SOULMATE (German Edition)
Sein«, verteidigte er sich, beinah zu ernst, wie ich fand. »Ich weiß nicht, wer diese ganzen Gerüchte über mich in die Welt setzt, Valerie, ganz ehrlich, alles erstunken und erlogen, komplett! Außerdem hatte ich bisher immer nur kurze Episoden mit diesen flattrigen Szenetussis, die sich alles Mögliche gefallen lassen und jedem Musiker, hörst du, jedem ... ihren … ähäm, Arsch anbieten, wenn ich das mal so unverblümt sagen darf. Die meinen einen nie wirklich, glaub mir, so ist das. Da hab ich echt keinen Bock mehr drauf. Danke, nein, ich hab auch meine Grenzen. Ich meine, du bist da was völlig Anderes, ganz ehrlich. Dich kenn ich schon so lange. Okay, vielleicht nicht so richtig wirst du jetzt denken, aber du bist mir vertraut, und ich … also, ich mag dich echt.«
Er musterte mich unsicher, grinste aber sofort wieder auf seine schelmische Art, dass es mich ganz verwirrte. »Das ist ein wesentlicher Unterschied zu den Frauen, mit denen ich sonst so ins Bett steige«, fügte er augenzwinkernd hinzu.
So viel Offenheit hatte ich von ihm bestimmt nicht erwartet. Aber vielleicht war es ja auch nur die Droge, die ihn so reden ließ?
»Und? Wer ist es denn nun?«, fragte er erneut.
Ich machte einen auf begriffsstutzig. »Wer ist was?«
»Na, in wen glaubst du, dich verknallt zu haben?«
»Ach, in niemand«, druckste ich weiter herum.
»Hey, rück schon raus damit!«
»Na gut, er ist mit Patrick und Lenny befreundet. Ein Typ aus New York, lebt aber zurzeit in Berlin. Er heißt Finn ...«
Ich gab mir größte Mühe, möglichst unaufgeregt zu klingen.
»Ich denke, ich weiß, wen du meinst.« Tom kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und knabberte auf seinen Lippen herum.
»Du meinst diesen milchigen Typen, mit dem du auf der Silvesterparty rumgeknutscht hast wie `ne Klosterschülerin ohne Aufsicht, stimmt‘s!?« Er sah mich prüfend an.
»Du hast das mitgekriegt?«
Ich war ehrlich erstaunt, weil ich angenommen hatte, Tom sei mit seinen drei Sirenen ausreichend beschäftigt gewesen.
»Ich war zwar ganz schön blau, aber nicht blind«, antwortete er fast ein wenig gehässig. Seine Augen blitzten und seine schwarzen Haare glänzten wie das Gefieder eines Raben, der durch den Regen fliegt …
Ja , dachte ich auf einmal, jetzt weiß ich es! Tom erinnert mich an einen Raben. Er ist ruhelos wie ein Rabe. Er ist aufmerksam und schlau wie ein Rabe. Er ist ein Wesen der Lüfte und der Mystik. Ich drehte mich zu ihm und küsste seinen Hals, ganz spontan, es war einfach über mich gekommen, ich fühlte mich … na ja, ein wenig seltsam …
»Und wofür war der jetzt?«, fragte er verwundert.
»Ich weiß nicht, vielleicht dafür, dass du wie ein Rabe bist.«
»Wie ein Rabe?«
»Ja, wie ein schöner, schwarzer Rabe, der die Nacht betört.«
Ich sagte das völlig übertrieben betont und hörte mich selber reden. Dass ich nicht mehr ganz bei Trost war, schien offensichtlich. Tom musste einen Moment ablachen.
»Hast du das aus irgendeinem Film? ‚Wie ein Rabe, der die Nacht betört!‘, hört sich ganz schön geschwollen an, aber gefällt mir. Du meinst also, ich bin schön und hab dich betört?« Er zwinkerte mir frech zu, ganz der Tom, wie man ihn kannte, und ahmte Flügelschläge und Rabengekreische nach. Ich schüttelte lachend den Kopf.
Mein Puls hatte sich beschleunigt, ich konnte es überdeutlich spüren. Irgendwie wurde ich ganz plötzlich ziemlich hibbelig.
»Hey, wir brauchen Musik, Tommy!«, stieß ich hervor, und Tom schnellte seinen drahtigen Körper in die Vertikale. »GENAU«, rief er aus. »Wir brauchen Musik und ein paar schöne kalte Biere!« Schon eilte er beinah fliegend in die Küche.
Ich hantierte derweil an seiner Musikanlage herum. Da ich mich in meiner motorischen Unruhe für keine CD entscheiden konnte, machte ich einfach das Radio an. Ich fand einen Sender, der gerade »Hot ‚n Cold« von Katie Perry spielte, entschied, dass es irgendwie ganz passend war, und ließ es laufen. Ich hüpfte und sprang herum wie irre, spürte dabei mein Herz immer heftiger schlagen.
Mein armes, dummes Herz!
Ob ich Finn wiedersehen würde? Ganz bestimmt, das war keine Frage, denn schließlich wohnte er bei Lenny und der war zurzeit ohne irgendwelche Beschäftigung. Patrick hatte vor kurzem sein Architekturstudium mit Auszeichnung abgeschlossen und wollte sich erstmal eine kleine Erholungspause gönnen, bevor er sich ins Berufsleben stürzen würde. Es war also abzusehen, dass die beiden Brüder
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