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Souvenirs

Souvenirs

Titel: Souvenirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foenkinos
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sie einfach so gesagt. Als spätpubertierender Romantiker hatte ich mir immer vorgestellt, wie ich einmal auf Knien und mit dem Ring in der Hand um die Hand einer Frau anhalten würde. Sie grub meinen Phantasien das Wasser ab. Und doch begannen wir wie im Spiel, es uns immer wieder vorzusagen: «Genau, dann werden wir eben heiraten! Ja! Ja! …» Wir waren in unserem Zimmer. Ich eilte zur Minibar und köpfte die Piccoloflasche Champagner, die darin stand. Ich stieg aufs Bett und rief: «Hoch lebe meine Frau!» Und Louise stieg ebenfalls aufs Bett, küsste mich und verkündete: «Mein Mann! Du wirst mein Mann sein!» Dann gingen wir raus, es war Nachmittag, Samstagnachmittag, und spazierten durch die Stadt. Wir unterbreiteten die frohe Kunde einigen Freunden, aber auch allerlei Passanten, denn an jenem Nachmittag war jeder Passant unser Freund. Wir gingen in die Bars und feierten mit jedem, der mit uns feiern wollte. Die Hochzeitsidee war aus einer pragmatischen Überlegung heraus entstanden, doch jetzt taumelten wir beide vor wundersamer Freude. Wir freuten uns darauf, dass wir heiraten würden! Wir freuten uns auf die Feier. Es lag nichts Bedrückendes in dieser Freude, und ich würde sogar sagen: Wir hatten nicht vor, einen Bund fürdie Ewigkeit zu schließen. Wir liefen durch die Straßen, der Triumphmarsch unserer Jugend und unserer Schönheit, das heißt unserer Jugend und ihrer Schönheit, ich erinnere mich, wie wir durch Paris liefen, wir liefen und liefen immer weiter und erweckten den Eindruck eines Postkartenidylls. Nichts würde uns aufhalten können, dachte ich dümmlich.
     
    Wir betraten ein Brautmodengeschäft. Wir waren zwar reichlich angesäuselt, aber das Kleid musste auf der Stelle ausgesucht werden. Louise wollte eins anprobieren, zeigte jedoch auf ein anderes. Sie konnte nicht mehr richtig zielen mit dem Finger. Die Verkäuferin bemühte sich zu beschwichtigen und sagte: «Hören Sie, eine Hochzeit ist ein wichtiges Ereignis. Das wird der schönste Tag Ihres Lebens. Da müssen Sie sich schon ernsthaft darauf vorbereiten.» Sie gebärdete sich wie die Klassenstreberin, die es darauf abgesehen hatte, uns in die Schranken zu weisen. Je mehr sie sich anstrengte, einen seriösen Eindruck zu machen, desto heftiger bogen wir uns vor Lachen. Am Ende entschieden wir uns für das schönste und teuerste Kleid, das wir zurücklegen ließen (mir fiel das dann am nächsten Morgen auf). Louise würde schön sein, Louise würde meine Frau werden. Was mich betraf, so kaufte ich mir eine schöne Krawatte. Eine schöne gelbe Krawatte. Als wir das Geschäft verließen, sagte ich:
    «Ich muss meinen Eltern Bescheid sagen.»
    «Warte mal … schlag vor, dass wir morgen Abend zum Essen kommen. Ist doch schöner, so was im Rahmen eines Essens zu verkünden als am Telefon.»
    «Stimmt, da hast du recht.»
    Ich rief meine Eltern an. Meine Mutter meinte, sie würde uns mit Vergnügen am nächsten Tag zum Essen einladen. Sie wunderte sich ein bisschen, denn ich kam nicht oft zu Besuch, aber ich denke, sie schöpfte keinen Verdacht. In letzter Zeit hatten wir immerhin einiges zusammen unternommen. Wir trafen uns öfter mal zum Mittagessen. Wir gingen in Ausstellungen. Sie hatte sich von ihrer Depression komplett erholt. Mein Vater hingegen rief mich manchmal an und sagte: «Ich glaub, bei deiner Mutter ist ’ne Schraube locker.» Sie wiederum behauptete: «Dein Vater ist ein Quadratschädel. Er geht nie aus dem Haus und erzählt immer die gleichen Geschichten.»Ja, so sprachen sie wirklich voneinander. Ich glaube, ihre Streitigkeiten hatten ein geometrisches Muster. Beide erlebten ihre Höhen und Tiefen, aber allmählich gelangten sie dahin, sich in ihrer neuen Lebensphase einzurichten. Meinem Vater gingen verschiedene Lichter auf, und er raffte sich zu einigen Aktivitäten auf. Er war Mitglied in einem Filmklub bei ihm um die Ecke geworden. Am Anfang staunte ich nicht schlecht, weil er sich nie wirklich fürs Kino interessiert hatte. Sein Lieblingsfilm war wahrscheinlich
Titanic
oder
Der Pate,
und plötzlich redete er von Antonioni und Yasujirō Ozu. Einmal sagte er, er wirkte ganz konzentriert:
    «Hast du diese kunstvollen Ellipsen in
L’avventura
gesehen?»
    «Ellipsen sind ja immer ein bisschen schwer zu sehen», antwortete ich, weil ich einen Spaß machen wollte. Einen Spaß, den er nicht kapierte. Es mochte ein Wandel in ihm vorgehen, aber deswegen durfte man nun nicht daraufhoffen, dass er auch Sinn für Humor

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