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Souvenirs

Souvenirs

Titel: Souvenirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foenkinos
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    Auch die Besetzung des Don Corleone mit Marlon Brando, der für seine Rolle dann den Oscar als bester Schauspieler erhalten sollte, war problematisch. Die Produktion lehnte es ab, ihn zu engagieren. Brando genoss den Ruf des Aufsässigen, zudem kostete es ein Vermögen, ihn zu versichern. Da Coppola sich auf keine Kompromisse einlassen wollte, forderte die Studioleitung, Brando möge Probeaufnahmen machen. «Was? Seid ihr vollkommen verrückt geworden? Brando zu Probeaufnahmen einladen! Den größten Schauspieler unserer Tage!» Er musste nachgeben, er hatte keine andere Wahl. Aber unmöglich, die Geschichte Brando beizubringen.Wenn er anfing, ihm was von Probeaufnahmen zu erzählen, würde er ihn nie wiedersehen, da war er sich sicher. Er wandte schließlich einen Trick an und gab vor, ihn zu brauchen, weil er etwas mit dem Licht ausprobieren wolle. Ging Brando ihm wirklich auf den Leim? Man weiß es nicht. Jedenfalls fand Brando an jenem Tag ein Rezept, das seine Interpretation des Don Corleone legendär machen sollte. Während der Aufnahmen ging er auf einmal etwas aus seiner Tasche holen. Und kam mit einem Wattebausch im Mund zurück. Das änderte alles: seine Gesichtsphysiognomie, seine Art zu sprechen, seine Ausstrahlung. Nie würde Coppola die Intensität dieses Augenblicks vergessen: Die Figur, die von Mario Puzo erschaffene Figur, stand plötzlich so vor ihm, wie sie ihm seit Jahren vorgeschwebt hatte. Eine phantastische Illusion war geboren.

59
    Nach einer Weile fragte meine Mutter: «Aber wolltet ihr uns nicht auch etwas sagen?» Wir schüttelten den Kopf, nein, wir konnten uns nicht erinnern, dergleichen verlautbaren lassen zu haben. Wenn sie uns ihre Scheidung auftischten, konnten wir nicht im Gegenzug unsere Hochzeit auffahren. Die Nachricht war allzu ernüchternd. Glückselig waren wir hierhergekommen, bebend vor Zukunftserwartungen, und waren von einer Endzeitstimmung willkommen geheißen worden. Musste ich darin nun ein Symbol sehen?Mussten mir meine Eltern sämtliche Freudenmomente verderben? Wie Schattengestalten schluckten wir das Essen hinunter, unser sorgsam verborgen gehaltenes Glück war uns fast peinlich. Mein Vater bemerkte:
    «Wir haben uns gewundert, als du gestern angerufen und gemeint hast, du willst uns besuchen kommen. Wir dachten, du hättest dir vielleicht schon was gedacht.»
    «Ja, wir haben uns wirklich gewundert», setzte meine Mutter hinzu. «Wir wussten nicht recht, wie wir es dir sagen sollen. Wir dachten, besser direkt als am Telefon.»
    «…»
    «Geht’s dir nicht gut?», fragte sie, besorgt über mein Schweigen.
    «Doch … geht schon. Ich bin nur etwas überrascht. Ich dachte, ihr hättet mittlerweile so viele Krisen durchgemacht und überstanden, dass ihr noch einmal von vorne anfangen könnt.»
    «Deine Mutter fängt noch mal von vorne an!», rief mein Vater aus und wurde auf einmal aggressiv.
    «Oh, schon gut! Jetzt fang nicht wieder damit an.»
    «Aber sag’s ihnen! Sag’s ihnen doch!»
    «Was soll sie uns sagen?», fragte ich.
    «Nichts. Es ist nur so, dass ich jemanden kennengelernt hab. So was soll ja vorkommen. Ich hab ihn in der Klinik kennengelernt. Er ist Deutschlehrer. Er hat die Arbeit in den Vororten nicht ausgehalten, und auf einmal hatte er Depressionen. Aber mittlerweile geht es ihm besser. Ich glaube, wir haben uns gegenseitig sehr geholfen. Er ist ganz …»
    «Okay, das reicht!», schnitt mein Vater ihr das Wort ab. «Erzähl ihnen lieber, wie alt er ist.»
    «…»
    «So alt wie du ist er! Ja, so alt wie du! Ein blutjunger Lehrer!», schrie mein Vater und schaute mich an, als sei er verrückt geworden.
    «Stimmt das, Mama? So alt wie ich?»
    «Ja, stimmt. Das heißt, er ist sogar ein kleines bisschen jünger als du, glaub ich … aber aufs Alter kommt’s ja nicht so an! Bei ihm kann ich meinen Gefühlen Ausdruck geben, mich lebendig fühlen, ich kann mich mit ihm über Gott und die Welt unterhalten. Dein Vater war ja nicht mehr auszuhalten. Er ist einfach ein Spießer. Er macht nie etwas spontan. Bevor er irgendwohin geht, muss er erst mal zwei Jahre lang darüber nachgrübeln.»
    «Ganz im Unterschied zu dir! Du grübelst ja höchstens zwei Sekunden. Zwei Sekunden ist sogar noch großzügig bemessen.»
    «Ordinäres Schwein.»
    «Arme Irre.»
    «Geiziger Egoist.»
    «Eingebildete Ziege.»
    «Übel riechender Arsch. Du stinkst wirklich aus allen Rohren.»
    «Du steigst ja jetzt zum Glück mit kleinen Kindern ins Bett. Das ist wirklich

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