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Sorry

Titel: Sorry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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Frauke hinter sich und mußte am Morgen zum Arbeitsamt. Dieses Mal ist es die Nacht nach dem schlimmsten Tag ihres Lebens, und nur ein Glas Wodka konnte sie gestern zur Ruhe bringen.
    Die Uhr zeigt halb zehn. Regen prasselt gegen das Fenster, Blitze zucken waagerecht über den Himmel und erhellen eine schwarze Wolkenfront, die wie eine wehende Fahne aussieht.
    Tamara wartet auf den Donner und zählt die Sekunden.
    Im Erdgeschoß sieht sie die hingeworfene Kleidung vor der Eingangstür. Zwei Haufen, Schlammspuren, verdreckte Schuhe. Tamara berührt einen der Haufen mit dem Fuß. Naß. Es sieht aus, als wären Kris und Wolf an Ort und Stelle in sich zusammengeschrumpft.
    Tamara läßt die Sachen liegen und geht in die Küche. Der Geruch dort erinnert sie an Partys mit verkippten Cocktails und überquellenden Aschenbechern. Tamara gähnt. Sie weiß, daß es ein Fehler war, aufzustehen. Sie haßt es, vor den anderen wach zu sein. Wer will solch einen Tag schon freiwillig als erster beginnen?
    Tamara schaltet die Espressomaschine an, und während sie darauf wartet, daß sie warmläuft, trinkt sie ein Glas Wasser und schaut auf den Kleinen Wannsee hinaus. Der Regen wird vom Wind vorangetrieben und gräbt Furchen in den See. An der Markierung neben dem Steg kann Tamara sehen, daß der Wasserspiegel gestiegen ist. Sie ist überrascht, daß bei den Belzens kein Licht brennt. Sie hätte in diesem Moment viel dafür gegeben, Helena und Joachim durch das Panoramafenster beim Frühstück zu sehen. Jeden Morgen derselbe Platz. Es wäre normal, es wäre wie das alte Leben.
    Sie würden ihr winken, Tamara würde zurückwinken, und der Tag wäre ein Tag wie jeder andere.
    Wahrscheinlich haben sie schon längst gefrühstückt.
    Um richtig durchzulüften, öffnet Tamara das Küchenfenster, das zum Nachbargrundstück rausgeht. Kalte Luft weht herein und läßt sie schaudern. Tamara hält ihr Gesicht in den Regen. Sie sieht den Schuppen und das Dach des Nachbarhauses. Der Regen hinterläßt silberne Striche in der Luft, die Tamara an Kratzer auf Glas erinnern. Als sie eben das Fen ster wieder schließen will, bemerkt sie ein helles Schimmern auf der Erde. Sie lehnt sich weiter hinaus, steht reglos da und starrt und wartet darauf, daß sich das Schimmern wiederholt. Ihr Haar wird naß, sie friert und wischt sich den Regen aus den Augen. Sie muß nicht lange warten. Eine Windböe jagt über das Grundstück, und das Schimmern ist wieder zu sehen. Tamara erkennt es jetzt deutlich. Etwas Weißes winkt ihr aus dem Schlamm zu.
     
    – Wolf, was habt ihr getan?
    – Was?
    – Wolf, was zum Teufel habt ihr getan?
    Tamara zieht ihm die Bettdecke weg.
    – Wovon redest du?
    – Wieso sind da Blumen im Garten?
    – Weil es vielleicht ein Garten ist?
    Tamara schlägt ihm mit der flachen Hand auf den Rücken.
    – Wolf, werd wach, verdammt noch mal!
    Wolf dreht sich um und schwingt die Beine aus dem Bett. Tamara kann sehen, daß er eine Erektion hat.
    – Was für Blumen? fragt er.
    – Weiße Blumen. Mitten im Garten. Was habt ihr nur getan? Wolf reibt sich übers Gesicht.
    – Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Hand aufs Herz. Tamara geht Kris wecken.
     
    Fünf Minuten später. Sie beugen sich zu dritt aus dem Küchenfenster, starren in den Regen und beobachten, wie der Wind die Blumen auf der schlammigen Erde bewegt.
    – Lilien, sagt Kris. Ich glaube, das sind Lilien.
    – Und was heißt das? fragt Tamara.
    Kris und Wolf sehen einander kurz an. Tamara kennt die beiden zu gut, ihr Blickwechsel kommt einem Schuldbekenntnis gleich. Beide haben blutunterlaufene Augen, und ihre Hände sind verdreckt. Tamara erinnert sich an die nasse Kleidung im Flur. Sie ist heute morgen zwar langsam im Kopf, aber immer noch schnell genug.
    – Was habt ihr nur getan?
    – Wir haben uns betrunken, sagt Kris.
    – Das rieche ich, was habt ihr außerdem getan?
    Die Brüder sehen statt einer Antwort wieder aus dem Fenster. Schritte sind von oben zu hören, Schritte auf der Treppe. Tamara dreht sich um und sieht Frauke in die Küche kommen.
    Endlich , denkt sie, endlich bin ich nicht mehr allein mit ihnen.

KRIS
    Die Kopfschmerzen helfen nicht gerade beim Denken. Kris hat das Gefühl, als würde jemand alle zehn Sekunden gegen seinen Hinterkopf schlagen. Er weiß, was gleich passieren wird. Es gibt diese Momente, die nicht aufzuhalten sind.
    Frauke geht nicht zum Kühlschrank oder setzt einen Becher unter die Espressomaschine. Sie wirft einen Blick auf ihre

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