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Souvenirs

Souvenirs

Titel: Souvenirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foenkinos
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vollgestellte Zimmer sah, war sie gerührt. Andererseits musste er die Miete zahlen. Er sagte, er habe gerade einige Probleme am Hals, stecke in einer schwierigen Situation. Und bot ihr ein Bild an. Ja, sagte er, nehmen Sie ein Bild, welches auch immer Ihnen gefällt, ich schenke es Ihnen, wenn Sie sich so von mir vertrösten lassen. Die Frau trat in das Studio und spürte gleich, dass ihr keines der Bilder gefiel, also nahm sie das erstbeste, um die Qualen aller Beteiligten abzukürzen. Einabscheuliches Bild von einer Kuh. Für den Maler hätte der zustande gekommene Handel Grund zum Aufatmen sein können. Doch er löste im Gegenteil etwas sehr Schmerzliches aus. Er hatte den mitleidigen Ausdruck im Blick der Frau bemerkt. Aufgrund dieses Blicks gab er die Malerei bald darauf auf.
     
    Dreißig Jahre später kam die Frau ins Altenheim. Ihre Kinder und Neffen halfen beim Umzug. Sie sagten ständig: «Pack ja nicht zu viel ein, nimm nur das Wichtigste mit.
»
Um sie zu ärgern, man könnte fast sagen, um ihnen einen Streich zu spielen, holte die Frau also das Bild von der Kuh aus dem Keller, wo es die ganze Zeit vor sich hingegammelt hatte, und verkündete, das müsse auf jeden Fall mit. So gelangte das Bild ins Altenheim. Die Frau ließ es gleich hinter dem Schrank verschwinden. Als sie sieben Jahre später starb, entdeckte ihr Neffe beim Abtransportieren der Möbel dort das Bild und ließ es stehen. Bevor man es wegwarf, kam jemand vom Reinigungspersonal auf die Idee, es im Flur aufzuhängen.

23
    Mein Liebesleben bestand zu der Zeit darin, mich regelmäßig zum Friedhof zu begeben (sprechen wir nicht über den Symbolgehalt davon). Anfangs hatte ich mich in zäher Hoffnung gewiegt, die im Laufe der Wochen dem Gefühl der eigenen Lächerlichkeit wich. Sie würde doch nie kommen.Niemand besuchte das Grab von Sonia Senerson. Und man konnte auch nicht wirklich behaupten, dass ich es besuchte. Ich verharrte lediglich andächtig vor der Möglichkeit einer Liebe zu einer jungen Unbekannten. Meine Hoffnung war ein schrecklich zartes Pflänzchen.
     
    Sie kam und kam nicht, und in meiner Erinnerung begannen ihre Züge zu verschwimmen. Ich war mir nicht einmal mehr sicher, welche Haarfarbe sie gehabt hatte. Meine Friedhofsbesuche entpuppten sich zunehmend als Zeitverschwendung. Einmal passierte allerdings etwas. Ein paar Meter von mir entfernt bildete sich ein Grüppchen. Eine Beerdigung bahnte sich an. Da musste ich auch hin. Wenn die Unbekannte schon nicht erschien, würde die Wiederherstellung der gleichen Situation mir womöglich eine andere zuführen. Und ich lag nicht ganz falsch. Es fanden sich einige Frauen ein: Wer weiß, vielleicht brauchten sie Trost? Ich rede und rede, dabei kam ich mir bei der Sache von Anfang an blöd vor. Ich schämte mich sogar. Ich stand da, gaffte die Mädchen an, als wäre ich bei einer Ausstellungseröffnung oder bei einer Cocktailparty, und gab das Leid der Trauernden dem Gespött preis. Sie weinten, und all die Tränen machten mich betroffen. Intuitiv spürte ich, dass die Person, um die sie weinten, ein guter Mensch gewesen sein musste. Und dieses Gespür steigerte mein Unbehagen. Ich schlich mich diskret davon. Die Geschichte mit dem Friedhof musste aufhören.
     
    Ich traf mich von Zeit zu Zeit mit einer alten Schulfreundin, aber nun war sie mit ihrem neuen Freund zusammengezogen. Im Leben der anderen tat sich etwas, nur mich ließ es links liegen, ich hing in einem Stadium fest, in dem vollkommener Stillstand eingetreten war. Mein Sexualleben glich einem schwedischen Kinofilm. Manchmal sogar ohne Untertitel. Ich sehnte mir heiße und flüchtige Abenteuer herbei, die mir zeitweilig fast erlebbar erschienen. Es gab im Hotel einen weiblichen Gast, eine Russin, der die magische Schönheit russischer Frauen und der durchdringende Blick eines tragischen 800-Seiten-Romans zu eigen war. Immer wenn sie nach Paris kam, nahm sie sich bei uns ein Zimmer. Ich wusste nicht, was sie hier überhaupt machte, es interessierte mich auch nicht so sehr, ich erstarrte in der banalen Faszination, die von ihrer äußeren Erscheinung ausging. Sie hätte Serienmörderin sein können oder Journalistin für die Moskauer Ausgabe des
Rolling Stone,
ich hätte sie mit der gleichen naiven Einfalt angestarrt. Wenn ich sie in den Lift steigen sah, stellte ich mir vor, wie ich mit ihr hinauffuhr. Einmal rief sie abends bei der Rezeption an, obwohl sie gar nichts wollte. Na ja, doch, sie rief an, nur um zu sagen: «Ich

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