SOULMATE (German Edition)
schwitzen, obwohl mir kühl war. Unbehagliche Stille umgab uns. Er sah verlegen um sich, steckte die Hände in die Hosentaschen und blickte mich schließlich aus tiefen, geheimnisvollen Augen an.
»Weil du gefragt hast«, sagte er knapp.
Ich spürte einen Anflug von Missmut in mir, der mich überraschte.
»Nur weil ich gefragt habe?«
Er versuchte, mit einem hilflosen Lächeln dagegenzuhalten, verlor es, bevor es sich in seinem Gesicht ausbreiten konnte.
»Äh, ja ...«
Ich sah ihn sauer an. »Was … ‚Ja‘?«
»Ja … nein! Eigentlich, weil ich es unbedingt wollte, nur deshalb bin ich hier.«
Ich starrte ihn mit offenem Mund an, bis ich kapierte, was seine Worte bedeuteten. Es war, als öffneten sich die Pforten zu einem paradiesischen Ort. Mein Herz hüpfte plötzlich vor Aufregung. Ich empfand ein unsagbares Verlangen, auf ihn loszustürmen, ihn auf der Stelle leidenschaftlich zu küssen und in seinen Armen in Ohnmacht zu fallen, aber stattdessen wankte ich mit schlabbernden Beinen und leichtem Schwindel zur Couch und steckte mir eine Verlegenheitskippe an.
»Willst du auch eine?«, fragte ich, benommen von der ganzen Tortur.
Er nickte. »Ich habe seit dem Club keine Zigarette mehr geraucht, ganz schön lang her oder?«
Dann saßen wir nebeneinander auf meiner alten Ledercouch und rauchten Kippen wie zwei Kinder, die es zum ersten Mal heimlich und in voller Erwartung einer Sensation tun, jedenfalls kam es mir so vor.
Hin und wieder versuchte ich so natürlich wie möglich zu lächeln, aber ich bezweifle stark, dass mir dies geglückt ist.
Finn sah mich manchmal auf eine Weise an, die ich nicht deuten konnte, und ich verstand nicht wieso. Ich hatte im Allgemeinen keine Schwierigkeiten, in den Gesichtern von Menschen zu lesen, mit denen ich näher zu tun hatte. Aber bei Finn war das anders …
Achtung, Valerie , sagte ich mir, ist der nicht auch Schauspieler? Pass bloß auf, dass er dir nicht irgendetwas vorspielt. Vielleicht ist er ein völlig durchtriebener Typ, der auf mysteriös macht. Der sieht so verdammt gut aus, dass es fast schon verdächtig scheint …
Dann fielen mir plötzlich mitten in diesen leicht paranoid gefärbten Gedanken die zwei Sixpacks im Kühlschrank ein.
»Willst du ein Bier?«, fragte ich. »Also, ich will eins!« Beim Aufstehen achtete ich auf mein Gleichgewicht.
»Hm … äh, okay …«, rief er mir etwas zögerlich hinterher.
Mit einer Bierflasche in der Hand hatte man eine Beschäftigung und Halt, was - keine Frage - bedauernswert klingt, aber bei Finn hatte ich verdammt noch mal keine bessere Idee, wie ich meine zitternden Eingeweide beruhigen und meine zwei widersprüchlichen Bedürfnisse kontrollieren sollte: Einerseits wollte ich weglaufen und andererseits alles Mögliche mit ihm tun. Die ganze Situation erschien mir wie eine endlos in Zeitlupe fliegende Kugel, außerhalb jedweder Kontrolle und ohne absehbares Ziel.
Wir saßen da, tranken, pafften und führten eine seltsame Unterhaltung über die verschiedenen Zigarettenmarken und ihre Sucht fördernden Zusatzstoffe.
»Manchmal, wenn ich glaube, dass ich stark bin, fällt mir ein, dass ich rauche, und dann weiß ich, dass ich süchtig bin und schwach und wie ein Sklave und hasse es«, sagte er und schnippte seine Asche in den Aschenbecher.
Ich machte einen hektischen Lungenzug und versuchte, mich möglichst sinnvoll zu artikulieren. »Also, irgendwann werde ich mit dem Rauchen aufhören, das steht fest. Das Problem ist nur, dass ich seit ungefähr zwei Jahren oder länger davon rede, während ich darauf warte, dass der Zeitpunkt irgendwie von allein kommt … so nach dem Motto ‚Hallo, ich bin‘s, dein Zeitpunkt, du weißt schon, jetzt kannst du endlich aufhören und dir einen großen Gefallen tun‘.«
»Hm, man braucht den Klick!«, meinte er daraufhin.
»Man braucht was?« Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an. Dann verstand ich. »Ah, du meinst im Kopf?«
»Ja, genau.« Er lächelte. Ich lächelte verwirrt zurück.
»Alles ist im Kopf, Valerie.«
Ich konnte ihn nur für den Bruchteil einer Sekunde ansehen. Dann griff ich nach den Bieren.
»Noch eins?«
»Gern.«
Jeder öffnete seine Flasche mit dem Feuerzeug, zack zisch, zack zisch. So langsam spürte ich auch wieder den Alkohol in meinem Blut zirkulieren, was ein gutes Gefühl war, weil es mich beruhigte.
»Cheers, Finn.«
»Cheers!«
Wir stießen viel zu hastig an, und anschließend nahm jeder einen kräftigen Schluck
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