Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele
funkelte ihn wütend an, doch ich hielt die Frage für durchaus berechtigt. „Das ist das, was Levi mir erzählt hat, Wort für Wort. Fragt ihn doch selbst, wenn ihr mir nicht glaubt!“
Nash zuckte zusammen und murmelte irgendetwas, von wegen, das wäre nicht nötig.
„Und warum sind sie gestorben?“, fragte ich, um beim Thema zu bleiben.
Todd senkte verschwörerisch die Stimme. „Ihre Seelen wurden gestohlen“, sagte er mit leuchtenden Augen.
„Gestohlen?“ Ich warf Nash über die Schulter einen fragenden Blick zu, doch er zuckte nur die Schultern.
Um seinen Mund lag ein harter Zug. „Warum sollte irgendjemand Seelen stehlen?“
„Gute Frage.“ Todd fummelte an einer Schachtel mit Einweghülsen für Fieberthermometer herum. Sein Grinsen wurde noch breiter, und ich musste daran denken, wie die Leute im Kino manchmal johlten, wenn sie eine Mordszene sahen, weil sie genau wussten, dass es sich nur um künstliches Blut und Spezialeffekte handelte. „In dieser Welt kann man mit körperlosen Seelen nicht viel anfangen …“ Todd ließ den Rest des Satzes unausgesprochen, und mir wurde ganz flau im Magen.
„Aber in der Unterwelt schon?“, beendete ich den Satz versuchsweise. Todd nickte, offensichtlich beeindruckt, weil ich schon gar nicht mehr wie ein Frischling klang.
„Auf einer tieferen Ebene sind Seelen eine echte Seltenheit. Sie haben den Status von Delikatessen oder Luxusgütern. Es gibt eine sehr große Nachfrage, und immer mal wieder verschwindet eine Ladung auf dem Transportweg.“
„Eine Ladung Seelen?“ Bei dieser Vorstellung fuhr mir der Schrecken in die Glieder. „Unterwegs von wo nach wo?“
Diesmal war Nash derjenige, der mir antwortete. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war er einerseits stolz, die Antwort zu kennen, andererseits behagte es ihm gar nicht, dass die Frage überhaupt gestellt worden war. „Von hier zu dem Ort, wo sie … recycelt werden.“
„Sprichst du von Reinkarnation, also Wiedergeburt?“
„Ja.“ Todd stieß sich den Kopf an einem der oberen Regalbretter und rieb sich die wunde Stelle. „Aber manchmal kommt eine Ladung nicht an, sodass diese Seelen nicht weitergegeben werden können. Sie werden dann durch neue ersetzt, was auch der Grund dafür ist, warum einem manchmal brandneue Seelen begegnen.“
Ich nahm mir vor, ihn später zu fragen, woran man eine neue Seele erkannte. „Diese gestohlenen Seelen erreichen das Jenseits also nicht?“, fragte ich und versuchte, in diesem Wirrwarr von neuen Informationen den Durchblick zu behalten. „Heißt das, Meredith und Julie und die anderen sind getötet worden, damit sich irgend so ein Monster im Totenreich ihre Seelen als Mitternachtsimbiss einverleiben kann?“ Ich musste mich an einem Regalbrett festhalten, weil mir fast schwindlig wurde. Mir fiel schwer, mir vorzustellen, was ich eben gesagt hatte.
„Das ist zumindest Levis Theorie.“ Todd hatte eine Rolle sterilen Verbandsmull gefunden und warf sie ein paar Mal in die Luft. „Er meinte, beim letzten Mal sind die Seelen gesammelt worden, um einen Hellion zu bezahlen.“
Ich stach mich an einem spitzen Nagel, der aus dem Regalbrett herausragte. Aber ich war von einer dumpfen Furcht wiebenebelt. „Ein Hellion?“
Nash stieß einen Seufzer aus. „Die Menschen nennen sie Dämonen, aber das ist nicht ganz korrekt, weil sie keiner bestimmten Religion zuzuordnen sind. Sie ernähren sich von Schmerz und Chaos. Aber sie können die Unterwelt nicht verlassen.“
„Aha …“ Mein Herz raste wie wild, und ich erinnerte mich wieder an die grauen Kreaturen, die ich gesehen hatte, während ich für Emmas See gesungen hatte. „Wofür hat er ihn bezahlt?“
Der Reaper zuckte die Schultern. „Das könnte alles sein. Manchmal werden Abmachungen getroffen, natürlich unter der Hand. Levi wird sich darum kümmern, sobald er den verantwortlichen Reaper gefunden hat.“ Er warf die Mullbinde noch einmal in die Luft und zuckte mit den Schultern. Offensichtlich hatte er alles gesagt, was er wusste, was immerhin mehr war, als ich erwartet hatte. „Also … Was ist mit diesem Reaper, den du gesehen hast?“, fragte er ohne Umschweife.
„Sag Levi, dass er nach einer Frau suchen muss.“ Ich rutschte näher an Nash heran und stieß dabei mehrere Schachteln voller Medizinschläuche um.
„Eine Frau?“ Todd machte große Augen, und ich nickte.
„Groß und dünn, welliges dunkles Haar“, sagte Nash. „Kommt dir das bekannt vor?“
Todd schüttelte den
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