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Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele

Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele

Titel: Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Rachel
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unsere ineinander verschränkten Hände gerichtet. Ihm schien es unangenehm zu sein, über seine Familie zu sprechen, und er wich dem Blick meines Onkels aus.
    Onkel Brendon betrachtete ihn mitfühlend. „Natürlich tut sie das“, erwiderte er sanft und verschwand in der Küche.
    Während Onkel Brendon in der Küche Kaffee aufsetzte, starrten wir stumm vor uns hin. Es war mit Abstand das seltsamste Gespräch, das ich je geführt hatte, und ich wusste nicht, wie ich diese Gesprächspause füllen sollte. Außerdem war ich nicht sonderlich darauf erpicht, überhaupt weiterzureden.
    Tante Val dagegen schon. „Ihr hätte das nicht gefallen“, murmelte sie mit leerem Blick. Sie hing schlaff in ihrem Stuhl, die Arme baumelten leblos an den Seiten herab. Ich hatte sie noch nie so … planlos erlebt, so schwach.
    „Meine Mom?“, fragte Nash verwirrt. Doch mir war sofort klar, dass sie von meiner Mutter sprach.
    „Was hätte ihr nicht gefallen?“, fragte ich neugierig und verdrängte meine Wut. Bisher hatte niemand offen mit mir über meine Mutter gesprochen.
    „Wenn es andersrum gewesen wäre, hätte sie dir die Wahrheit gesagt. Aber Aiden hatte nicht den Mut, sich dem zu stellen. Er war nie so stark wie sie!“ Tante Val suchte den Blickkontakt mit mir, und ihr Blick war überraschend klar. „Ich habe nie jemanden getroffen, der stärker war als Darby. Ich wollte immer so sein wie sie, bis …“
    „Valerie!“ Onkel Brendon stand im Türrahmen, einen Becher frisch gebrühten Kaffees – diesmal sicher ohne Schuss – in der Hand.
    „Bis was?“, fragte ich nach und sah zwischen ihnen hin und her.
    „Nichts. Sie weiß nicht, was sie sagt.“ Onkel Brendon stellte den Becher auf den nächstbesten Beistelltisch – und das ohne Untersetzer – und raste wie ein Wirbelwind in Jeans durchs Zimmer. Er wirkte unendlich frustriert und verängstigt. Hastig zog er Tante Val vom Sessel hoch und legte einen Arm um ihre Schultern. Val konnte sich nur mit Mühe auf den Beinen halten, was Brendons vorangegangener Behauptung eine gewisse Glaubwürdigkeit verlieh.
    Doch trotz ihres angetrunkenen Zustandes war Tante Vals Blick fest und klar. Brendons wortlose Zurechtweisung war ihr nicht entgangen, doch sie machte auch keine Anstalten, ihre Bemerkung zurückzunehmen. Was auch immer gerade zwischen den beiden vorging, Tante Val hatte ganz genau gewusst, wovon sie sprach.
    „Ich bringe sie ins Bett“, sagte Onkel Brendon. „Es war schön, dich kennenzulernen, Nash. Bitte richte deiner Mutter Grüße aus.“ Dann sah er mich an und warf einen vielsagenden Blick Richtung Tür.
    Die Besuchszeit war anscheinend vorüber.
    „Onkel Brendon?“ Eine Frage konnte nicht bis morgen warten, und ich wollte Nashs Hand halten, wenn ich die Antwort bekam. Nur für alle Fälle.
    Mein Onkel blieb stehen, und Tante Val legte den Kopf an seine Schulter. Ihre Augen waren bereits geschlossen. „Ja?“
    Ich holte noch einmal tief Luft. „Was hat Tante Val gemeint, als sie gesagt hat, dass meine Zeit geliehen ist?“
    Endlich schien Onkel Brendon zu verstehen. „Du hast uns heute Nachmittag gehört?“
    Ich nickte und umklammerte Nashs Hand noch fester.
    Ein Anflug von Schmerz huschte über Onkel Brendons Gesicht, und er zog Tante Val noch fester an sich. „Das ist ein Teil der Geschichte, die dir dein Vater erzählen wird. Gedulde dich noch ein bisschen und warte, bis er es dir erzählt. Vertrau mir – Val weiß wirklich nicht, wovon sie spricht.“
    Ich stieß einen tiefen Seufzer aus. „Na gut.“ Mehr würde er nicht sagen, das war klar. Gott sei Dank würde mein Vater am nächsten Morgen da sein, und diesmal würde er mir nicht so einfach davonkommen. Er würde mir jede einzelne meiner Fragen beantworten müssen.
    „Versuch ein bisschen zu schlafen, Kaylee. Und du auch, Nash. Morgen ist die Trauerfeier. Es wird sicher ein anstrengender Tag.“
    Wir nickten brav, und Onkel Brendon hob Tante Val, die inzwischen leise schnarchte, hoch und trug sie in Richtung Schlafzimmer.
    „Wow.“ Nash pfiff durch die Zähne. „Wie viel hat sie getrunken?“
    „Keine Ahnung. Normalerweise trinkt sie kaum was, also braucht es wohl nicht viel, um sie umzuhauen. Sie hat schon heute Nachmittag damit angefangen.“
    „Meine Mom fängt an zu backen, wenn sie sich über etwas ärgert. Manchmal ernähre ich mich wochenlang von Brownies und Kakao.“
    Ich lächelte verschmitzt. „Wollen wir tauschen?“ Tante Valhätte sich lieber erschossen, als ein

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