SOULMATE (German Edition)
fragte sie formvollendet verwundert und umfasste mit einer Hand ihr Kinn, während sie mich anstarrte. Den Bruchteil einer Sekunde später wedelte sie die Frage mit einer Geste einfach wieder fort und begann, mit einem Lappen die Getränkevitrine abzuwischen. »Ach, weißt du, Vallrie, es iest besser, wenn ihr niescht zu oft … äh … zusammenengt, verstehst du, damit man so rischtisch Sehnsucht bekommt und so rischtisch scharf wird aufeinandeer, verstanden?« Sie zwinkerte mir schamlos zu.
»Das ist wirklich nicht gerade mein Problem«, nuschelte ich verlegen. »Im Gegenteil, ich bin schon irgendwie zu scharf auf ihn, ich könnte eine Abkühlung gebrauchen.«
»Oioioi, das klingt ja wunderbaaar«, strahlte sie.
Ich hatte zwei neue SMS, aber keine war von Finn. Die Erste war lediglich meine Online Rechnung, die Zweite kam von Nati:
Freue mich, dass wir wieder reden. Lass uns bald treffen. Kuss, Natalie
Ich seufzte, aber tröstete mich damit, dass ich bald Schichtende hatte. Den ganzen Tag hatte ich nichts gegessen, nur Kaffee und Wasser getrunken. Der Gedanke an das versprochene Drei-Gänge-Menü, aber vor allem an den »Nachtisch« - ich wusste genau, was ich als Nachtisch wollte - war umso verlockender.
Sören wartete am Ausgang des Kinos auf mich, druckste ein wenig herum, fragte, ob er mich zur U-Bahn begleiten könne, und entschuldigte sich schließlich hundertmal dafür, dass er so überempfindlich auf meine Frage reagiert habe. Er habe diese Frage schon so oft gehört, dass er manchmal eben so daneben reagiere, sagte er. Ich versicherte ihm, dass alles in Ordnung sei und er sich keine Sorgen zu machen brauche, was er zwar erleichtert aufnahm, aber nichtsdestotrotz benahm er sich weiter wie ein treudoofer Dackel. Er übertrieb es mit seiner Reue völlig und ging mir auf die Nerven.
Ich versuchte, ihn mit einem von Lennys Chuck Norris-Witzen auf andere Gedanken zu bringen: »Sören, kennst du den? Chuck Norris liest keine Bücher, er starrt sie so lange an, bis sie ihm freiwillig sagen, was er wissen will.«
»Hm.« Sören hob betreten die Augenbrauen und schwieg ausdruckslos.
Ich weiß, das war nicht grad der Brüller, wie die meisten Chuck Norris-Witze, aber immerhin gut gemeint.
Zum Glück mussten er und sein schlechtes Gewissen in die entgegengesetzte Richtung fahren, und ich war ihn endlich los.
Unterwegs kaufte ich in einem Drogerie-Markt ein paar schöne Kerzen für das romantische Ambiente, das ich zu kreieren beabsichtigte, obwohl ich eigentlich nicht sonderlich romantisch veranlagt bin, ich meine, so, wie es andere Frauen sind …
Ganz offenbar ließ Finn verborgene Seiten meiner Persönlichkeit zum Vorschein treten.
Als ich zuhause ankam, war es knapp 19.00 Uhr. Ich hatte also nicht viel Zeit und beeilte mich: duschen, schminken, anziehen, herumliegende Klamotten wegräumen, die Kerzen an den richtigen Stellen platzieren, Musik aussuchen …
Musik muss her … was, was, was? …
Es sollte stimmungsvolle Musik sein, aber keine aufdringliche, offensichtliche Anmache-Musik …
Kurzer Blick aus dem Fenster, dann auf meinen Digital Wecker. Es war schon halb acht durch. Okay, nur zwei Minuten drüber.
Soll ich anrufen? Nein, anrufen ist nicht! Hab Geduld. Merke: Keine Klette werden!
Gott, ich vermisste ihn wie verrückt! Verliebt sein war schrecklich.
Wo bleibt er? Lenny wohnt doch nur ein paar Stationen von mir entfernt.
Als er um 20.00 Uhr immer noch nicht aufgetaucht war, machte ich mir einen starken Kaffee, setzte mich auf die Couch, zog die Knie an, trank Schluck um Schluck meine Tasse leer und wurde von Minute zu Minute ungeduldiger.
Wo war er? Wieso rief er nicht an, um zu sagen, dass er sich verspäten würde? Wieso ließ er mich warten? Ob ihm etwas zugestoßen war? Oder war etwas Dringendes dazwischen gekommen? Was könnte denn so dringend sein?
Man kann doch mal anrufen und Bescheid sagen, oder nicht? … Was, wenn er nicht kommt?
Nein, der Gedanke durfte nicht gedacht werden.
Er taucht schon auf, klar doch, ist schließlich eine Großstadt hier, da verspätet man sich eben …
Nach weiteren zehn Minuten entschied ich, dass ich anrufen würde!Ich ließ es ewig lang klingen, wählte erneut und dann wieder und wieder.
Er ging aber nicht ran. Ungläubig starrte ich auf mein Handy, als wäre es ein Gegenstand aus einer anderen Welt, versuchte meine Gedanken zu ordnen, trank meine Tasse leer und rief schließlich Lenny
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