SOULMATE (German Edition)
Mähne inmitten eines Indio Fests in Otavalo in Ecuador.
Dieser Raphael Hüne hatte - nach den eindrucksvollen Fotos seines Kumpels zu urteilen - auf jeden Fall eine sehr abgefahrene Reise erlebt.
Wahrscheinlich hatte sich Patrick bereits komplett durch den ganzen Blog gelesen, die vielversprechenden Bilder und den ausführlichen Erfahrungsbericht auf sich wirken lassen und konnte es kaum mehr abwarten, aus Berlin herauszukommen und sich den herrlichen Strapazen, dem Staub und dem Heidenspaß einer solchen Südamerika Motorrad Tour hinzugeben.
Ich verließ Raphaels Blog und startete eine Internet-Suche nach ‚Finn Flanagan‘, was ich eigentlich die ganze Zeit schon tun wollte, aber aus einer inneren Zurückhaltung, einer Art Intuition heraus bisher unterlassen hatte.
Es erschienen jede Menge Links, die auf eine New Yorker Theatertruppe namens ‚Shake `n Spear‘ hinwiesen. Hektisch steckte ich mir eine Zigarette zwischen die Lippen, ohne sie anzuzünden.
Ich klickte auf die Homepage - www.shake-n-spear.com
- und erhielt eine mit Infos überladene, bunte Seite mit Adressen von Theatern, Spielplänen, Links für Kartenbestellung, Kontakt, Kritik, Fotos usw.
Dann entdeckte ich Finns Namen unter einem Gruppenfoto in der linken oberen Ecke der Seite - mein Herz ließ einen Beat aus und stolperte mühselig zurück in seinen Rhythmus.
Das Foto zeigte die Gründerpersonen der Truppe, drei Männer und vier Frauen, zusammen mit der Jahreszahl 2007. Ich klickte mich weiter durch die Navigation, immer auf der Suche nach seinem Namen oder einem Foto. Doch mehr ließ sich über ihn auf diesen Seiten nicht finden. Ich klickte mich zurück zur Liste in der Suchmaschine.
Ein Link hatte meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen: »The Freak«. Es handelte sich hierbei, soweit man in den bereits erschienenen Textzeilen lesen konnte, um eine kanadische Independent-Film-Produktion, die auf der Website des ‚Internationalen Filmarchivs‘ gelistet war. Das konnte einer der Filme sein, in denen Finn eine Rolle gehabt hatte. Also klickte ich den Link an.
Wow, ich staunte nicht schlecht, der Film hatte ein veritables Rating von 7,5, und wie üblich gab es detaillierte Informationen zum Plot, zur Produktion und zu den Darstellern, die man einzeln anklicken konnte.
Finn Flanagan, fünfter Name auf der Besetzungsliste, Rollenname: Billy McKinsey … Ein Foto von Finn war leider nicht dabei …
Ich führte den Cursor auf seinen Namen, doch bevor ich ihn anklicken konnte, klingelte es an der Haustür Sturm. Ich fuhr dermaßen erschrocken zusammen, dass ich mit einem Fuß einen vollen Aschenbecher vom Tisch kickte, während ich mich mit ganzer Kraft an meinem Laptop festgekrallt hielt, um nicht durch den plötzlichen Schreck in meine Einzelteile zu zerfallen wie eine Legofigur.
Irritiert blickte ich zu meinem Wecker und sah, dass es inzwischen 21.47 Uhr geworden war.
War er das etwa? War er doch noch gekommen, ohne mir vorher irgendeine Message auf irgendeine Art zukommen zu lassen, die seine Verspätung erklären oder ihn ankündigen würde? Sowas wie:
Sorry, mir ist was dazwischen gekommen, aber ich bin auf dem Weg …
Keine SMS, keine E-Mail, kein Anruf … nichts!
Schnell legte ich meinen Laptop beiseite und hastete mit einer Mischung aus ängstlicher Vorfreude und Erleichterung zur Haustür. Mein Puls galoppierte los, als ich den Hörer der Freisprechanlage abnahm. Es rauschte ein wenig durch die Muschel, da offensichtlich immer noch ein starker Wind ging …
»Vala… Valrey, mach, äh, mach bitte auf, … ich bin‘s, Finn.«
Oh Gott! Er war es wirklich!
Er klang ungeduldig … und merkwürdig, als wäre er … War er etwa …?
Ich drückte den Hörer mit beiden Händen gegen meine Brust, immer noch verwundert darüber, dass er doch noch gekommen war. Als ich mich beruhigt hatte, drückte ich, außer mir vor unerträglicher Spannung, auf die Türöffner Taste und atmete endlich wieder vernünftig ein und aus …
Genau eine Minute würde er brauchen, um vor meiner Haustür zu stehen, vorausgesetzt er beeilte sich nicht. Ich hatte also sechzig Sekunden … Für was? Ich wusste es nicht genau.
Sicherheitshalber rannte ich ins Bad und blickte in den Spiegel. Das tue ich meistens, wenn ich durcheinander bin. Es beruhigt mich, zu sehen, dass ich nicht langsam durchsichtig werde und mich in Luft auflöse wie Michael J. Fox und seine Geschwister auf dem Familienfoto in ‚Zurück in die Zukunft‘.
Meine Haare
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