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Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
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einen Kauf von Bear rundheraus abgelehnt: »Das wäre das Letzte auf der Welt, was ich tun würde.« In dem Telefonat habe der Schweizer auch Zweifel an der Überlebensfähigkeit anderer US -Investmentbanken geäußert.
    Bear Stearns ist am Montag zwar gerettet und US -Präsident George W. Bush verkündet, die Regierung habe »die Lage im Griff«, doch die Anleger in aller Welt glauben ihm nicht und reagieren mit Panikverkäufen. Schon wird der nächste Wackelkandidat gehandelt, die viertgrößte US -Investmentbank Lehman Brothers. Die Aktie des Geldhauses bricht um 40 Prozent ein. Die Fed, die den Zinssatz erst vor wenigen Tagen gesenkt hat, legt noch einmal nach.
    Frisch aus den USA zurückgekehrt und unter dem Eindruck der dramatischen Ereignisse an der Wall Street, fordert Josef Ackermann bei einer Diskussionsveranstaltung des Schweizer Generalkonsulats in Frankfurt zu einer »konzertierten Aktion« auf, um das »Zusammenschmelzen von Werten zu beenden«. Als »Verfechter der Marktwirtschaft« falle es ihm »schwer, das zu sagen«, aber er »glaube nicht mehr allein an die Selbstheilungskräfte der Märkte«.
    Kaum ist der Satz ausgesprochen, rennen die Agentur-Journalisten aus dem Saal, um die Nachricht zu verbreiten. Schlagartig setzt eine heftige Debatte ein. »Ackermann bittet Staat um Hilfe«, wundert sich das Handelsblatt , »Ackermann ruft in Finanzkrise um Hilfe«, triumphiert nahezu gleichlautend die Frankfurter Rundschau . Bundeswirtschaftsminister Michael Glos ( CSU ) kritisiert die Äußerungen des Deutsche-Bank-Chefs als »überraschend und widersprüchlich. Aus den gleichen Etagen, aus denen sonst weniger Staat gefordert wurde, klingt jetzt der Ruf nach mehr Staat.« Es könne nicht sein, »dass die Banken in guten Zeiten ordentliche Gewinne einstreichen und bei Missmanagement die Verluste sozialisieren wollen«. Linken-Chef Lafontaine bietet dem Schweizer die Mitgliedschaft in seiner Partei an.
    Hat der Oberkapitalist der Nation gerade dem Kapitalismus die Gefolgschaft gekündigt und ist ins Lager der Sozialisten übergeschwenkt? Glaubt er nicht mehr an den Markt? Will der Deutsche-Bank-Chef jetzt die deutschen Steuerzahler für die Spekulationen der Banken bluten lassen? Ist womöglich sogar die Deutsche Bank selbst in Nöten?
    Aus dem Urlaub im fernen Macau rate ich dazu, den missverständlichen Satz schnellstmöglich persönlich klarzustellen, ehe die öffentliche Debatte völlig außer Rand und Band gerät. Und so geschieht es. Es gehe nicht um eine »Systemdiskussion zur Rolle des Staates« und auch nicht um den »Ruf nach dem Staat und die Rettung von Investoren«, sagt Josef Ackermann der Frankfurter Allgemeinen Zeitung . Die Frage bei der Diskussion sei gewesen, ob die Finanzmärkte geduldig genug seien, eine Stabilisierung des amerikanischen Immobilienmarkts abzuwarten. Da sich eine solche Stabilisierung auf Immobilienmärkten allein aus sich heraus erfahrungsgemäß nur langsam vollziehe, habe er »das Zusammenwirken aller Akteure zum Wohle des Ganzen in einer ganz konkreten Situation« angemahnt.
    Die Erklärung beendet die politische System-Diskussion, unterstreicht aber zugleich, wie tief beunruhigt Ackermann inzwischen ist. Bald darauf kassiert er auch sein Gewinnziel für das laufende Jahr 2008 und warnt vor weiteren Abschreibungen. Eine Woche später präzisiert er diese für das erste Quartal auf 2 , 5 Milliarden Euro. Ende April, bei der Vorlage der endgültigen Zahlen, sollte es dann sogar noch etwas mehr sein. Nach einem Gewinn von fast drei Milliarden Euro im entsprechenden Vorjahresquartal muss die Bank jetzt einen Verlust von über 250 Millionen Euro vor Steuern hinnehmen.
    Es ist Ackermanns erster Quartalsverlust bei der Deutschen Bank. Ohne Beteiligungsverkäufe wäre er sogar über eine Milliarde groß geworden. Der Bereich Investmentbanking allein verliert 1 , 6 Milliarden Euro. Allerdings hat die Bank anders als viele namhafte Wettbewerber auch nicht von der sogenannten Fair-Value-Option auf der Soll-Seite der Bilanz Gebrauch gemacht. Diese erlaubt es, Marktwert-Korrekturen bei eigenen Verbindlichkeiten gegen die vorgeschriebenen Abschreibungen der Vermögenswerte auf den aktuellen Zeitwert gegenzurechnen. Mit dieser Methode hätte die Bank im ersten Quartal 2008 statt eines Verlusts einen Gewinn von 1 , 7 Milliarden vor Steuern ausweisen können.
    Das Ergebnis lässt für das Gesamtjahr nichts Gutes erwarten, obwohl es im Vergleich etwa zu den gut zwölf Milliarden

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