Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele
würde. Todd hat gesagt, dass es keine Strafe gibt, wenn man ein Leben rettet, das gar nicht auf der Liste stand.“
„‚Sie‘?“ Mein Vater ließ den Becher wie in Zeitlupe auf den Untersetzer sinken. „Ich werde gleich bereuen, überhaupt gefragt zu haben. Aber woher wisst ihr, dass der Reaper eine Frau ist?“
Ich rutschte unruhig auf der Couch hin und her und suchte Unterstützung bei Nash, doch er zuckte nur die Schultern und überließ die Sache mir. Schließlich zwang ich mich, meinem Vater in die Augen zu sehen. „Wir haben sie sozusagen … gesehen.“
Onkel Brendon zuckte zusammen. „Wie das?“
„Sie ist dort aufgetaucht“, antwortete ich lapidar. „Als sie versucht haben, Julie wiederzubeleben. Sie hat hinten in der Turnhalle gestanden und uns angelächelt.“
„Sie hat euch angelächelt?“, wiederholte mein Vater skeptisch. „Warum sollte sie sich euch zeigen?“
„Das spielt jetzt keine Rolle“, sagte mein Onkel. „Die Reaper werden sich darum kümmern. Wir müssen uns da raushalten!“
Einen Augenblick lang dachte ich, mein Vater würde Onkel Brendon widersprechen. Er sah fast genauso wütend aus, wie ich war. Doch dann nickte er entschlossen. „Du hast recht.“
„Und wenn sie sie nicht finden?“, fragte ich forsch und umklammerte dabei immer noch Nashs Hand.
Mein Vater schüttelte den Kopf und lehnte sich im Sessel zurück. „Wenn ihr sie finden könnt, können die Reaper sie auch finden.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust.
„Aber …“
„Sie haben recht, Kaylee“, sagte Nash. „Wir wissen ja nicht einmal, auf wen sie es als Nächstes abgesehen hat. Wenn sie überhaupt noch einmal zuschlägt.“
Das würde sie. Ich hatte es in dem Moment gespürt, als sie mich angelächelt hatte. Schon bald würde sie sich ein fünftes Mädchen holen. Sie würde solange weitermachen, bis jemand sie aufhielt. Aber niemand schien bereit zu sein, es zu versuchen.
Mein Vater wandte sich an seinen Bruder und setzte eine undurchdringliche Miene auf. „Wie geht es deinen Mädchen?“ Damit beendete er das Thema.
„Das Ganze nimmt sie ziemlich mit.“ Mein Onkel seufzte laut. „Sophie ist mit Freunden unterwegs. Das Mädchen, das gestern gestorben ist, ist in ihrer Tanzgruppe gewesen. Die Clique verbringt jede freie Sekunde gemeinsam, so wie bei einer Art Totenwache. Und Val … Sie hat heute Morgen eine Viertelflasche Brandy getrunken, bevor ich überhaupt bemerkt habe, was los ist. Ich habe sie vor einer Stunde ins Bett gebracht, damit sie ihren Rausch ausschlafen kann.“
Vielleicht sollte Tante Val mal mit Dr. Nelson reden, überlegte ich.
„Es tut mir leid, Bren.“
Onkel Brendon zuckte lapidar mit den Schultern, als mache ihm das alles nichts aus, doch seine angespannte Haltung verriet ihn. „Sie war schon immer ein nervöser Typ, genau wie Sophie. Wenn das alles vorbei ist, geht es ihnen wieder gut.“
Aber es würde nicht einfach so vorbeigehen, und ich war sicher nicht die Einzige, der das klar war.
Onkel Brendon stand auf und nahm seinen Becher mit. Ihm war anzusehen, wie müde und verängstigt er war. „Ich sehe malnach meiner Frau. Val hat das Gästezimmer heute Morgen für dich hergerichtet, Aiden. Wenn du etwas brauchst, frag Kaylee.“
„Danke.“ Kaum hatte Onkel Brendon die Schlafzimmertür hinter sich zugezogen, stand mein Vater auf und sah Nash erwartungsvoll an. „Nash, ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir dafür bin, dass du meiner Tochter beigestanden hast.“
Nash blieb eiskalt sitzen und schüttelte den Kopf. „Wenn sie nicht da gewesen wäre, um die Seele festzuhalten, hätte ich gar nichts tun können.“
„Ich meine das, was du für Kaylee getan hast. Brendon sagte, du hast Kaylee vor einem schweren Zusammenbruch bewahrt, als du ihr die Wahrheit erzählt hast.“ Er streckte die Hand aus, und Nash zögerte den Bruchteil einer Sekunde, bevor er aufstand und ihm die Hand schüttelte.
„Dad …“, fing ich an, doch er schüttelte abwehrend den Kopf.
„Ich habe es verbockt, und Nash ist für mich eingesprungen. Er hat es verdient, dass ich ihm danke.“ Er schüttelte Nashs Hand fest und trat dann einen Schritt zurück, um den Weg zur Haustür freizumachen.
Ich verdrehte die Augen. Das war wirklich ein Wink mit dem Zaunpfahl. „Das stimmt. Aber Nash bleibt hier! Er weiß sowieso mehr über diese ganze Geschichte als ich.“ Ich griff nach Nashs Hand und trat so dicht an ihn heran, wie ich nur konnte.
Zu meiner
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