Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)
eigenes Zimmer gekauft, an den Leuten auf der Warteliste vorbei. Tja, hat man ja dann gesehen, dass sie nichts Besseres war – sie war ein Schwächling.«
Ich blicke in ihr verzerrtes Gesicht und denke an das von Triti auf den Familienbildern, wie sie die Kamera – das Leben – anstrahlte.
»Aber wieso tut man dann so was? Wieso hast du dir solche Mühe gemacht? Nur weil jemand anderes glücklich war? Oder wegen eines Zimmers ?« Demi starrt mich an, als verstünde sie noch nicht mal die Frage. Aber ich muss weiterbohren. Ich weiß nicht genau, was als Auflösung zählt oder ob ich Triti so tatsächlich einen Ausweg eröffne, aber ich muss versuchen, Antworten auf Fragen zu bekommen, an die ich bis jetzt noch nicht mal gedacht habe. Ich versuche mir vorzustellen, wie Danny es anstellen würde. Er würde mit Sicherheit die Wahrheit herausfinden.
»Warst du neidisch auf sie?«
Ich sehe Verachtung in ihren Augen. »Quatsch.«
»Ging es um einen Jungen?«
Demi sieht zur Seite.
»Erzähl’s mir«, fordere ich sie auf.
»Die Jungs waren verrückt nach Triti. Aber sie durfte keinen Freund haben. Weswegen sie nur noch mehr hinter ihr her waren.«
Ich denke kurz darüber nach. »Vielleicht auch ein Junge, den du mochtest, Demi?«
Sie zuckt mit den Schultern. »Kann mich nicht mehr erinnern.«
Lewis sieht mich an und schüttelt kaum merklich den Kopf. »Weißt du was, Alice? Ich glaube, Demi ist einfach zu blöd, um drauf zu kommen, warum sie es getan hat. Sie hat ein Mädchen zu Tode gequält und erinnert sich nicht , warum. Leute wie sie machen mich echt krank.«
Demi zieht ein finsteres Gesicht. »Hallo, ich stehe direkt neben dir.«
»Keine Sorge, Schätzchen, wir haben dich nicht vergessen«, entgegnet Lewis und beugt sich dichter zu ihr vor. »Was sollen wir jetzt mit ihr machen, Alice?«
»Wollt ihr die Schule informieren?«, fragt Demi nervös.
Er lacht. »Ach, guck an, jetzt bist du nicht mehr so mutig, was? Anonym Leute fertigmachen kannst du, aber jetzt hast du Schiss, die Suppe auszulöffeln? Hat die kleine Demi-Mausi Angst vor dem bösen Schuldirektor?«
Ich ignoriere ihn. Wann sind wir eigentlich in diese seltsame Guter-Bulle-Böser-Bulle-Masche verfallen? »Ist dir denn nicht irgendwann klar geworden, dass du zu weit gegangen bist? Hast du nicht gesehen, wie sie gelitten hat, und kapiert, dass das, was du da machst, falsch ist? Ich meine, sie ist vor deinen Augen gestorben . Das ging monatelang und trotzdem hast du weitergemacht, bis sie ganz am Ende war.«
»Sie war verrückt. Da kann ich doch nichts dafür.« Demis Augen blicken trotzig, ansonsten aber sind sie gruselig ausdruckslos. Es ist, als wäre sie selbst tot, zumindest was ihr Gespür für die Wirkung angeht, die sie auf andere Menschen hat. Vielleicht ist sie nicht immer so gewesen. Vielleicht hat das, was sie Triti angetan hat, auch das letzte bisschen Menschlichkeit in ihr abgetötet.
Ich erschaudere und sehe an mir hinunter. Ich bin klitschnass. Das sind wir alle. »Ich glaube, wir haben genug gehört.« Obwohl ich mir da natürlich nicht sicher sein kann, bis ich wieder am Strand bin.
Lewis scheint Demi nicht einfach so gehen lassen zu wollen. »Im Ernst? Bist du sicher, dass du alles hast, was du brauchst?«
Hinter mir nähern sich hastige Schritte und noch während ich mich umdrehe, ruft eine Frauenstimme: »Was in Gottes Namen machen Sie da mit ihr? Sofort aufhören!«
»Miss Jacobs!«, kreischt Demi. »Miss Jacobs, die wollen mich ausrauben!«
Wir sehen eine Frau mittleren Alters in einem Regenmantel auf uns zukommen. Hinter ihr das dritte Mädchen, von dem wir dachten, wir hätten es verscheucht. Sie muss losgerannt sein, um eine Lehrerin zu Hilfe zu holen.
Wie viel hat die Lehrerin gehört? Genug?
Lewis tritt einen Schritt zurück und Demi lässt sich gegen die Mauer sinken. Er packt mich beim Ärmel. »Gehen wir.«
Ich tue, was er sagt, doch als wir an der Lehrerin vorbeigehen, die zu verblüfft wirkt, um uns aufzuhalten, drückt er ihr sein iPhone in die Hand. »Hier haben Sie alles, was Sie brauchen. Das hat Demi getan. Lesen Sie sich das durch und hören Sie sich die Aufnahme an, die ich gerade von ihrem Geständnis gemacht habe, und dann sorgen Sie dafür, dass so etwas niemals wieder passiert.«
Die Lehrerin starrt ihn einfach bloß an, dann spüre ich, wie er wieder an meinem Ärmel zieht, und wir gehen weiter, unsere Sneakers quietschen und verspritzen Wasser. Hinter mir höre ich jemanden schluchzen und
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