Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)
verlaufen.
»Die Geschäftsleitung hält das anscheinend für witzig«, sagt Javier.
Danny beachtet ihn nicht. »Meistens hören wir gar nichts. Vielleicht gehen die Flaschen bei der Meerespost verloren, aber wahrscheinlicher ist es, dass unsere Hinterbliebenen nicht glauben können, dass die Nachrichten echt sind. Doch manchmal wird tatsächlich eine Flasche mit einer Antwort angeschwemmt.«
»Wie bei dir«, erklärt Meggie.
»Wir denken, es hat etwas damit zu tun, wie stark die Verbindung zwischen dem Gast und demjenigen ist, den er zu erreichen versucht. Je stärker, desto größer ist die Chance, dass er oder sie irgendwann hier auftaucht.«
»Genau, so eine starke Verbindung, dass wir die meisten Besucher von Soul Beach nach ein, zwei Wochen nie mehr wiedersehen«, schnaubt Javier.
»Javier, halt die Klappe«, warnt ihn meine Schwester.
Er zuckt mit den Schultern. »Ist doch besser, wenn sie es gleich erfährt, oder?«
»Warum kommen sie nicht zurück?«, frage ich.
Jetzt machen alle nervöse Gesichter. Triti runzelt die Stirn. »Vielleicht werden sie von der Homepage verbannt, weil sie die Regeln gebrochen haben. Oder weil sie einen Gast unglücklich gemacht haben. Das kommt vor.«
»Ja, oder die Verbindung ist eben doch nicht so stark, wie sie dachten. Vielleicht hat man gar nichts mehr miteinander gemeinsam. Muss doch hart sein, uns hier im Paradies leben zu sehen, während man sich selber mit den langweiligen Pflichten der echten Welt rumschlagen muss«, überlegt Javier. »Und außerdem sind wir auch nicht gerade die unterhaltsamste Truppe. Wir tun doch nichts anderes als poppen, planschen und Blödsinn plappern.«
»Da sprichst du nur für dich selbst, Javier«, sagt Meggie. »Mann, du bist vielleicht ein grummeliger Blödmann.«
Javier steht auf. »Vielleicht brauche ich einfach Schlaf.« Er lacht sarkastisch und schlendert dann davon Richtung Wasser.
»Was war daran jetzt so lustig?«
»Wir müssen überhaupt nicht schlafen«, erläutert Danny. »Klar, die Sonne geht auf und unter und die meisten von uns legen sich auch an den Strand oder in eine Hütte, wenn es dunkel wird, aber eigentlich mehr aus Gewohnheit. Nötig ist das nicht, wir werden nie müde. Ein paar Leute haben es mit stundenlangem Joggen versucht, bis der Körper schlappmacht, aber der Kopf schaltet nie ganz ab. Müdigkeit können wir also nicht für unsere Launen verantwortlich machen.«
»Was ist dann seine Entschuldigung?«, frage ich.
Triti zieht die Stirn kraus. »Das kriegst du schon noch raus.«
Meggie schüttelt den Kopf. »Ach, entspann dich mal, Triti. Ich schwebe im Moment jedenfalls auf Wolke sieben, weil meine Schwester, die ich höllisch vermisst habe, endlich hier ist. Mit ihr kommt dieser Ort schon ziemlich nahe ans Paradies ran, also sei bitte nett, ja?«
»Tut mir leid, normalerweise bin ich immer nett«, lenkt Triti mit entschuldigendem Lächeln ein. »Nett ist mein zweiter Vorname. Tschüss, Alice. Wir sehen uns hoffentlich bald wieder.« Sie zockelt davon und ihre Ohrringe klimpern beim Gehen. Von hinten sieht sie dünner aus, mehr wie ein langer, schmaler Schatten und weniger wie ein Mensch, aber das ist wohl auch kein Wunder, wenn hier keiner was isst.
Danny steht auf. »Wahrscheinlich wollt ihr beiden jetzt ein bisschen allein sein. War schön, dich kennenzulernen, Alice. Ich red mal mit Javier und sorg dafür, dass er sich nächstes Mal an seine Manieren erinnert. Normalerweise sind wir echt ganz okay, versprochen.« Er sieht mich an und in seinen grünen Augen liegt wieder diese Sehnsucht.
Ich versuche, den Blick nicht zu erwidern, aber zu spät. Es ist, als würde ich fallen, und nichts und niemand kann mich auffangen.
21
»Und? Wie findest du sie?«, fragt Meggie, nachdem Danny in der Menge verschwunden ist.
»Sie sind … interessant«, antworte ich vorsichtig. Tatsächlich kommt mir Javier wie der absolute Egozentriker vor und Triti wirkt so nichtssagend, dass es fast scheint, als wäre sie hinter ihrer riesigen Oberweite und der ebenso riesigen Kette gar nicht vorhanden. Nur bei Danny habe ich das Gefühl, dass es interessant sein könnte, sich mit ihm zu unterhalten. Aber das erzähle ich Meggie nicht, denn ich weiß genau, meine Schwester wird selbst den winzigsten Hinweis darauf, dass ich Danny nett finde, als Zeichen dafür deuten, dass ich unsterblich – haha – in ihn verknallt bin, und mich ewig damit aufziehen. Wie sie es damals auch bei Tim gemacht hat.
Tim. Mich überläuft
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