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Souvenirs

Souvenirs

Titel: Souvenirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foenkinos
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respektieren. Frauen hassen so was.»
    «Ach, echt?»
    «Vor allen Dingen glaube ich, wenn sie sich erst mal beruhigt hat, wird sie Mitleid mit Ihnen empfinden.»
    «Na gut, ich nehme dann das Twix», sagte ich zerstreut.
    «Ja, nehmen Sie ein Twix, und fahren Sie nach Hause.»
     
    Ich blieb noch ein bisschen im Auto sitzen, um die deftigen Worte dieses Unbekannten zu verdauen. Ich betrachtete mich kurz im Rückspiegel. So verstört wirkte ich nun auch wieder nicht. Jedenfalls hatten es seine Äußerungen geschafft, mich einigermaßen zu lähmen. Ich war nicht imstande, mich gleich wieder auf den Weg zu machen. Wasbestimmt daran lag, dass er so hart mit mir ins Gericht gegangen war. Hätte er nur halbherzig irgendeine Meinung kundgetan, hätte ich dem wohl keine große Beachtung geschenkt. Ich ließ mir noch einmal durch den Kopf gehen, was er gesagt hatte: Ich werde ihr auf den Geist gehen. Was mir wiederum auf den Geist ging, das war, dass sie mich einfach so sitzen ließ. Dass sie die Schönheit unserer Liebe kaputt machte. Der Mann an der Kasse, bemerkte ich, schaute mich diskret durch die Scheibe an, und ich glaube, der Papagei auch. Ich sollte auf die Worte dieses Mannes hören. Das kommt manchmal vor, dass jemandem, zu dem man in überhaupt keiner Verbindung steht, plötzlich eine entscheidende Bedeutung zukommt. Im Übrigen hatte seine Stimme wohl gerade deswegen Gewicht, weil sie die eines vollkommen Unbeteiligten war. Ich stieg noch einmal aus dem Auto, ging zu ihm hinein und dankte ihm. Ich drückte ihm die Hand, und der Papagei krächzte: «Gute Reise.»
     
    Ich fuhr bis zur nächsten Ausfahrt und kehrte um. Ich nahm mir ein Zimmer in einem Formule-1-Hotel, da ich nicht den Mut hatte, nach Paris zurückzufahren. Ich bezahlte mit Kreditkarte. Es gab keinen Nachtportier. Bald würde mein Beruf nicht mehr existieren, dachte ich. Das war wie mit den Kassiererinnen im Supermarkt. Maschinen, die leistungsfähiger waren als wir, würden uns ersetzen. Die Maschine, die in der Lage war, sich um drei Uhr nachts mit einem ukrainischen Touristen auseinanderzusetzen, musste allerdings erst noch erfunden werden. Über diesen Gedanken, die so weltbewegend nicht waren, schlummerte ich ein.Meine Nachtruhe war tief und fest. Ich hatte das Gefühl, erst entführt und schließlich vom Schlaf übermannt worden zu sein. Ein Anruf auf dem Zimmertelefon weckte mich. Eine Stimme (schwer zu sagen, ob sie echt war oder vom Band kam) fragte mich, ob ich die Absicht hatte, noch eine Nacht länger zu bleiben. Anscheinend war es fast Mittag, in Hotels der Augenblick, in dem man sich zu entscheiden hat, ob man ging oder blieb. Mich überraschte dieser Anruf, denn ich konnte mir nicht vorstellen, welches normal strukturierte menschliche Wesen zwei aufeinanderfolgende Nächte in einem solchen Hotel verbrachte. Das war zweifellos eine höfliche Art, mir verstehen zu geben, dass es Zeit wurde, das Zimmer zu räumen, sonst wird
der Preis für eine weitere Nacht automatisch von meinem Konto abgebucht.
Von Louise hatte ich nach wie vor keinerlei Nachricht. Ich hüpfte kurz unter die Dusche, dann setzte ich mich wieder ans Steuer. Jedes Mal, wenn ich einen Bereich durchquerte, in dem mein Handy keinen Empfang hatte, hoffte ich, als das Netz dann wieder aktiv war, dass Louise eine Nachricht auf meiner Mailbox hinterlassen hatte. Aber egal, ob ich vorübergehend nicht erreichbar war oder meinen Blick wie versteinert wartend auf das Telefon heftete, sie rief nicht an (eine moderne Foltermethode).
     
    Als ich zurück in mein Hotel kam, vertiefte ich mich in meine Arbeit. Ich behielt das Zimmer, unser Zimmer. Es war praktischer, da zu schlafen, wo ich auch arbeitete. Tagsüber kam es immer öfter vor, dass ich mich um die Buchführung, organisatorische Dinge und Reservierungen kümmerte.Ohne mich ausdrücklich dafür entschieden zu haben, war ich dabei, Gérards Angebot anzunehmen und Geschäftsführer des Hotels zu werden. Das aber zuzugeben, kam nicht infrage. Es gelang mir mitunter, dank des Kräfteverschleißes durch die Arbeit, nicht an Louise zu denken. Als hätte ich ein Wunder vollbracht, dachte ich: Oh, ich hab ganze sieben oder acht Minuten den Gedanken an sie verscheucht, sie aus meinem Bewusstsein gedrängt. Bisweilen überkamen mich plötzliche Wutausbrüche, und von meinen Schläfen tröpfelte der Schweiß. Ich verfluchte sie. Wollte nichts mehr von ihr wissen. In meinem Hass verwüstete ich in Gedanken alles, was wir zusammen

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