Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)
Fleiß kein Preis. Wer den Rappen nicht ehrt, ist des Franken nicht wert. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.
Wer die vom Vater erwartete Leistung nicht liefert, bekommt seine Enttäuschung zu spüren. Es ist ein klassisches Muster: fordernder Vater, Kinder, die ihm im Streben nach Anerkennung alles recht machen wollen und sich dabei ein Verhalten antrainieren, das sie später im Leben ebenfalls erfolgreich werden lässt.
Der kleine Josef, und später der große, macht seinem Vater kaum Kummer und dafür umso mehr Freude. Er verkörpert schon als Kind, was später auch zum Motto seiner Bank werden sollte – Leistung aus Leidenschaft. Leben ist für Josef Ackermann vor allem Wettbewerb: Wenn er verliert, ist er unglücklich, wenn er gewinnt, glücklich. Egal, worum es geht, und sei es nur eine banale Wette oder ein Match Tischfußball.
Für die Ausbildung von Leistungswillen und Leistungskraft der Kinder ist im Hause Ackermann trotz aller Sparsamkeit immer Geld da. Sie sollen es in ihrem Leben schließlich einmal noch weiter bringen als der Vater. »Meine Eltern«, sagt Josef Ackermann dazu, »haben uns nach dem Prinzip Fordern und Fördern erzogen«.
Schon als Kind wird »Seppi« im Sommer zum Englischlernen in eine Gastfamilie nach London geschickt. Am Bahndamm in Mels liest er Goethe und hört Mozart. Der Faust wird zu seiner Lieblingslektüre, die Zauberflöte zu seinem bevorzugten Musikstück. Die Ackermanns pflegen die Hausmusik, Daniel spielt Geige, Karl Cello, Josefs Instrument ist das Klavier. Manchmal, wenn Gäste da sind, müssen sie ihr Können vorführen. Später, als junger Banker in New York, nimmt Josef Ackermann jeden Samstag Gesangsunterricht. Als Chef der Deutschen Bank schließt er eine exklusive Partnerschaft seines Hauses mit den Berliner Philharmonikern.
Heute musiziert der Schweizer nur noch wenig selbst, hört aber nach wie vor leidenschaftlich gerne Jazz, vor allem aber italienische Opern – auch bei der Arbeit, aber nur zu Hause. »Das entspannt und macht kreativ«, sagt er. Und es entspricht einem gewissen Hang zum Sentimentalen und Theatralischen, der ihm eigen ist und auch sein beachtliches Darstellungsbedürfnis erklärt.
Besonders gerne erzählt Ackermann denn auch eine Anekdote aus dem März 2002 . In der Metropolitan Opera findet zu Ehren des Engagements der Deutschen Bank für die Stadt New York nach den Anschlägen vom 11 . September 2001 ein festliches Dinner statt. Zusammen mit dem Hausherrn sowie dem damaligen Bürgermeister Rudolph Giuliani und anderen gibt der Deutsche-Bank-Chef auf der Bühne ein Ständchen. Die Laiensänger schmettern Frank Sinatras »New York, New York«. Bei der Rückkehr zum Ehrentisch empfängt ihn der Startenor Luciano Pavarotti mit den Worten: »Que bella voce!« Er habe das natürlich nicht ernst genommen, sagt Ackermann: »Bei aller Liebe, eine musikalische Karriere kam für mich nie wirklich in Frage. Dafür hatte ich zu wenig Talent.« Seine Frau habe ihm schon auf der Heimfahrt gesagt, er sei kaum herauszuhören gewesen.
Bei den Ackermanns in Mels wird nicht nur fleißig musiziert, regelmäßig geht es auch auf Bildungsreise, so etwa nach Rom, wo der Vater auf dem Forum Romanum Julius Cäsar im Original deklamiert. Die drei Söhne besuchen alle die angesehene Kantonsschule im nahen Chur, der Hauptstadt des benachbarten Kantons Graubünden. An das humanistische Gymnasium schafft es nur, wer eine strenge Aufnahmeprüfung bestanden hat. Ein katholisches Internat, das ebenfalls zur Diskussion stand, war Josef als »zu eng« erschienen. Nacheinander machen er, Karl und Daniel ohne Probleme ihr Abitur, in der Schweiz Matura genannt.
Josef Ackermann (Sternzeichen: Wassermann, Aszendent: Löwe) hat sich schon als junger Mann hohe Ziele gesetzt. Er liebt und sucht das Kräftemessen mit anderen. Er will immer der Beste sein. Und er will dafür anerkannt werden. In der Schule ist der von den Mädchen umschwärmte »Seppi« der Klassenprimus, meist auch Klassensprecher, aber kein Streber. Er lernt gerne, und der Lehrstoff fällt ihm leicht – von Mathematik bis Griechisch. Nur in Zeichnen ist er schlecht. Auf die Frage, welches Talent er gerne besitzen möchte, antwortet der spätere Bankchef denn auch einmal: »Menschen porträtieren zu können«. Der Überflieger hat Mühe mit der Mikroperspektive.
Zur Ausbildung dient im Hause Ackermann auch der Fernsehapparat. In der Flimmerkiste, die der Vater 1960 vor den Olympischen Spielen in Rom gekauft
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