a)
Machen wir uns auf Undankbarkeit gefasst, dann brauchen wir uns nicht zu ärgern. Vergessen wir nie, dass Jesus an einem Tag zehn Aussätzige heilte – und nur ein einziger dankte ihm. Warum sollten wir mehr Dankbarkeit erwarten können als Jesus?
b)
Wir wollen uns immer daran erinnern, dass es nur eine Möglichkeit gibt, glücklich zu werden: Wir dürfen keine Dankbarkeit erwarten, sondern sollen geben aus Freude am Geben.
c)
Bedenken wir immer, dass Dankbarkeit ein Verhalten ist, das «kultiviert» werden muss. Wenn wir also dankbare Kinder haben wollen, müssen wir sie zur Dankbarkeit erziehen.
15
Würden Sie für eine Million Dollar hergeben,
was Sie haben?
Ich kenne Harold Abbott seit Jahren. Er wohnte in Webb City, Missouri, und war lange Organisator meiner Vortragsreisen. Einmal trafen wir uns in Kansas City. Er fuhr mich hinunter zu meiner Farm in Belton, das auch in Missouri liegt. Während der Fahrt fragte ich ihn, wie er es schaffe, sich keine Sorgen zu machen. Da erzählte er mir eine interessante Geschichte, die mir unvergesslich ist.
«Ich habe mir immer einen Haufen Sorgen gemacht», sagte er. «Bis ich einmal im Frühling in Webb City die West Dougherty Street entlangging. Da hatte ich ein Erlebnis, das mich alle Sorgen vergessen ließ. Es dauerte nicht länger als zehn Sekunden, aber in diesen zehn Sekunden lernte ich mehr über das Leben als in den zehn Jahren davor. Ich besaß damals einen Lebensmittelladen», erzählte Harold Abbott weiter. «Doch am vorangegangenen Sonnabend war es damit aus gewesen. Ich hatte meine ganzen Ersparnisse aufgebraucht und außerdem noch viele Schulden gemacht. Ich schuftete sieben Jahre, um sie zurückzuzahlen. Jetzt war ich auf dem Weg zur Bank, um mir Geld zu leihen, damit ich nach Kansas City fahren konnte, weil ich hoffte, dort Arbeit zu finden. Ich ging wie ein Mensch, der erledigt ist. Ich hatte all meinen Glauben, jede Zuversicht verloren. Dann sah ich plötzlich einen Mann auf mich zukommen. Er hatte keine Beine und saß auf einem hölzernen Brett mit Rollschuhrollen daran. In den Händen hielt er dicke Holzstücke, mit denen er sich abstieß. Er hatte gerade die Kreuzung überquert und musste sein Brett vorne etwas anheben, um auf den Gehweg zu gelangen. Während er sich geschickt hinaufbalancierte, trafen sich unsere Blicke. Er grüßte mich mit einem breiten Lächeln. «Guten Morgen, Sir. Ein schöner Morgen, was?», sagte er fröhlich. Während ich dastand und ihm nachstarrte, erkannte ich plötzlich, wie reich ich war. Ich hatte zwei Beine! Ich konnte gehen! Ich schämte mich über mein Selbstmitleid. Ich sagte mir, wenn der Mann
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