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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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lächelte.
    »Du kannst Sardinen haben, etwas anderes Salziges hab ich heute Morgen nicht. Wir gehen heute Abend zu Angelos in die Taverne, zur Feier des Tages. Mit dir kann ich mich da ja mal blicken lassen. Alleine geh ich nicht essen, und schon gar nicht mit Andreas – die würden im Kafenion über nichts anderes mehr reden. Nicht mal, wenn Wahlen wären.«
    Tante Eleni rollte ein kleines Fass aus der Kammer. Es war bis zum Rand gefüllt mit Sardinen und Salz.
    »Frühstück!«
    Sie lachte schallend, aber Zinos aß bestimmt zwanzig kleine Fische mit Kopf und Flossen und trank reichlich von Tante Elenis Limonade, die sie aus selbst gemachtem Sirup von verschiedenen Zitrusfrüchten herstellte. Mit Wasser und Eiswürfeln goss sie den grüngelben Sirup immer wieder auf.
    »Und was wirst du heute machen, mein lieber Zinos?«
    »Ich geh zum Strand, in eine der kleinen Buchten. Vielleicht leiht mir jemand ein Boot.«
    »So ein Glück, dass ich ein Boot besitze, fang, dann soll es heute dir gehören!«, rief Tante Eleni und warf einen Aprikosenkern auf Zinos. Er fing ihn auf. Der Berg entkernter Aprikosen überragte nun den der Früchte.
    »Du hast ein Boot? Wozu das denn?«
    »Ich weiß es nicht. Sevastiana hat es mir gegeben. Sie hatte eine offene Rechnung bei mir, noch aus dem Jahr, als kein einziger Tourist kam, wegen des Streiks. Die haben uns hier vergessen; selbst als der Streik vorbei war, hat es noch einen Monat gedauert, bis die Fähre wieder kam. Das Boot gehörte ihrem Sohn. Dem, der über zwei Meter misst. Dabei war ihr Mann kaum größer als sie. Sie sagt, es gebe einen Riesen, ein paar Generationen zurück. Was weiß ich denn, das wissen nur die Götter. Jetzt arbeitet er jedenfalls bei der Agrarbank in Athen. Er kann sich ein großes Boot mit einem Motor leisten.«
    »Es ist ein Ruderboot?«
    »Du sollst rudern, Zinos. Rudern ist gut, wenn man ein Mann wird. Ich kann dick sein, das interessiert die Götter nicht, aber du? Du nicht! Hast du eine Verlobte?«
    »Nein, Tante!«
    »Dann geh rudern, geh schon, ab, ab – geh!«
    »Hast du inzwischen ein Telefon?«
    »Du kannst unten an der Post telefonieren.«
    »Wann gehen wir in die Taverne?«, fragte er.
    »Um zehn. Und zur Feier des Tages werde ich ein schönes Kleid tragen.«
    Zinos sprang die Treppen hinunter zum Hafen. Das Boot war ziemlich schmutzig. Es war mehr Betrieb als früher. Eine Menge Leute lagen am Strand, der noch weniger einladend aussah, als er es in Erinnerung hatte. Unter Inselbewohnern war es verpönt, an den Hafenstrand zu gehen, nur die Kinder machten das. Zinos begann das Boot von innen zu säubern. Sofort schwitzte er, die Sonne stand über ihm am Himmel und brannte auf seiner Haut. Er ging rüber in den Laden von Sevastiana. Sie gab ihm eine Tube Sonnencreme mit arabischer Schrift. Er versprach, abends das Geld vorbeizubringen; sie winkte ab und wollte ihm in die Wange kneifen, doch er wich gerade noch aus.
    Im Gehen zog er sein T-Shirt aus und schmierte sich den Oberkörper ein. Das Zeug roch intensiv nach Kokos; es war ein Öl mit Lichtschutzfaktor zwei. Als er wieder in sein Boot steigen wollte, pfiff ihm jemand hinterher. Am Hafen, kurz bevor der Strand begann, war ein Verkaufstisch aufgebaut.
    Ein Mädchen in einem weißen Kleid stand dahinter. Sie pfiff noch mal, als Zinos zu ihr rübersah. Mit verschränkten Armen sah sie ihn direkt an. Sie trug Turnschuhe. Ein junger Typ trat an den Stand. Sie hielt ihm Kassetten entgegen und steckte eine in einen Kassettenrekorder, den sie laut aufdrehte:
    Life is what you make it von Talk Talk.
    Sie spulte vor, und It’s Tricky von Run DMC beschallte den Hafen.
    Der Typ und das Mädchen wippten mit. Hermes stürmte aus dem Kafenion und schimpfte, bis sie leiser drehte. Zinos sah sie im Profil; sie trug einen unordentlich geknoteten Dutt. Sie war blond, trotzdem war ihre Haut fast schwarz von der Sonne. Plötzlich erkannte er in dem Mädchen Vassiliki. Sie war so, wie er sie in Erinnerung hatte – nur in groß! Sie sah ihn nun nicht mehr an, auch nicht, nachdem der Typ die Kassette gekauft hatte.
    Zinos wollte weg vom Hafen. Er ruderte schnell und kräftig, sodass er bald eine Pause einlegen musste. Sein Rücken schmerzte. Er würde jeden Tag rudern, seinen Körper in Form bringen. Aber Vassiliki hatte er ja wohl auch so gefallen. Das Öl auf seiner Haut schien ihn zu grillen.
    Er ärgerte sich, dass er noch immer an Vassiliki dachte, obwohl sie außer Sichtweite war, besann sich dann auf

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