SOULMATE (German Edition)
schlagartig so erschöpft, dass ich nur mit größter Anstrengung meine Augen offen halten konnte.
Zuhause angekommen fiel ich in mein knarrendes Bett und schlief mit mehreren kurzen Unterbrechungen, in denen ich gierig Wasser trank, bis zum frühen Abend. Mein Puls beruhigte sich nur sehr langsam. Ich schwor mir, dass ich nie wieder Drogen nehmen würde, nie, nie wieder …
Ach, und Tom Nowak war ab sofort Sperrgebiet!
Auf den besten Freund ist Verlass
Mit einem derart gemeinen Koksabtörn hatte ich beim besten Willen nicht gerechtet!
Patrick saß auf meiner Couch und versuchte, mich mit aller Mühe aufzuheitern. »Das ist dein Jahr, Süße! 2010. Die Wassermänner sind dieses Jahr absolut top«, sagte er beispielsweise, obwohl er von Astrologie genau so wenig hielt wie von Religion, Marsmännchen oder Stimmen aus dem Jenseits.
Ich hatte ihn angerufen, weil ich mich nach dem Aufwachen mitten in einem fiesen Depri-Loch wiedergefunden hatte. Mein Spiegelbild hatte mir Schauer über den Rücken gejagt und mir den Rest gegeben. Patrick stand daraufhin eine knappe halbe Stunde später vor meiner Wohnungstür.
»Ich möchte in den Weltraum geschossen werden«, jammerte ich. Die dunkelsten Wolken hatten mich umzingelt, nie wieder würde ich die Sonne sehen ...
Es war erstaunlich, wie sinnentleert und freudlos einem das ganze Leben erschien, bloß weil die Biochemie des Körpers verrückt spielte … und man sich oben drauf unglücklich verliebt hatte …
Ich erzählte Patrick einfach alles, was ich die letzte Nacht getrieben hatte. Kommentarlos und geduldig hörte er zu. Seine besorgten Blicke und gelegentlichen Seufzer jedoch verrieten mir, dass ihm der Part mit Tom und den Drogen ziemlich missfiel.
»Valerie, eine Frage …«, sagte er am Ende meiner peinlichen Beichte. Ich hatte schon so eine Ahnung, was kommen würde.
»Was war das eigentlich mit dir und Finn in der Silvesternacht?«
Na also, wusste ich es doch.
Ich verstand Patricks Irritation nur zu gut. Es gehörte nicht unbedingt zu meinen Gewohnheiten, auf Partys mit fremden Typen wild herumzuknutschen, auch wenn die Sache mit Finn ein wenig anders lag … Schließlich hatte Patrick nicht gerade wenig von ihm geschwärmt und mich dadurch heißgemacht, wenn auch unbeabsichtigt. Aber nie im Leben hätte er es für möglich gehalten, dass ich … mit Tom Nowak …! Doch nicht ich, seine anspruchsvolle, nicht oberflächliche Valerie!
Ich konnte förmlich spüren, wie schwer die Enttäuschung auf ihm lag. Ausgerechnet der …?
Oh, dabei mochte er Tom in vieler Hinsicht, schätzte sein musikalisches Talent und seinen Sinn für Humor. Aber was seinen »Frauenverschleiß« anginge, da traue er ihm nicht über den Weg …
Am liebsten hätte ich Rotz und Wasser geheult und eine schöne Katharsis hingelegt, war aber viel zu deprimiert dazu, nicht eine Träne wollte herauskommen. Ich lehnte mich an Patricks Schulter und ließ mich festhalten, denn ohne Übertreibung ging es mir sehr mies. »Da war nichts«, nuschelte ich in seine Brust. »Ich meine die Silvesternacht und diesen Finn. Da war nichts, außer dass ich sehr betrunken war.«
»Mhm.«
Er drückte mich fester an sich. Ich konnte hören, wie kräftig und schön gleichmäßig Patricks Herz schlug. Mir fiel jener Schreckenstag ein, als es plötzlich stillgestanden hatte: ein schwerer Fahrradunfall … Ein Auto hatte ihn übersehen und wie ein Spielzeug durch die Luft geschleudert. Er musste mehrfach operiert werden und lag schließlich tagelang auf der Intensivstation im künstlichen Koma. Gerade erst war er zu sich gekommen, als das mit seinem Herzstillstand passierte. Nie vergesse ich den unheilvollen, durchgehenden Pfeifton des EKG-Gerätes, der das ganze Stationspersonal innerhalb eines Sekundenbruchteils in panische Hektik gestürzt hatte.
Vor Schreck erstarrt stand ich in einer Ecke des Krankenzimmers und schrie unaufhörlich »Patrick«, nur dass ich dabei keinen einzigen Ton herausbrachte. Patricks Körper bäumte sich unter den Stromschlägen, die er verpasst bekam, immer wider auf, als wäre ein Dämon in ihn gefahren und der Exorzismus voll im Gange. Vor meinen Augen zog auf einmal Nebel auf und verdichtete sich immer mehr. Die Ärzte und Schwestern in ihrer weißen Kluft erschienen mir wie Gespenster, die traumwandlerisch umherhuschten. Erst konnte ich nichts mehr hören und als Nächstes nichts mehr sehen. Dann riss der Film - ein wirklich beschissener Thriller - vollständig.
Als
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