Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele
runzelte er die Stirn. „Du klingst genau wie deine Mutter.“
Na ja, von irgendwem musste ich das Rückgrat ja haben. „Hätte sie nicht gewollt, dass du mir endlich sagst, was es zu sagen gibt?“
„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Aber es stimmt. Du hast ein Recht auf die Wahrheit.“ Wie um sich zu sammeln, schloss er für einen Moment die Augen.
„Alles begann in der Nacht, in der du starbst.“
19. KAPITEL
„Wie bitte?“ Ich ballte die Hände zu Fäusten und zerquetschte dabei ein Stück Käse zwischen den Fingern. Mir schlug das Herz bis zum Hals, und ich fürchtete fast, es würde gleich zerspringen. „Du meinst die Nacht, in der Mom gestorben ist?“
Mein Vater nickte. „Sie ist in dieser Nacht auch gestorben. Aber du bist zuerst von uns gegangen.“
„Jetzt mal langsam.“ Nash lehnte sich auf seinem Stuhl vor und musterte meinen Vater und mich eindringlich. „Kaylee ist gestorben?“
Dad seufzte, er schien sich auf eine lange Geschichte vorzubereiten. „Es war im Februar, du warst drei. Die Straßen waren vereist. Hier in Texas haben wir nicht oft winterliche Verhältnisse. Und wenn es doch einmal friert, weiß niemand so recht damit umzugehen. Ich eingeschlossen.“
„Warte mal, das habe ich alles schon gehört.“ Ich warf die Nudeln in das kochende Salzwasser. Heißer Dampf stieg auf und legte sich feucht und warm auf mein Gesicht. „Du hast am Steuer gesessen, und ein anderes Auto ist uns auf der vereisten Straße in die Seite gefahren. Ich hatte mir das rechte Bein und den rechten Arm gebrochen, und Mom ist gestorben.“
Mein Vater nickte unglücklich und fuhr, nachdem er ein paar Mal trocken geschluckt hatte, fort: „Wir sind auf dem Weg hierher gewesen, zu Sophies Geburtstagsfeier. Deine Mutter hat gemeint, das Wetter wäre zu schlecht, aber ich dachte, es würde schon gehen. Die Fahrt dauerte für gewöhnlich nicht sonderlich lang, und deine Cousine war damals total vernarrt in dich. Das Ganze war meine Schuld!“
„Was ist passiert?“, fragte ich, ohne auf meine käseverschmierte Hand zu achten.
Mein Vater blinzelte die Tränen fort. „Plötzlich war ein Reh auf der Fahrbahn. Ich bin nicht besonders schnell gefahren, aber die Straße war vereist und das Reh ein ziemlicher Brocken. Ich bin ihm ausgewichen, und dabei ist das Auto ins Schleuderngeraten und quer zur Fahrbahn stehen geblieben. Ein anderes Auto ist uns in die Seite gekracht, hinten auf der Beifahrerseite. Dein Autositz ist völlig zerfetzt worden.“
Ich schloss die Augen und hielt mich am Tresen fest, weil mir schwindlig wurde. Nein! Meine Mutter war bei dem Unfall gestorben, nicht ich. Ich bin damals ziemlich übel zugerichtet gewesen, aber ich habe überlebt.
Schließlich war ich doch der lebende Beweis dafür!
Ich schlug die Augen auf und sah meinen Vater an. „Dad, ich erinnere mich bruchstückhaft daran. Ich lag wochenlang im Krankenhaus, mit zwei Gipsverbänden. Wir haben noch Bilder davon. Aber ich lebe, siehst du?“ Ich streckte die Arme aus, um meine Worte zu unterstreichen. „Was ist also passiert? Haben mich die Sanitäter reanimiert?“
Die Wahrheit lauerte bereits wie eine große dunkle Wolke am Horizont meiner Vorstellungskraft. Ich konnte sie schon fast sehen, weigerte mich jedoch, sie scharfzustellen. Weigerte mich, den drohenden Sturm zu sehen, bis er über mir losbrach und mich mit einem kalten, grausamen Sturzbach aus Antworten überschüttete, um die ich gebeten hatte.
Jetzt wollte ich sie nicht mehr hören!
Doch mein Vater schüttelte lediglich den Kopf. „Sie haben es nicht rechtzeitig geschafft. Der Mann in dem anderen Wagen war Arzt, doch seine Frau hatte sich den Kopf aufgeschlagen und er war damit beschäftigt, sie zu Bewusstsein zu bringen. Als er endlich zu uns gekommen ist, um zu helfen, ist es bereits zu spät gewesen.“
„Nein!“ Ich rührte die Nudeln so ungestüm um, dass kochendes Wasser aus dem Topf auf den Herd spritzte und zischend verdampfte.
Nash legte mir sanft die Hand auf den Arm und sah mich mitfühlend an. Ich hatte ihn nicht mal aufstehen hören. „Du bist gestorben, Kaylee, und du weißt, dass es wahr ist.“
Mein Vater nickte, zwei Tränen liefen ihn leise die Wangen hinunter. „Ich musste auf der Fahrerseite reinkriechen und denganzen Sitz herausreißen. Als ich dich in die Arme nahm, hast du keinen Mucks von dir gegeben, obwohl dein rechter Arm und das Bein ganz verdreht waren.“ Der Schmerz, der in seinen Augen wirbelte, hielt mich
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