Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)
CDU / CSU -Mittelstandsvereinigung und beim Sommerfest der Bild -Zeitung. Dort wettet er mit Finanzminister Steinbrück um den Ausgang des Endspiels der Fußballeuropameisterschaft am folgenden Abend in Wien. Der SPD -Mann setzt sechs Flaschen Saint Emilion darauf, dass Spanien als Sieger vom Platz geht. Der Schweizer hält dagegen: »Deutschland gewinnt.« Er verliert die Wette, aber kassiert weitere Pluspunkte in seinem Gastland.
Neue Sympathien sammelt Ackermann in diesen Wochen vor allem aber auf andere Weise. Unternehmen sind in der Darstellung ihres gesellschaftlichen Engagements nie besonders gut gewesen. Während ihre Kritiker immer auch mit Moral argumentieren, warten sie meist nur mit Zahlen und Fakten auf. Ackermann will das ändern und demonstrieren, dass Markt und Moral keine Gegensätze sein müssen.
Eine gute Gelegenheit, dafür ein Signal zu setzen, bietet die jährliche Präsentation des Corporate Social Responsibility ( CSR ) Reports der Bank. Noch ehe die Finanzkrise ihren Höhepunkt erreicht hat und Jahre bevor die Flut der Rechts- und Reputationsprobleme über die Bank hereinbricht, stellt der Schweizer ein für sein Haus völlig neues Verständnis von gesellschaftlicher Verantwortung vor.
Dieses war bis dahin weitgehend philanthropisch und von dem Gedanken geprägt, der Gesellschaft von dem, was man verdient hat, etwas »zurückzugeben«.
Als »oberste soziale Verantwortung« seiner Bank betrachtet es Ackermann nun, wettbewerbsfähig zu sein, um als Unternehmen wachsen, Arbeitsplätze sichern und schaffen, nützliche Produkte und Dienstleistungen anbieten sowie Steuern zahlen zu können.
Dabei operiere die Bank allerdings »nicht im luftleeren Raum«, sie sei Teil der Gesellschaft und müsse ihr Geld daher auf »verantwortungsvolle Weise« verdienen, wenn sie deren Vertrauen bewahren wolle. »In diesem Sinne sehen wir gesellschaftliche Verantwortung als integralen Bestandteil unserer Arbeit – zum eigenen Wohle wie zum Wohle der Allgemeinheit«, so der Deutsche-Bank-Chef. »Soziales Verantwortungsbewusstsein muss selbstverständlicher Teil unseres gesamten Denkens und Handelns, Corporate Social Responsibility muss fest in Geschäftspolitik und Geschäftsprozesse integriert, es muss gewissermaßen Teil unserer DNA sein.« CSR sei »weder Opfer noch Alibi«, »nicht Wohltätigkeit mit dem Geld unserer Aktionäre, sondern Investition in unsere eigene Zukunft und in die der Gesellschaften, in denen wir operieren. Je gesünder unser soziales Umfeld, desto größer unsere Erfolgschancen, je intakter die Gesellschaft, desto gesicherter auch unsere Existenz.«
Trotz Krise, geringerer Gewinne oder gar Verlusten greift Josef Ackermann die gut 80 Millionen Euro, die das Institut direkt für gesellschaftliche Zwecke pro Jahr ausgibt, denn auch nicht an, sondern hält den Etat stabil. Zugleich wird sein Schwerpunkt von den eher elitären Bereichen Kunst und klassische Musik in Richtung Chancengleichheit, Bekämpfung des Klimawandels sowie ehrenamtliche soziale Tätigkeit der Mitarbeiter verschoben. Bald betätigen sich rund 20 000 Deutschbanker, ein Fünftel der Belegschaft, in gesellschaftlich nützlichen Projekten.
Die Botschaft kommt an. »Josef Ackermann hat das Thema soziale Verantwortung zur Chefsache erklärt«, notiert die Frankfurter Allgemeine . Und die Frankfurter Rundschau konstatiert verblüfft: Aus dem einstigen »Abziehbild des Turbo-Kapitalisten« sei ein Mensch geworden, »der weiß, welche Verantwortung er in der Gesellschaft hat«.
Bald darauf kann der Schweizer endlich auch den im Herbst zuvor angekündigten Verhaltenskodex für seine Branche vorstellen. Der 213 Seiten starke Bericht, an dem 65 führende Banken aus aller Welt mitgearbeitet haben, enthält detaillierte Empfehlungen hinsichtlich Risiko-, Kapital- und Liquiditätsmanagement sowie Vergütung. »Wir räumen ein, dass es bei den Geschäftspraktiken einer Reihe von Instituten ernsthafte Schwächen gegeben hat«, so Ackermann bei der Präsentation im National Press Club in der US -Hauptstadt Washington. Auch die Boni seien eine »beträchtliche Schwachstelle« gewesen. Sie sollten künftig »auf dem um Risiken und Kapitalkosten bereinigten Gewinn basieren« und die Auszahlung »an den Risikohorizont angepasst«, sprich: zeitlich gestreckt werden. Viele Banken hätten bereits interne Reformen durchgeführt. Diese seien durch bessere regulatorische Maßnahmen zu ergänzen. Dazu wolle die Branche den Dialog mit Regierungen,
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