Soul Screamers: Todd (German Edition)
dich gerade noch dazwischenquetschen.“
„Wie schön, dass du mir so viel Priorität zugestehst“, antwortete Levi missmutig.
„Du bist schließlich mitschuldig an dem Verbrechen, als das ich mein ewiges Leben bezeichne. Also, warum bin ich hier? Das ist nicht mein Revier.“
„Jetzt schon.“ Er zog einen zusammengefalteten Zettel aus der Hosentasche, und das Déjà-vu-Gefühl nahm zu. „Wir haben einen Anfänger aus einem anderen Bezirk zugeteilt bekommen, der die Schicht im Pflegeheim übernimmt. Das heißt für dich, du wirst befördert.“
Ich seufzte amüsiert. „Von Erwachsenenwindeln zu Bettpfannen? Mach Platz, Elvis, hier kommt der Star des Jenseits!“
„Wenn dich das überfordert, kannst du auch wieder als Springer zwischen den Altenheimen arbeiten …“, konterte Levi drohend und zog streitlustig die Augenbrauen hoch.
„Gib her!“ Ich schnappte mir den Zettel und faltete ihn auf. Es war eine Liste mit vier Namen, Uhrzeiten und Zimmernummern. Ungefähr dasselbe Arbeitspensum wie in meinem alten Bezirk, aber diese Todesfälle fanden wenigstens alle im selben Gebäude statt. Anscheinend war Einheitlichkeit eine Sache des Ranges.
„Du solltest mich lieber nicht enttäuschen“, sagte Levi und warf mir einen warnenden Blick aus seinen Kinderaugen zu. „Die meisten Reaper arbeiten fast zehn Jahre im Altersheim, bevor sie befördert werden.“
„Wenn ich ein Zuhause hätte, wäre ich ganz aus dem Häuschen vor Freude“, entgegnete ich, bekam Levis Antwort jedoch gar nicht mehr mit, weil mein Gehörsinn plötzlich mit etwas anderem beschäftigt war. Musik. Ein wunderschöner, unheimlicher Gesang drang gedämpft durch die Tür. Hätte ich es nicht besser gewusst, ich hätte schwören können …
Doch dann verklang das Geräusch, und Levi baute sich vor mir auf, den Mund zu einem Schmollmund verzogen, weshalb ich ihn nur schwer ernst nehmen konnte.
„Was hast du gesagt?“ Ich verzichtete darauf, ihm über den Kopf zu streichen. Das mochte er nicht. Überhaupt nicht.
„Ich habe gesagt, du bist ein Klugscheißer, Hudson.“
Ich grinste. „Man hat mich schon Schlimmeres genannt.“ Nach einem letzten Blick auf die Liste entfernte ich mich rückwärts von ihm. „Jetzt entschuldige mich bitte. Der Tod wartet auf niemanden. Außer auf mich.“ Ich zuckte die Schultern. „Na ja, vielleicht macht er bei dir auch eine Ausnahme, du bist schließlich ein Kind.“
Ohne eine Antwort zu geben, blinzelte sich Levi augenrollend aus dem Wartezimmer und ließ mich mit meinem ersten nicht altersbedingten Todesfall zurück, der in weniger als fünf Minuten in Behandlungsraum E stattfinden sollte.
Ungesehen passierte ich die Eingangstür und die Schwesternstation, bis ich die ersten Behandlungszimmer erreichte, die durch Vorhänge vom Flur abgetrennt waren. Das dritte Zimmer stand offen.
Ein Mädchen lag gefesselt auf einer Trage und versuchte verbissen, sich zu befreien. Ihr langes braunes Haar wirbelte durch die Luft, als sie sich aufbäumte und den Kopf wild hin und her schüttelte. Sie murmelte irgendwelches unzusammenhängendes Zeug, aber das Gemurmel zog mich magisch an. Ich blieb am Türrahmen stehen und lauschte den leisen, gruseligen Tönen, die aus ihrer Kehle drangen, bis ihr die Stimme versagte. Als sie den Kopf zur Tür drehte, trafen sich unsere Blicke. Ihre Augen waren glasig von den Medikamenten, die ihr verabreicht worden waren, aber in ihrer Iris zeichneten sich deutliche Wirbel aus Schmerz und Angst ab.
Verdammte Scheiße! Eine Banshee! Außer meiner Mom hatte ich noch nie ein weibliches Exemplar meiner Gattung zu Gesicht bekommen.
Sie hörte auf, an ihren Fesseln zu zerren, und blickte mich mit großen Augen und ohne zu blinzeln an. Ich starrte zurück.
Der Bann – oder was auch immer es war – brach, als eine Schwester ins Zimmer kam und dabei direkt durch mich hindurchlief. Ich ging schnell weiter. Erst nachdem ich mich ein paar Schritte vom Zimmer des Mädchens entfernt hatte, begriff ich, dass sie mich gar nicht hätte sehen dürfen. Niemand konnte mich sehen, wenn ich es nicht wollte …
Behandlungsraum E lag nur wenige Schritte entfernt. Der Mann, dessen Zeit auf Erden zu Ende ging, hieß Martin Gardner, 58. Er hatte einen Herzinfarkt erlitten, befand sich momentan aber in stabilem Zustand – das glaubten zumindest die Ärzte.
Bevor ich Mr. Gardner ins Jenseits schicken konnte, ertönte auf dem Flur lautes Geschrei. Zwei Sanitäter brachten einen Mann auf einer Trage
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