Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)
werden?«
»Woher weißt du das?«
Sie zuckt mit den Schultern. »Ach, war nur so eine Vermutung. In welche Klasse gehst du?«
»In die elfte. Meine Eltern meinen, es wäre ganz gut, jetzt in der Oberstufe aufs Internat zu wechseln.«
Zahnspange runzelt die Stirn. »Gut für dich oder gut für sie?«
Ich lache. »Beides, nehme ich mal an. Ich bin … Einzelkind und ich glaube, sie freuen sich drauf, das Haus wieder für sich allein zu haben.«
»Das kenne ich«, sagt Zahnspange. »Ich bin übrigens Jade.«
»Alice.«
»Maria«, stellt sich das Akne-Mädchen vor. »Also, was willst du noch wissen?«
»Darf man seine eigenen Klamotten tragen? Darf man abends weggehen? Und kriegt man sein eigenes Zimmer?«
»Ja zu den Klamotten, ja zum Weggehen – obwohl hier in der Gegend sowieso nichts los ist – und ja zum eigenen Zimmer. Nur die Neuen müssen sich manchmal eins teilen, bis ein anderes frei wird«, erklärt Jade.
»Ja, bis jemand geht «, sagt Maria. Die beiden Mädchen werfen sich einen Blick zu.
Mir läuft ein Schauder über den Rücken. »Wieso, gehen denn viele wieder?«
Maria scheint plötzlich etwas sehr Interessantes in ihrem Kaffee zu entdecken.
Jade mit der Zahnspange kneift die Augen zusammen. »Wie Maria schon sagte, die Keyes ist nicht jedermanns Sache. Die Leute, denen es dort nicht gefällt, bleiben nicht immer bis zum Schluss.«
»Gibt es viel Mobbing?«
Sie starrt mich an. Einen Augenblick lang fürchte ich, zu weit gegangen zu sein. »Es ist eine ganz normale Schule. Man muss sich anpassen. Das hat nichts mit Mobbing zu tun. Mehr mit … natürlicher Auslese.« Sie lächelt mit geschlossenem Mund, damit man ihre Zahnspange nicht sieht.
»Achte nicht auf Jade. Bio ist ihr Lieblingsfach«, wirft Maria ein.
Wenn ich wirklich in Erwägung ziehen würde, auf diese Schule zu gehen, dann hätte der Kommentar mit der natürlichen Auslese schon ausgereicht, um es mir anders zu überlegen. Aber vor dem Hintergrund dessen, was ich über Triti weiß, wirken Jades Worte noch unheilvoller.
»Ein Mädchen aus meiner Nachbarschaft war hier auf der Schule«, fange ich an, denn mir wird klar, wenn ich nicht bald zum Angriff übergehe, wird es ihnen zu langweilig mit mir und sie fangen an, mich zu ignorieren. »Sie hieß –«
Plötzlich rauscht ein Luftzug durch das Café, als die Tür aufgerissen wird. Lewis steht im Eingang. Alles starrt ihn an. Besonders die Mädchen von der Keyes-Schule. Vielleicht habe ich ihn ja tatsächlich falsch eingeschätzt und er ist doch attraktiver als der durchschnittliche Computer-Guru. Möglicherweise liegt es aber auch an seinem wutentbrannten Gesichtsausdruck, dass ihn alle ansehen. Ich bin überrascht, wie zornig er wegen eines Mädchens zu sein scheint, das er noch nicht einmal kannte. Vielleicht ist es sein Sinn für Gerechtigkeit, weswegen er so viel für mich tut.
Es ist ein absolut seltsamer Moment: als hätte jemand die Zeit angehalten und die kleinstädtische Starbucks-Filiale sich in einen Saloon aus einem Spaghettiwestern verwandelt.
»Ich bin auf der Suche nach Demi«, verkündet Lewis. »Man hat mir gesagt, ich könnte sie hier finden.«
57
Dann passieren verschiedene Dinge nacheinander. Ein Baby fängt an zu weinen und bricht den Bann dieses High-Noon-Moments. Dampf schießt aus der Kaffeemaschine. Und etwa ein Dutzend Schülerinnen dreht sich zum Fenster um, wo ein Mädchen in einem schwarzen, zu eng sitzenden Pulli sitzt und Lewis anstarrt.
Es können nur ein, zwei Sekunden gewesen sein, aber mir kommt es vor wie Jahre, bis sie aufsteht.
»Ich bin Demi.«
Sie hat eine raue Stimme, wie Cara, wenn sie mal wieder die Nacht durchgemacht hat. Ihre Jeans spannt an den Oberschenkeln und ihre abgekauten Nägel sind korallenrosa lackiert. Mir war sie überhaupt nicht aufgefallen, als ich ins Café kam. Für die bösartige, aber kluge Salli ist sie doch sicher viel zu gewöhnlich, oder?
Lewis deutet auf die Tür und tritt dann selbst hinaus auf die Straße. Demi zögert, aber ich sehe die Neugier in ihrem rundlichen Gesicht und weiß, dass sie ihm folgen wird. Als sie es tut, gehen drei ihrer Freundinnen hinterher. Ihre Gang.
Ich stehe ebenfalls auf und lasse meinen Becher auf dem Tisch stehen. »Mein Bruder«, erkläre ich Jade und Maria, die sichtlich verwirrt sind über den Zusammenhang zwischen diesem Racheengel und der etwas beschränkten potenziellen neuen Mitschülerin, für die sie mich gehalten haben.
Auf der Straße stehen Lewis und
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