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Sorry

Titel: Sorry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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Schreibblock gebeugt da.
    – Noch eine Minute, sagt sie.
    Frauke wundert sich, was Tamara und sie zusammengeführt und so lange zusammengehalten hat. Ein einziges Mal gab es während der Schulzeit einen Bruch. Tamara hatte eine neue Clique von Mädchen kennengelernt, und Frauke paßte überhaupt nicht dazu. Es wurde ein schlimmer Monat, dann saß Tamara in einer Hofpause plötzlich wieder neben Frauke und sagte, das sei eine echt schlechte Idee gewesen. Frauke hat ihr nie erzählt, daß sie vor Erleichterung beinahe geweint hätte. Ohne ihre beste Freundin fühlte sie sich nicht vollständig. Sie weiß genau, wie ihr Leben ohne Tamara wäre. Wie ein Wintertag, der nie endet. Wie nie wieder Sonne.
    – Ich hab’s.
    Tamara streckt Frauke den Schreibblock entgegen. Frauke liest, und das Grinsen verschwindet aus ihrem Gesicht.
    – Was ist los?
    Kris hockt sich zu ihnen. Frauke und er starren. Wolf kommt mit den Broten aus der Küche.
    – Was habt ihr?
    Tamara wird rot.
    – Nichts Besonderes. Es ist nur das, was Kris gesagt hat, erklärt sie und will den Schreibblock zur Seite legen. Kris schnappt ihn sich.
    – Das hast du eben geschrieben? fragt er.
    Tamara hebt die Schultern.
    – Ich kann’s auch anders probieren, wenn ihr ...
    Weiter kommt sie nicht, Kris hat den Block an Wolf weitergereicht und seine Hände auf Tamaras Wangen gelegt.
    – Du verdammtes Genie, sagt er und küßt sie.
     
    Als Frauke um halb fünf in ihre Wohnung zurückkehrt, blinkt ihr Anrufbeantworter. Drei Nachrichten, dreimal dieselbe Stimme. Wie geht es dir ...
    Was machst du ...
    Wann sehen wir uns ...
    Frauke löscht die Nachrichten, ohne sie bis zum Schluß durchzuhören, und pinnt Tamaras Text an die Korkwand neben den Monitor. Kris hat gesagt, sie soll sich Zeit lassen, Wolf wollte es am liebsten selber machen, und Tamara hatte keine Meinung, weil sie inzwischen auf dem Boden eingeschlafen war.
    Frauke hat versprochen, sich am nächsten Morgen sofort an die Gestaltung des Textes zu setzen. Sie ist aber so unruhig, daß sie nicht weiß, ob sie überhaupt einschlafen kann. Um sich zu beruhigen, stellt sie sich erst mal unter die Dusche. Ihr Gehirn ist berauscht von den Ideen, die sie alle in dieser Nacht hatten. Ein wenig fühlt es sich so an, als wären sie zusammen in die Vergangenheit gereist, um die Unsterblichkeit ihrer Jugend in die Gegenwart zu holen.
    Ich bin unsterblich, und was ist mit dir?
    Ich bin nicht müde , denkt Frauke und steigt aus der Dusche, um ihren Computer einzuschalten.
     
    Zweieinhalb Stunden später stößt Frauke sich vom Schreibtisch ab. Sie hat Tamaras Text in eine Anzeige umgesetzt und ist jetzt so aufgekratzt, daß sie nicht mehr still sitzen kann. Arbeit als Aufputschmittel. Die Muskeln sind verspannt, ihre Gedanken eine helle Flamme. In wenigen Minuten hat Frauke ihre Laufsachen angezogen und ist zur Tür raus.
     
    Der Tiergarten ist um diese Uhrzeit verlassen, das Morgenlicht erinnert an Unterwasseraufnahmen an einem Regentag. Farblos und spröde. Frauke umrundet den kleinen See dreimal, ihr Körper hat seinen Rhythmus gefunden, die Atmung paßt sich den Schritten an. Als würde ich die Zeit bremsen, als würden die Minuten zusammenfallen und die Zeiger sich langsamer bewegen. Der Gedanke gefällt Frauke. Je schneller sie läuft, desto mühevoller kommt die Zeit voran. Zeit wird Materie. Frauke hat das Gefühl, sie kann diese Materie strecken, stauchen oder zerreißen. Die Zeit ist ihr schon so oft gerissen, daß Frauke sich immer wieder wundert, wieso die Zeit überhaupt noch existiert.
     
    Als sie vom Laufen zurückkommt, wartet er vor der Wohnungstür auf sie. Sie wundert sich immer wieder, wie es ihm gelingt, in das Treppenhaus hin einzukommen. Die Mieter sind sehr mißtrauisch und diskutieren über die Gegensprechanlage sogar mit dem Mann vom Paketdienst, weil sie ihn für einen Werbefuzzi halten, der seine Zettel loswerden will.
    Er sitzt auf dem Boden, Rücken gegen die Wohnungstür gelehnt, Kinn auf der Brust, Hände im Schoß verschränkt. Einmal hat ihn ein Nachbar so gefunden und einen Krankenwagen gerufen. Frauke weiß, daß er nicht schläft, es ist mehr ein Dämmerzustand. Oder wie er einmal erklärt hat: Ich bin die Hälfte der Zeit auf Stand-by.
    Sie rüttelt ihn an der Schulter. Er rührt sich, öffnet die Augen, grinst.
    – Na, Kleine.
    – Du sollst das nicht machen, sagt Frauke.
    – Wie? Was soll ich denn deiner Meinung nach tun, wenn du nicht zurückrufst?
    Er richtet sich

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