SOULMATE (German Edition)
blaue Flecken in seiner Visage, aber kocht natürlich vor Wut, weil sein Jim Morrison-Gesicht entstellt ist.«
Jetzt war ich aber auch hellhörig. Nicht, dass ich für Metin irgendetwas übrig gehabt hätte, aber verprügelt zu werden hatte der arme Kerl bestimmt nicht verdient.
»Klingt übel. Was hat er dann gemacht?«, fragte ich.
»Er ist zu seinem Cousin gefahren, und beide sind anschließend zur Polizei, um eine Anzeige aufzugeben. Danach haben sie sich in einem türkischen Imbiss in einen Teerausch gesoffen.«
Tom konnte sich ein vergnügtes Grinsen nicht verkneifen, woraufhin sein Kumpel ebenfalls grinsen musste und schließlich auch ich, weil das ganze Gegrinse ansteckend war und ich außerdem Toms kleine Schadenfreude gegenüber seinem geliebten Rivalen auch ein wenig verstehen konnte.
»Ist ja nicht gerade witzig, was ihm passiert ist«, sagte ich, ein Lachen noch erfolgreich unterdrückend, aber dann, fast im selben Moment, prusteten wir alle drei los, und es dauerte eine Weile, bis wir uns wieder beruhigen konnten.
Perry verschwand zur Toilette. »Muss mal für kleine Königstiger.«
Tom bemerkte jetzt erst, dass das Mädchen, mit dem er gekommen war, nicht mehr neben ihm stand. Er blickte sich suchend in alle Richtungen um.
»Sie ist nach vorne zur Bühne. Vielleicht solltest du mal nachsehen, wenn du schon mit ihr hier bist«, stichelte ich sofort.
Ein gleichgültiges »Hm« war letztlich alles, was Tom dazu zu bemerken hatte. Ich wunderte mich gar nicht.
Ein Schlagzeug-Intro ließ jeden reflexartig zur Bühne blicken. Die Band war wohl so weit. Der Bass setzte ein, dann die Rhythmusgitarre und gleich darauf der Leadgitarrist, der gleichzeitig auch sang. Mit krächzend lautem Geschrei begann er den ersten Song. Der Sound war so laut, dass sich niemand mehr normal weiter unterhalten konnte, aber so war es bei live Gigs oft.
Ich sah mich erneut suchend um, bereits mit leichten Sorgenfalten auf der Stirn, aber dann - ein Blitz jagte durch meinen Körper - entdeckte ich Patrick im Eingangsbereich. Sie würden sich jetzt langsam vorwärts zum Tresen, nah zur Bühne, durchschlagen, denn meistens war ich dort zu finden.
Um meine plötzliche Erregung in den Griff zu bekommen, zündete ich mir schnell eine Zigarette an und bestellte ein weiteres Bier. Ich versuchte, gelassen zu wirken, aber Tom war wieder einmal nichts entgangen.
»Da«, sagte er, dicht an mein Ohr geneigt, so dass ich seinen heißen Atem spüren konnte. »Dein Finn ist im Anmarsch!«
Ich sah ihn missbilligend an. Er hob zum demonstrativen Prosten seine Bierflasche in die Höhe, machte einen Moment lang ein trotziges Gesicht und verschwand schließlich Richtung Bühne.
Ich war zu aufgeregt, um mich länger über Tom zu ärgern. Mein Puls schlug Purzelbäume. Ich hatte mit solch einer heftigen körperlichen Reaktion nicht gerechnet. Bleib ruhig , sagte ich mir, bleib ruhig, was soll‘s, so toll ist der Typ auch wieder nicht, bestimmt hat er irgendeine üble Macke, die du nicht kennst, außerdem ist eh alles egal, denn in hundert Jahren sind wir alle längst tot .
Ich hielt kurz inne. He? Wie Bitte? Was für ein armseliger Gedanke hatte sich denn da noch rangehängt? Es war wirklich erstaunlich, was mir in manchen Stresssituationen durch den Kopf ging, aber andererseits, also, tiefenpsychologisch betrachtet war es wohl nichts anderes als eine Schutzreaktion vor einer weiteren Frustration, die mir drohte.
Ich saugte an meiner Zigarette und blickte starr zur Bühne, als wäre meine Aufmerksamkeit einzig und allein der Band gewidmet. Mein ganzer Körper war in Alarmbereitschaft und zuckte folglich zusammen, als sich plötzlich Patricks Hand auf meine Schulter legte. Er schob sich erfolgreich bis zu mir durch. Auch Lenny und Finn standen kurz darauf im engsten Kreis um mich herum. Ich, die ich auf meinem Barhocker wie angewachsen saß und so tat, als wäre alles easy, bekam einen Magenkrampf, der etwa eine Minute dauerte. Als er wieder vorüber war, holte ich tief Luft und musste zu allem Übel an meine Schwester denken, ausgerechnet jetzt. Wir hatten uns schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Dennoch war ich mir sicher, dass meine Schwester Natalie niemals Magenkrämpfe bekam.
Da waren wir also wieder, Finn und ich, dicht beieinander in einem lauten, verrauchten Club, umgeben von unzähligen anderen Nachtschwärmern, die alle ihre eigenen Geschichten und Sehnsüchte hatten. Aber ich interessierte mich nur für seine
Weitere Kostenlose Bücher