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Souvenirs

Souvenirs

Titel: Souvenirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foenkinos
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Dienst anfing, konnte ich zu keinen Partys kommen, nicht ins Kino gehen, bekam ich von der Unbekümmertheit der Nacht nichts mit. Zum Schreiben war es gut, zurückgezogen zu leben, doch das Ganze schien mir letztlich eine Sackgasse zu sein. Ich nahm nicht genug am Leben teil, um Romancier zu werden. Wie konnte ich von der Liebe sprechen, wenn ich mich hier in nächtlicher Einsamkeit verkroch? Mein Chef war der Mensch, den ich noch am häufigsten sah. Er tauchte immer öfter auf. Einmal, als er zu faul war, nach Hause zu fahren, hatte er sich tatsächlich ein Zimmer in seinem eigenen Hotel genommen. Da er schon so präsent war in meinem Leben, dachte ich, ich könnte vielleicht eine Romanfigur aus ihm machen. Unter der Bedingung, dass er unter verändertem Namen auftrat, der echte erschien mir absolut literaturuntauglich. Überall versuchte ich, Inspiration zu schöpfen, in meiner Phantasie braute sich ja nichts Konkretes zusammen. Es gelang mir nicht, irgendetwas zu erfinden. Meine Gedankengängebeschränkten sich auf ein eingezäuntes Gebiet: auf das, was vor meiner Nase lag. Ich begann, mir ernsthaft Sorgen zu machen. Ich musste etwas erleben. Irgendwo in Europa in einem gut durchdachten Anfall von Wahnsinn aus dem Zug springen. Ich überlegte auch, ob ich mir Notizen zu meiner Großmutter machen sollte, über das Altenheim, aber ich fürchtete, mit einem solchen Thema das Publikum zu vergraulen. Nun ja, vor allem fürchtete ich wohl, mich selbst zu vergraulen, dem täglichen Umgang mit den für diesen Stoff unumgänglichen Worten nicht gewachsen zu sein. Auf jeden Fall, dachte ich, müsse man die Realität verbiegen, dürfe man sich ihr nicht beugen. Ich wollte Geschichten erzählen, in denen zwei Polen vorkamen, und in heldenhafter Kommasetzung schwelgen. Aber eigentlich träumte ich davon, dass mir etwas Großes passierte.
     
    Am meisten wunderte mich, dass ich meinen Vater so oft sah. Wir trafen uns immer im Altenheim, und es war ungewohnt, in einer solch regelmäßigen Beziehung zu ihm zu stehen. Wir hatten ein Gesprächsthema, was insofern erstaunlich war, als dass wir uns in meiner Jugend meist angeschwiegen hatten, um nicht zu sagen, dass unser Verhältnis von gegenseitigem Unverständnis geprägt war. Er fragte mich nie, wie es um mich bestellt war. Ob ich nun nachts im Hotel oder tagsüber in einer Fleischerei arbeitete, das weckte dieselbe Neugier in ihm, nämlich gar keine. Vielleicht würde ich zu gegebener Zeit den Gedanken ins Auge fassen, mir eine Wohnung zu kaufen, dadurch würdensich uns schlagartig neue Diskussionsfelder eröffnen, denn Immobilienkredite waren nach wie vor sein Thema. Aber es war noch Zeit, es wohnt keine Eigentümerseele in mir; ich verstehe immer noch nicht, wozu man sich Geld borgt, wenn man es dann zwanzig oder dreißig Jahre lang zurückzahlen muss. Mir würde schon reichen zu wissen, was morgen ist. Seine Art, seine Bemerkungen, mit denen er mir weismachen wollte, dass er noch mitten im aktuellen wirtschaftlichen Geschehen steckte, hatten etwas Pathetisches. Er merkte gar nicht, wie sehr sein Verhalten die schonungslose Wirklichkeit verriet, wie deutlich seinem Gesicht abzulesen war, dass er vom Wettbewerb ausgeschlossen war. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich Mitleid mit ihm; und allmählich sollte dieses Gefühl das der Gleichgültigkeit ablösen.
     
    Der Geburtstag meiner Großmutter stand ins Haus, und er fragte mich, ob ich eine Idee hätte, wie man ihr eine Freude machen könnte. Ich sagte ihm, dass ich schon etwas geplant hätte, worüber sie große Augen machen würde. In der Tat war ich sehr zufrieden mit meiner Geschenkidee. Leider war sie persönlich. Er musste sich selbst etwas einfallen lassen. Plötzlich kam ihm ein Morgenrock in den Sinn, bevor er sich wieder erinnerte, dass er ihr schon im Jahr zuvor einen gekauft hatte. «Das ist kompliziert mit den alten Leuten. Sie wollen gar nichts. Aber wenn man nichts kauft, sind sie beleidigt», verkündete er schließlich, um seiner mangelnden Inspiration nicht länger Ausdruck verleihen zu müssen. Er hatte nicht unrecht. Meine Großmutter gehörtezu der Sorte Mensch, die keine Geschenke mochte. Na gut, aber deswegen brauchte er sich nicht so aufzuregen. Ich gab ihm den Tipp, sie zum Meeresfrüchteessen auszuführen, woraufhin er natürlich behaupten musste, die Idee hätte er auch schon gehabt, und zwar ganz am Anfang. Er hoffte, dass seine beiden Brüder sich an dem Tag freinehmen würden. Ich weiß

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