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Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)

Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)

Titel: Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Harrison
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mit der Zunge. »Ach, und du hast wahrscheinlich nie einen Tropfen Alkohol angerührt, als du noch minderjährig warst, was, Sahara?«
    Sie denkt darüber nach. »Nein, habe ich tatsächlich nicht. Ich war furchtbar brav.«
    Das war ich auch, denke ich und sehe mich plötzlich mit ihren Augen: eine Sechzehnjährige, die allein auf einer Bank vor dem Pub sitzt und trinkt. »Tja, Menschen ändern sich.«
    Sahara wirft mir einen seltsamen Blick zu und fragt dann: »Möchtest du dich nicht zu uns setzen?« Sie deutet mit dem Kinn in Richtung des Pubs, an dessen anderem Ende sich eine Gruppe Studenten auf den Sofas lümmelt. Warum sind sie mir nicht vorher aufgefallen? »Alle hier haben Meggie gekannt, wenn dir das hilft.«
    Ich zögere.
    »Na ja, Tim ist natürlich nicht dabei«, fügt sie hinzu.
    Nein, denke ich, aber einer von ihnen kann mir sicher sagen, wo ich ihn finde.
    Oder – und bei diesem Gedanken zittere ich – einer von ihnen ist Meggies Mörder.

35
    »Okay.« Meine Stimme bebt, als ich einwillige.
    Sahara nimmt mich beim Arm und zieht mich nach drinnen. »Guckt mal, wen ich draußen gefunden habe«, sagt sie und in ihrer Stimme liegt etwas so Besitzergreifendes, dass ich mir vorkomme wie ein preisgekrönter Pudel bei einer Hundeschau.
    »Hi«, sage ich und winke unbeholfen.
    »Komm, setz dich hierher«, bestimmt sie, klopft einladend auf ein kleines Zweiersofa und nimmt neben mir Platz. Viel zu dicht. »Kennst du noch die anderen? Lisa war mit Meggie in einer Seminargruppe.«
    Ein Mädchen mit lockigem Haar winkt mir zu. Ist es eigentlich nur ein Mythos, dass Leute mit Locken unberechenbar sind? Sie sieht mir nicht unbedingt aus wie eine Mörderin.
    »Simone und deine Schwester wollten eine Band gründen, weißt du noch, bevor die Fernsehgeschichte losging?«, erinnert mich Sahara.
    Simone prostet mir zu. »Tut mir so leid.« Sie ist so winzig, dass sie kaum eine Fliege zerquetschen könnte, ganz zu schweigen davon, meine kräftige, gesunde Schwester zu ersticken.
    »Und das ist Adrian, mein Freund.«
    Er steht sogar auf und streckt mir die Hand hin, und als ich sie schüttele, legt er seine Linke über meine, genau wie der Pfarrer bei Meggies Beerdigung. Sie fühlt sich warm an, beinahe tröstlich. »Ich kann es noch immer nicht fassen«, sagt er.
    Ich schüttele den Kopf. »Ich auch nicht.«
    Vorher ist er mir nie richtig aufgefallen, jetzt aber merke ich, dass er eins von diesen Gesichtern hat, die erst auf den zweiten Blick wirken. Hohe Wangenknochen, so blasse Haut, dass er Skandinavier sein könnte, und hellbraunes Haar, aus der Stirn gekämmt wie bei einem Kampfpiloten. Mir kommt der Gedanke, dass er zu gut aussehend ist für Sahara, doch ich verscheuche ihn schnell wieder. Schließlich stehe ich ja nicht auf ihn, aber er erscheint mir wie ein Gentleman.
    Nein. Er nicht.
    Einer nach dem anderen aus der Runde wird mir vorgestellt und ich versuche, sie alle einzuschätzen. Su-Lin, eine leicht schielende Chinesin, war gerade im Ausland, als der Mord geschah. Jules, der meine Schwester schon am Tag der offenen Tür an der Uni kennengelernt und sich sofort auf die Suche nach ihr gemacht hat, als sie beide ihr erstes Semester anfingen, ist viel zu lieb und spricht beinahe ehrfürchtig von ihr. Diesen Effekt hatte Meggie oft auf Menschen, sie fühlten sich von ihr angezogen wie Motten vom Licht.
    Tim fehlt. Und noch jemand.
    »Wo ist Zoe?«
    Die anderen wenden den Blick ab. Sahara legt die Hand auf meine. »Sie … hat die Uni verlassen. Es war einfach zu viel. All diese Erinnerungen. Ich glaube, sie ist gerade auf Reisen oder so.«
    Zoe hat die Leiche meiner Schwester gefunden. Sie hatte das Pech, nach der Party als Erste wieder zurück in das Miniapartment zu kommen, das die drei sich teilten, kam an Meggies Zimmertür vorbei, fand sie einen Spaltbreit offen vor und spähte hinein. Später erzählte sie der Presse, meine Schwester habe ausgesehen wie ein Engel, das Haar wie einen Heiligenschein um ihr rosiges Gesicht ausgebreitet. Die Polizei hat sie als Verdächtige ausgeschlossen, aber sie haben ja auch immer nur nach einem Mann gesucht …
    Kann hinter ihrem Studienabbruch mehr stecken als ein Trauma?
    Da fällt mir auf, dass niemand mehr redet oder mich ansieht. Alice, die Spielverderberin, hat wieder zugeschlagen. Verübeln kann ich es ihnen nicht, ich wüsste auch nicht, wie ich mit mir Small Talk machen sollte.
    Adrian rettet die Situation, indem er demonstrativ auf seine Armbanduhr sieht.

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