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Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
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genug, erfährt die Öffentlichkeit einige Tage darauf, dass der Händler Jérôme Kerviel bei der französischen Großbank Société Générale mit Terminkontrakten auf europäische Aktienindizes nahezu fünf Milliarden Euro verzockt hat. Der damalige Kommunikationschef der Bank, Hugues Le Bret, schildert in seinem Buch über den Fall (»Die Woche, in der Jérôme Kerviel beinahe das Weltfinanzsystem gesprengt hätte«), wie der Mitarbeiter dabei das Kontrollsystem der Bank ausgehebelt hatte. Josef Ackermann ordnet sofort eine Überprüfung der Sicherheitssysteme seines Hauses an. In diesen Tagen muss ich wieder an seinen Spruch denken: »Better be lucky than smart.«
    Während um ihn herum die Nervosität von Woche zu Woche steigt, wird der Schweizer immer ruhiger. Als alle noch ruhig waren, war er unruhig, jetzt ist es umgekehrt.
    Die Erklärung dafür folgt am 7 . Februar, dem Tag, an dem die Deutsche Bank ihr Ergebnis für das vierte Quartal des Vorjahres und damit das gesamte Jahr 2007 bekanntgibt. Es ist zugleich der Tag, an dem ihr Chef seinen 60 . Geburtstag begeht.
    Schon im Vorfeld haben die Medien das lange vermisste Bekenntnis zu seinem Gastland gelobt, das der Schweizer in den zurückliegenden Monaten gezeigt hatte. »Der Mann, den Deutschland mit Verachtung strafte«, so etwa die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung , »leuchtet plötzlich«. Dazu druckt die Zeitung Glückwünsche von B wie Burda, dem Inhaber des gleichnamigen Verlagshauses, bis W wie Weill, dem ehemaligen Chef der Citigroup, mit dem der Deutschbanker in einer lauen Sommernacht im Juni 2003 einmal über eine Fusion beider Institute geträumt hatte. Auch Bundeskanzlerin Merkel habe bereits Grüße geschickt und werde sich noch mal persönlich melden. Das Handelsblatt wünscht »Happy Birthday, Joe«.
    Der Wunsch sollte in Erfüllung gehen. An seinem Geburtstag kann Josef Ackermann einen neuen Rekordgewinn von 8 , 7 Milliarden Euro vor Steuern verkünden. Während andere Banken im vierten Quartal noch einmal Milliarden abschreiben mussten, schlagen in der Deutschen Bank ganze 50 Millionen Euro zu Buche. Jetzt macht sich das frühe Umschwenken bezahlt. Die UBS kommt für das gesamte Jahr 2007 auf Abschreibungen von insgesamt 19 Milliarden Dollar, Merrill Lynch auf fast 24 und Citigroup auf fast 25 Milliarden Dollar. Für die Deutsche Bank dagegen sind es vergleichsweise bescheidene gut drei Milliarden Euro.
    Die Medien überbieten sich gegenseitig mit Superlativen: »Ein Meisterwerk«, schwärmt die Börsenzeitung . Die Welt verleiht dem Deutsche-Bank-Chef sogar gleich »Heldenstatus«. Selbst Finanzminister Steinbrück, der in diesen Wochen keine Gelegenheit auslässt, die Banken heftig zu tadeln, macht dem Schweizer Komplimente: Sein Institut habe gezeigt, so der SPD -Politiker, »wie man es professionell und gut machen kann«.
    Josef Ackermann genießt den Moment – und will ihn nutzen. In diesen Wochen fasst er einen großen Zukauf im Privatkundengeschäft ins Auge, um sein Haus besser auszubalancieren und unabhängiger vom Investmentbanking zu machen: »Man muss kaufen, wenn man selbst stark ist und die anderen schwach sind«, sagt er.
    Der Schweizer war stets ein Verfechter einer integrierten Bank mit Investmentbanking, Vermögensverwaltung und Privatkundengeschäft unter einem Dach. Sie bietet stabilere Erträge und eine breitere Refinanzierungsbasis, ein größeres Vertriebsnetz und ein besseres Rating – und damit auch eine günstigere Refinanzierung. Ein solches Modell wollte er bereits bei seinem früheren Arbeitgeber SKA etablieren, konnte sich damit allerdings nicht durchsetzen und hatte deswegen schließlich das Haus verlassen. Zu seiner großen Genugtuung war man bei dem SKA -Nachfolger Credit Suisse inzwischen längst anderen Sinnes geworden.
    In den ersten Jahren als Chef der Deutschen Bank hatte Ackermann sich nahezu vollständig auf das Investmentbanking konzentriert. Dafür war er geholt worden, hier war am meisten zu gewinnen. Für einen massiven Ausbau der anderen Bereiche mangelte es zudem an günstigen Kaufgelegenheiten.
    Die Finanzkrise verschiebt dann aber die Gewichte. Sie erhöht zum einen die Notwendigkeit, sich vom Investmentbanking unabhängiger zu machen, und sie bringt zum anderen vermehrt Chancen für günstige Kaufgelegenheiten mit sich.
    Am 1 . März 2008 feiert Josef Ackermann in der Münchner Residenz aber erst einmal gebührend seinen runden Geburtstag nach. Mit dem früheren Wohn- und

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