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Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
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sowie Privat- und Geschäftskunden) einen Quartalsgewinn von 1 , 6 Milliarden Euro netto – mehr noch als im Vorjahr. Allerdings ist er gut zur Hälfte einmaligen Sondererträgen wie etwa Steuerrückerstattungen zu verdanken.
    Im Verlust der Investmentbank spiegeln sich die Folgen von Ackermanns Rückzugsbefehl aus dem Sommer. Kritische Positionen aufzulösen kostet erst einmal Geld. Aber wie sich bald herausstellen sollte, spart es noch viel mehr. Andere Institute, die langsamer und risikofreudiger waren und länger an ihren Portfolios mit strukturierten Wertpapieren festhielten, sollten dafür noch bitter büßen müssen. Sie erleiden mit immer weiter fallenden Preisen am Ende weit höhere Verluste.
    Die Krise frisst sich derweil stetig voran. Bei den Empfängen, Dinners und Soireen auf der Tagung von Weltbank und Währungsfonds in Washington, wo sich Mitte Oktober die globale Finanzbranche ein Stelldichein gibt, hat die ausgelassene Partylaune der Vorjahre einer neuen Nachdenklichkeit Platz gemacht. Die Spannungen am Geldmarkt dauern nun schon seit über zwei Monaten an, länger als nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center.
    Am Rande der Tagung in der US -Hauptstadt feiert der Weltbankenverband IIF sein 25 -jähriges Bestehen. EZB -Präsident Jean-Claude Trichet hält die Festrede, die Akrobaten des »Cirque du soleil« unterhalten die Gäste im National Building Museum mit ihren Kunststückchen. Zum Hauptgang des Dinners erklingt der melancholische Beatles-Song »Yesterday« aus den Lautsprechern. Ja, so denkt sich mancher unter den Versammelten, gestern schienen die Probleme so weit weg, heute sieht es so aus, dass sie bleiben.
    Vor der versammelten Weltpresse erklärt IIF -Präsident Ackermann am nächsten Morgen, die Banken hätten wesentlich zur Finanzkrise beigetragen. Deswegen müssten von ihnen nun auch primär die nötigen Korrekturen kommen: »Das ist unsere Verantwortung.« Zugleich kündigt er an, bis zur Frühjahrstagung des Verbands im März in Rio de Janeiro, werde er erste Reformvorschläge für einen Katalog von Regeln guter Geschäftsführung ausarbeiten lassen. Die Themen Transparenz, Risikomanagement, Kreditvergabe, Liquidität und Vergütung stünden dabei im Vordergrund.
    Die Neue Zürcher Zeitung schreibt tags darauf von einem »Ordnungsruf«. Viele IIF -Mitglieder nehmen diesen mit gemischten Gefühlen auf. Sie hoffen weiter, dass der Spuk auf den Finanzmärkten bald wieder vorbei ist. Josef Ackermann ist da zwar ganz anderer Ansicht. Aber dass aus der Krise auf dem amerikanischen Immobilienmarkt und ihren Kollateralschäden einmal eine systemische Krise wird, damit rechnet er auch jetzt noch nicht.
    Am Sonntagabend will der Schweizer endlich mal auf andere Gedanken kommen. »Genug mit Subprime«, sagt er auf dem Kunden-Konzert, das sein Haus jedes Jahr bei der Tagung in Washington im Kennedy Center ausrichtet. »Heute Abend gibt es nur Prime« – und übergibt unter tosendem Applaus an die russische Star-Sopranistin Anna Netrebko. Über der Musik vergessen er und seine Gäste für eine Weile alle Sorgen.
    Bald fordert die Krise jedoch die nächsten Opfer. Merrill Lynch hat sich schwer verhoben und muss im dritten Quartal fast acht Milliarden Dollar abschreiben. Bankchef Stanley O’Neal verliert darüber Ende Oktober seinen Job. Im vierten Quartal sieht sich sein Nachfolger John Thain gezwungen, noch mal fast 15 Milliarden Dollar draufzulegen und einen Verlust von fast 10 Milliarden Dollar auszuweisen, der schlimmste in der fast 100 -jährigen Geschichte der Bank.
    Eine Woche nach O’Neal ist Chuck Prince, Chef der Citigroup, Amerikas größter Bank, an der Reihe. Citi hatte im dritten Quartal gerade erst 6 , 5 Milliarden Dollar abgeschrieben, da werden Spekulationen laut, im letzten Quartal des Jahres seien weitere acht bis elf Milliarden fällig. Tatsächlich sollten es dann schließlich sogar 18 Milliarden Dollar werden. Zu dem Zeitpunkt ist Prince schon nicht mehr im Amt.
    Die Horrornachrichten lösen Schockwellen in den USA und Europa aus, an den Börsen brechen die Finanzwerte ein, der Goldpreis steigt auf 807 Dollar für eine Feinunze, den höchsten Stand seit 28 Jahren. Anfang November wird immer deutlicher, was der Deutsche-Bank-Chef schon seit Monaten ahnt. Die Abschreibungen im Quartal zuvor waren kein Großreinemachen, sie markierten nicht den Höhepunkt der Probleme. Sie waren erst der Anfang.
    Und es wird immer deutlicher, dass das moderne Geschäftsmodell der

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