SOULMATE (German Edition)
uns immer wieder und lauschten interessiert einem gutgelaunten Geigenspieler mit dichtem schwarzen Haar und zerschlissenem Anzug, der wahrscheinlich aus Osteuropa stammte und voller Elan ein nicht enden wollendes folkloristisches Stück zum Besten gab.
Als er, kurz bevor wir unsere Zielstation erreicht hatten, seine Vorstellung beendete und mit einer Blechtasse rumging, applaudierten wir begeistert und spendeten ein paar Münzen, für die er sich ausgiebig bedankte.
Auf dem Fußweg zu meiner Wohnung wurde es allerhöchste Zeit, dass ich Finn an die verflixten Kondome erinnerte, die wir unbedingt noch besorgen mussten. Ich wusste, dass in der Herrentoilette des italienischen Restaurants bei mir um die Ecke ein Kondomautomat stand. Krampfhaft überlegte ich, welche Formulierung und welche Betonung nicht allzu offensichtlich verraten würden, dass mir ständig nur das Eine durch den Kopf geisterte. Doch wie auch immer ich in Gedanken die Sätze drehte und wendete, es klang stets nach einer eindeutigen Absichtserklärung, was es im Grunde ja auch war: eine klipp und klare Absicht, eine tiefgreifende Sehnsucht und ein unwiderstehliches Verlangen nach ihm ...
Trotz der zweifelsfreien Einigkeit zwischen uns, dass wir es miteinander tun wollten, fürchtete ich, verzweifelt oder bedürftig zu klingen, sollte ich die Kondome ansprechen.
Nein, es ging einfach nicht. Himmel, war ich kompliziert und kam da beim besten Willen nicht raus.
Ich hatte scheinbar noch weniger Selbstbewusstsein, als ich mir zugetraut hätte. Schon wieder gelang es mir nicht, offen fordernd zu sein, die Dinge so zu steuern, wie ich sie mir wünschte, und ich hatte auch keinen Schimmer, wovor ich mich noch fürchtete. Resigniert gestand ich mir ein, das Kondomproblem - zumindest jetzt - noch nicht lösen zu können. Ein wenig enttäuscht über Finns Vergesslichkeit in dieser wichtigen Sache war ich natürlich auch.
Okay, mal abwarten , dachte ich, ich werd schon sehen, wie sich der Abend entwickelt.
Als wir meine Wohnung betraten, ging‘s mir wieder besser. Finn stapfte gleich in die Küche, um das ganze Bier im Tiefkühlfach zu deponieren. Nachdem ich meine Jacke abgelegt und meine Stiefeletten von den Füßen gestreift hatte, trippelte ich ihm hinterher, kramte in meiner Sammelsurium-Schublade nach Duftkerzen, fand lediglich eine Stumpenkerze, die so gut wie heruntergebrannt war, und seufzte enttäuscht. Es würde leider auch kein romantisches Kerzenlicht geben.
Meine Küche war unangenehm kühl und roch nach ... nichts ... was mir in diesem Augenblick eigenartigerweise negativ auffiel. Sie duftete nicht nach leckeren Lebensmitteln, nach frischem Obst und Gemüse, duftete weder nach Kräutern noch nach Gewürzen. Sie roch nicht sauber nund nicht schmutzig, und nicht mal mehr nach Zigarettenrauch, da es in dieser verdammten kleinen Wohnung schon immer zog wie Hechtsuppe.
Meine Küche war eigenartig geruchslos, weil kaum etwas herumstand und auch die Schränke leer waren, weil ich nur selten kochte und dann auch nur ein fades, einfaches Essen für meinen anspruchslosen Magen, und das an faden, einsamen Abenden, die ich alleine zuhause verbringen musste, wenn es weder mit Patrick oder sonst jemanden zu einer Verabredung gekommen war. Solche ungeliebten einsamen Abende gab es nun mal, wenn auch nicht sehr oft.
Doch nun lehnte Finn Flanagan gegen mein Küchenfenster …
Gibt es nicht diesen Ausdruck ‚wie dahingegossen‘?
Tja, so ungefähr, und steckt sich eine Zigarette zwischen diese … diese Killerlippen, in die man beißen möchte, funkelt mich aus seinen überirdisch schönen Augen einladend an und vermittelt mir das Gefühl, etwas Grundlegendes hätte sich in meinem Leben verändert. Ich konnte es nur noch nicht konkret benennen.
»Möchtest du eine?«, fragte er mich und hielt mir seine Zigarettenschachtel hin. Ich nickte, fingerte mir eine Fluppe heraus und stellte mich neben ihn. Mein Ellbogen berührte seinen Arm, ganz zart und so gar nicht zufällig.
Er legte die Zigarettenschachtel weg, tastete seine Jackentaschen ab, innen und außen, streifte sich die Jacke von den Schultern, legte sie über einen der beiden Küchenstühle, suchte weiter in seinen Gesäßtaschen und zog schließlich ein Feuerzeug hervor.
Wie er uns Feuer gab!
Mit geneigtem Kopf und einem verwegenen Ausdruck in den Augen. Oder bildete ich mir das alles nur ein?
Ich beäugte ihn heimlich unter gesenkten Lidern. Egal, was er tut , dachte ich, bei ihm
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