SOULMATE (German Edition)
pass schon auf mich auf«, versicherte ich ihr hoch und heilig.
Sie brauchte sich wirklich keine Sorgen zu machen. Ich umarmte und drückte sie ganz lang. Es war ewig her, dass ich das getan hatte. Sie sah mich erstaunt an.
»Valerie«, sagte sie anschließend mit einem sorgenvollen Unterton in der Stimme. »Ich wünschte, du würdest dich immatrikulieren. Was soll denn aus dir werden, Kind? Also, unser Angebot steht noch, und zwar jederzeit!«
Ich blies die Backen auf und rollte genervt mit den Augen. Sie sprach von der finanziellen Unterstützung, die ich erhalten würde, sobald ich eine Ausbildung begann. Die alte Leier.
»Ich bin erst zwanzig, Mama, ich weiß noch nicht, in welche Richtung ich will. Ich will nicht einfach irgendwas studieren, nur um eure Nerven zu beruhigen. Aber ich verspreche dir, ich find schon das Richtige für mich. Okay?«
»Wie lange wirst du dafür noch brauchen, Valerie, hm?«
»Ach, Mama!«
Ich gab ihr einen dicken Schmatzer auf die Wange. Meine Mutter senkte den Kopf und seufzte tief.
Wenigstens macht Natalie alles so, wie sie es sich wünschen , dachte ich, wirklich froh darüber, dass meine Schwester, bewusst oder unbewusst, wer weiß es schon, meine vermeintlichen Schwächen kompensierte und für meine Eltern stets eine Quelle der Freude und des Stolzes war.
Und als ob meine Mutter meine Gedanken gelesen hätte, sagte sie völlig unerwartet: »Ich bin trotzdem stolz auf dich, Schatz, dein Vater auch. Es gehört viel Mumm dazu, ganz allein für sich sorgen zu wollen, wenn man es auch leichter haben könnte. Wir verstehen dein Handeln zwar nicht, aber wir haben große Achtung davor.«
Ich sah sie perplex an. Es geschahen noch Zeichen und Wunder.
»Danke«, sagte ich gerührt. »Danke, Mama, das bedeutet mir sehr viel.«
Unsere Kaffeerunde verlief super entspannt und unterhaltsam. Mein Vater taute auf und erzählte Anekdoten aus seiner Jugend, als er mit zwei Freunden in einem VW Käfer durch halb Europa gereist war. Die typische ‚trotz-aller-widrigen-Umstände-tolle-Reise‘ Geschichte. Er schilderte dabei eine Menge kurioser und witziger Begebenheiten, die meine Mutter und ich schon bis ins letzte Detail kannten, aber dennoch immer wieder gern hörten.
Meine Mutter saß neben ihm auf der Couch und beobachtete ihn mit einer Wärme und Zufriedenheit, die keine Frage darüber aufkommen ließ, ob sie sich noch liebten oder nicht. Mir fiel ein, dass Finn mich bei unserer allerersten Unterhaltung danach gefragt hatte. Genau , dachte ich, jetzt kann er sich selbst davon überzeugen .
Finn saß neben mir, war dadurch zum Greifen nahe, und obwohl ich ein starkes Verlangen verspürte, mich an ihn zu schmiegen - oder am liebsten in seinen Schoß zu kriechen - um ihn wild abzuknutschen, blieb ich notgedrungen brav auf meinem Platz sitzen und schlürfte den aromatischen Luxus-Kaffee aus dem Science- Fiction-Monsterautomaten meiner Eltern.
Finn schien sich ausgesprochen wohl zu fühlen, denn er lachte ungewöhnlich oft, beteiligte sich an der Unterhaltung, indem er von einem Abenteuertrip mit seinem Bruder entlang der Ostküste, durch Louisiana und Texas, bis nach Mexiko erzählte: alter Chevy, versiffte Motels, Sonnenbrände, abergläubische Südstaatler, psychotische Texaner, totgefahrene Gürteltiere, europäische Anhalter, Hochzeitsfeier einer mexikanischen Winzerfamilie, der sie auf liebevollem Drängen hin beiwohnen mussten und so weiter. So ausgelassen und erzählfreudig hatte ich ihn bisher noch nicht erlebt.
Er versprühte seinen Charme in hohen Dosen, und ich musste aufpassen, dass ich nicht mit heraushängender Zunge und schmachtenden Blicken pausenlos an seinem Gesicht hing.
Die Verabschiedung verlief herzlich und humorvoll von Seiten meiner Eltern: »Jetzt könnt ihr endlich aus den furchtbaren Filzpantoffeln wieder raus, nicht wahr?«
Sie hatten schlussendlich Finn das Gefühl gegeben, dass er Willkommen war, und machten mich unendlich glücklich damit. Und sie hatten immerhin - zu meiner großen Verwunderung - mein Aussehen nicht kritisiert.
Meine Mutter zog mich zur Seite und flüsterte mir noch ins Ohr: »Bitte Valerie, ruf doch Nati mal an, sei so lieb und tu uns den Gefallen!« Ich nickte nachgiebig. Sie hatte sich diese heikle Bitte bis zum richtigen Augenblick aufgespart, wenn ich, von unserer gemeinsamen Harmoniewolke getragen, nicht mehr dagegen reden würde.
Okay, Mama, dachte ich, ich werde euch den Gefallen tun, irgendwann in den nächsten
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