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Souvenirs

Souvenirs

Titel: Souvenirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foenkinos
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entwickelte. Er nahm den italienischen Film sehr ernst. Eine neue Leidenschaft, die er mit meiner Mutter teilte, und nach dem neuesten Stand der Nachrichten trugen sie sich mit dem Gedanken, das Filmfestival von Venedig zu besuchen. Es schien also nichts ausgeschlossen.
     
    Am Sonntagmorgen wachten Louise und ich mit einem furchtbaren Brummschädel auf. Ich schaute sie kurz an, dann fragte ich:
    «Magst du einen Kaffee?»
    «Ja … gern.»
    «Magst du auch ein Croissant?»
    «Ja … auch.»
    «… Und …»
    «Hm?»
    «… Magst du mich immer noch heiraten?»
    «Ja …ja …»
    Beim dritten Ja küsste sie mich. Ihr Gutenmorgenblick sagte mir zwar, dass ihr unsere Eskapaden vom Vortag entfallen waren, aber sie schien weiter glücklich mit unserem Entschluss. Es war ein ganz besonderer Moment. Ich würde sie in das Haus führen, in dem ich meine Kindheit verlebt hatte. In das Haus, mit dem so viele Jugenderinnerungen verknüpft waren und in das ich nun als junger Mann zurückkehrte. Ich kam, um bei einem Abendessen zu verkünden, dass ich heiraten würde. Mein Leben erschien mir eine ungeheure Bedeutsamkeit zu besitzen, gar nicht so sehr wegen der Hochzeitsankündigung, sondern einfach beim Gedankendaran: Was das Kind, das wir einst waren, doch für eine Entwicklung durchmacht.
     
    Louise fürchtete sich, doch es gab überhaupt keinen Grund dazu. Meine Eltern würden sich freuen, da war ich mir sicher. Für ein paar Monate würden sie nun ein konkretes Thema haben (und davon träumten sie ja). Sie würden helfen, die Feier zu planen, und sich dabei nützlich fühlen. Außerdem mochten sie Louise. Immer, wenn sie sie gesehen hatten, waren sie ganz bezaubert von ihrem Wesen und ihrer Liebenswürdigkeit. Als mein Vater ihr zum ersten Mal begegnet war, hatte ich einen Schimmer der Verwunderung in seinem Blick ausgemacht: ‹Wie kommt’s, dass solch eine klasse Frau mit meinem Sohn zusammen ist?› Genau das hatte ich in seinem Blick gelesen. Ich fragte mich, was daraus nun zu schlussfolgern war: Fand er sie so bombig, oder hielt er so kleine Stücke auf mich? Ich neigte zu Ersterem, hielt aber in Anbetracht des Verhaltens, das er mir gegenüber seit jeher an den Tag legte, fest, dass auch die zweite Möglichkeit in Betracht zu ziehen war. Was meine Mutter anging, so glaube ich, dass sie überrascht war, an Louise gar keine erheblichen Mängel erkennen zu können, irgendeinen grundlegenden Makel, der unsere Verbindung als hinfällig erscheinen ließ. Es schien sie zu faszinieren, dass alles so prima lief zwischen uns, dass wir uns gut verstanden und aufrichtige Gefühle von verblüffender Einfachheit miteinander teilten. Ich hatte also den Eindruck, dass meine Eltern sich für mich freuten. Sonst betrafen oder begeisterten sie meine Belange ja nicht so, aber sobald die Rede auf Louisekam, waren sie wie durch ein unverhofftes Wunder irgendwie wohlwollend gestimmt.
     
    Wir stiegen aus der S-Bahn und mussten anschließend einen kleinen Hügel hinauf. Was nach unserem feuchtfröhlichen Samstag eine übermenschliche Anstrengung bedeutete. Unweit von meinem Elternhaus machten wir eine kurze Rast und blickten uns an. Ich sagte zu ihr: «Du bist schön. Aber unmöglich, mit dir einen erholsamen Sonntag zu verbringen.» Sie zog einen Flunsch, der so viel bedeutete wie: «Bei dir ist wohl ’ne Schraube locker.» Diese geometrischen Muster waren eindeutig ansteckend. Sie sagte allerdings: «Und du siehst völlig verschrumpelt aus.» Nun zog ich einen Flunsch. Da küsste sie mich. Ich weiß, ich neige dazu, jeden Kuss von ihr zu erwähnen, aber keine Sorge, das geht jetzt nicht immer so weiter. Bald werde ich vergessen, ihre Küsse zu erwähnen, oder vielleicht werden auch einfach die zeitlichen Abstände zwischen den Küssen größer.
    «Wir haben ja gar nichts mitgebracht für deine Eltern», bemerkte Louise.
    «Wir bringen große Neuigkeiten, ist doch auch was.»
    «Nein, wir brauchen Blumen. Einen orangefarbenen Blumenstrauß, das wär’s.»
    Sie hatte sicherlich recht. Wir gingen zum Blumenhändler um die Ecke. Sie wies auf mich und sagte: «Wir haben vor, seinen Eltern zu sagen, dass wir heiraten wollen. Das heißt, wir brauchen einen schönen Strauß. Er darf aber nicht so pompös sein, dass er dem eigentlichen Knüller die Schau stiehlt.» Der Blumenhändler gratulierte uns undlöste die Aufgabe perfekt. Wenige Minuten darauf standen wir bei meinen Eltern vor der Tür. Louise war schön, ich sah völlig verschrumpelt aus,

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