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Sorry

Titel: Sorry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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hatte durchgehalten.
    Obwohl der Großvater an dem Morgen nicht mit am Frühstückstisch saß, war Kris stolz auf sich. Er fühlte sich als Beschützer. Und deswegen schwitzt er an diesem Donnerstag vor dem Kamin. Eine Kerze reicht ihm nicht aus. Frauke soll mit einem brüllenden Feuer auf die Reise gehen. Deswegen hält Kris das Feuer am Leben. Um bei Frauke zu sein, um ihr Schutz zu geben, wo auch immer sie jetzt ist.
     
    Die Tage vor der Beerdigung waren ein Vakuum. Seit sie die tote Frau an der Wand gefunden haben, sind alle Aufträge verschoben. Keiner hat bisher daran gedacht, die Arbeit wiederaufzunehmen. Sie haben die Brücken hochgezogen und sind in sich selbst verschwunden. Nach Fraukes Tod versank Wolf in Melancholie, und Kris war sich nicht sicher, um wen sein Bruder mehr trauerte – um Frauke oder um sich selbst und das Unglück, das ihn wie ein Schatten zu verfolgen schien. Tamara tat, was Tamara immer tut,wenn es eine Krise gibt. Sie bezog ihren Stützpunkt auf dem Sofa und las einen Roman nach dem anderen, als wäre die Außenwelt auf Druckerschwärze und weißes Papier reduziert worden.
    Sie sprachen kaum, sie lebten aneinander vorbei.
    Kris begann als einziger, sich nach vorne zu bewegen. Die Tatsache, daß Frauke in der Nacht vor ihrem Tod in der Villa gewesen war, um sich sein Handy zu holen, ließ ihn nicht in Ruhe. Da sein Handy nicht mehr funktionierte, fuhr Kris am Tag darauf nach Charlottenburg zur Zentrale seines Providers, um Einblick in seine eingehenden und ausgehenden Anrufe zu bekommen.
    Die Gegend deprimierte ihn. Vor fünf Jahren war es um den Ernst-Reuter-Platz noch richtig lebendig gewesen, als die Buchhandlung Kiepert noch die gesamte Ecke einnahm. Jetzt gleicht der Ort einem Tummelplatz für Yuppies und Flaneure, die nach ihrem Frappuccino und Chocolate Chip Cookie noch schnell bei Manufaktum überteuerte Geschenke einkaufen, die aussehen, als wären sie vor dem Zweiten Weltkrieg zusammengeschustert worden.
    Der Provider hat seine Büros im obersten Stockwerk. Ein Mitarbeiter ließ Kris zehn Minuten warten, dann setzte er sich an sein Notebook und druckte Kris die Aufstellung aller eingehenden und ausgehenden Anrufe der letzten dreißig Tage aus. Danach fragte er Kris, ob er sonst noch etwas für ihn tun könne.
    – Eine Kleinigkeit, sagte Kris und stieß auf eine Mauer. Der Mitarbeiter weigerte sich strikt, die Nummer von Meybach nachzuverfolgen.
    – Es tut mir leid, ich darf das nicht. Ich komme da in Teufels Küche. Außerdem ist er bei einem anderen Anbieter.
    Kris bedankte sich für die Liste und ging. Sein Verdacht hatte sich bestätigt. Frauke hatte sich sein Handy geholt, um an Meybachs Nummer zu gelangen. Frauke hätte sich natürlich auch die Akte aus ihrem Büro holen können, aber wahrscheinlich war ihr die Gefahr zu groß gewesen, einem von ihnen über den Weg zu laufen.
    Wir hätten reden können.
    Frauke hatte genau das getan, was Kris längst hätte tun müssen. Sie war zum Angriff übergegangen. Sie hatte Meybach Samstag nacht um 23.45 Uhr angerufen und war am Tag darauf um10.2 3 Uhr von ihm zurückgerufen worden. Kurz danach ertrank sie. Aber das reichte Kris noch lange nicht als Information.
     
    In der Gneisenaustraße nahm er direkten Kurs auf das Büro seines ehemaligen Chefs und ignorierte die Hallos der Mitarbeiter.
    – Was willst du hier? sagte Bernd Jost-Degen zur Begrüßung.
    – Wir müssen reden, sagte Kris und schloß die Tür hinter sich. Ehe sein ehemaliger Chef protestieren konnte, sagte Kris:
    – Ich weiß, du brauchst fünf Minuten, um mit deinem Freund vom Pressedienst zu reden. Er braucht drei Minuten, um seinen Mann bei der Polizei zu erreichen, und der wird nicht länger als eine Minute brauchen, um her auszufinden, auf welchen Namen diese Handynummer hier läuft.
    Kris legte den Zettel mit der Nummer auf den Schreibtisch.
    – Bernd, ich brauche die Adresse, und ich weiß, daß du die Kontakte hast, um sie mir zu besorgen. Es wäre nicht das erste Mal, daß du deine Beziehungen spielen läßt. Ich bitte dich, tu das für mich.
    Er tat es für Kris. Er tat es nicht, weil Kris ein netter Kerl war oder vor einem halben Jahr noch für ihn gearbeitet hat. Jemanden wie Bernd Jost-Degen überzeugen andere Argumente. Dieses Argument war recht subtil. Von Kris ging eine beunruhigende Gefahr aus. Bernd Jost-Degen wußte nicht, was Kris widerfahren war. Er sah nur, daß sein ehemaliger Mitarbeiter diese Information haben wollte – um jeden

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