Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele
mein Puls stieg.
„Wir standen uns ziemlich nahe. Als er vor einigen Jahren gestorben ist, hat er sich von den Reapern rekrutieren lassen. Er hat diesen Job angenommen, weil es der einzige Weg war, hier zu bleiben. Bei den Lebenden. Aber es ist ihm sehr schwergefallen, sich an die Arbeit zu gewöhnen.“ Nash machte eine kurze Pause, und als er fortfuhr, klang er beinah wehmütig. „Deshalb habe ich gehofft, er kann dir helfen, das Ganze zu verstehen. Dass der Tod ein fester Bestandteil des Lebens ist. Todd hat dasselbe durchgemacht wie du. Er wollte auch alle retten! Aber er hat es überwunden und sich angepasst, Kaylee, und das nicht ohne Folgen. Er denkt anders als wir. Seine Wertvorstellungen und Sorgen sind andere. Er ist jetzt ein echter Reaper – und er ist gefährlich!“
Ich musste daran denken, was Todd mir vorhin erzählt hatte. „Vielleicht ist er weniger gefährlich, als du denkst. Vielleicht sucht er nur nach … Gesellschaft.“
„Er ist bei mir eingebrochen, um deine Telefonnummer zu klauen. Wäre er ein Mensch, hätte ich ihn verhaften lassen. So kann ich nicht viel tun, außer ihn bei seinem Boss zu verpfeifen.“ Was einem Todesurteil gleichkam. „Ich schwöre dir, wenn er nicht schon tot wäre, würde ich ihn eigenhändig umbringen! Es tut mir leid, Kaylee. Ich hätte dich nie zu ihm bringen dürfen!“
Ich drehte mich seufzend auf die linke Seite, das Handy am rechten Ohr. „Immerhin hat er uns Informationen besorgt.“
„Und nicht nur das, wie mir scheint.“ Nash seufzte. Er schien sich langsam zu beruhigen.
Ich setzte mich auf und schob die kalten Füße unter die Decke. „Er hat nur versucht, zu helfen.“
„Das ist es ja! Er ist kein schlechter Kerl. Aber seit er sich … verändert hat, stellt er Bedingungen und tut nichts, ohne seinen Vorteil zu bedenken. Es ist nie gut, in der Schuld eines Reapers zu stehen. Wir hätten es ohne ihn schaffen müssen!“
Was sollte ich darauf antworten? Ja, Todd hatte eine Grenze überschritten, mehrere, um genau zu sein. Doch Nash hatte selbst zugegeben, dass er kein schlechter Kerl war. Und er hatte sich gewissermaßen für uns eingesetzt.
Nash räusperte sich. „Also, was ist der Plan? Wir wissen immer noch nicht, wen es als Nächstes treffen wird oder ob es überhaupt ein nächstes Opfer gibt.“
Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie er auf meine Neuigkeiten reagieren würde. „Ich habe Verstärkung gerufen.“
„Bitte was?“
„Meinen Onkel und meinen Dad.“ Ich fühlte mich so munter, dass ich die Lampe wieder einschaltete. „Onkel Brendon hat versprochen, dass sie der Sache nachgehen, wenn ich mich da raushalte.“
Nash lachte. „Dein Onkel wird mir immer sympathischer.“
Ich lächelte. „Er ist kein schlechter Kerl, von der Geheimniskrämerei einmal abgesehen. Ich werde ihm gleich morgen früh von der Liste erzählen.“
„Sehen wir uns auf der Trauerfeier?“
„Ich wollte dich doch abholen. Wenn du das noch möchtest.“ Ich freute mich jetzt schon darauf, ihn wiederzusehen.
„Nichts lieber als das.“
15. KAPITEL
Als ich aufwachte, blinzelte die Sonne durch die Jalousien in mein Zimmer, und irgendjemand hämmerte mit den Fäusten gegen meine Tür. „Kaylee, schwing deinen Hintern aus dem Bett!“, hörte ich Sophie rufen. „Dein Dad ist am Telefon.“
Ich drehte mich auf die Seite. Der Wecker auf dem Nachttisch zeigte 8:45 Uhr. Warum wollte mein Vater mich sprechen, wenn wir uns sowieso gleich sahen? Um mir zu sagen, dass er gelandet war – oder dass er nicht gelandet war?
Er kam nicht. Ich hätte es wissen müssen.
Einen Moment lang ignorierte ich das Klopfen meiner Cousine und starrte an die Decke. Ich spürte die Wut ganz dicht unter der Oberfläche brodeln. Ganze acht Monate lang hatte ich meinen Vater nicht gesehen. Und jetzt hielt er es nicht einmal für nötig, herzukommen und mir persönlich zu sagen, warum er mir verschwiegen hatte, dass ich kein Mensch war?
Es war ja nicht so, dass ich ihn brauchte. Bei meinen Erziehungsberechtigten war ich gut aufgehoben, wahrscheinlich besser als bei ihm. Aber er schuldete mir eine Erklärung. Und wenn er sie mir schon nicht persönlich geben wollte, würde ich sie zumindest am Telefon einfordern!
Ich schlug die Decke zurück, schlüpfte in die Schlafanzughose, die zerknüllt am Boden lag, und riss die Tür auf. Sophie stand davor, komplett angezogen und geschminkt. Sie sah so frisch und fröhlich aus wie immer. Der einzige Hinweis darauf, dass sie ihren
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