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Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
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setzt. Auf Brötchentüten einer Frankfurter Bäckereikette preist die Deutsche Bank mit dem Spruch »Freuen Sie sich über steigende Preise?« das Produkt an. Allein in den ersten drei Monaten gehen dafür fast 450 Millionen Euro Kundengelder ein.
    Die öffentliche Empörung über die Werbeaktion lässt jedoch nicht lange auf sich warten. Das globalisierungskritische Netzwerk attac zieht gegen die »Geschäftemacherei mit dem Hunger« zu Felde und fordert einen »Stopp der Spekulation mit Nahrungsmitteln«. Josef Ackermann sorgt dafür, dass die Werbeaktion innerhalb von Tagen eingestellt wird. Das Thema verschwindet aus den Schlagzeilen.
    Im Herbst 2011 kehrt es nun mit Wucht zurück. Unter dem Titel »Die Hungermacher« stellt foodwatch am 18 . Oktober einen 86 Seiten starken Report des Journalisten Harald Schumann vor, in dem dieser nachweisen will, dass die wachsenden Finanzinvestitionen in Agrarrohstoffe die Nahrungsmittelpreise in die Höhe treiben. Banken, die in diesem Geschäft tätig seien wie die Deutsche Bank, machten sich damit »mitschuldig an Hungersnöten in den ärmsten Ländern der Welt«.
    In einem Offenen Brief fordert der Gründer und Anführer der Organisation, Thilo Bode, Ackermann als obersten Deutschbanker auf, »mit gutem Beispiel voranzugehen« und aus der »Spekulation mit Nahrungsmitteln« auszusteigen. Als IIF -Chef solle er zudem Regulierungen unterstützen, um deren »schädlichen Einfluss« zu verhindern. Am selben Tag spricht sich auch Jacques Diouf, Präsident der Welternährungsbehörde FAO in Rom, gegen die »Spekulation« in diesem Bereich aus. Die Aufsicht für die Rohstoffterminbörse in den USA begrenzt die Anzahl der Terminkontrakte, die ein Händler halten darf.
    Als Ackermann von dem Offenen Brief und dem foodwatch-Report hört, reagiert er wieder sofort. »Ich will kein Hungermacher sein. Wir werden das jetzt selbst gründlich untersuchen und je nachdem, was dabei herauskommt, entsprechend handeln«, sagt er mir. Schon am Tag darauf antwortet er Bode in einem Schreiben, das die Bank ebenfalls öffentlich macht.
    Er teile die »Betrübnis darüber, dass viele Menschen auf dieser Welt immer noch in Armut leben und Hunger leiden müssen«, so der Schweizer. Sein Haus werde daher den vorgelegten Report zu den Auswirkungen des Rohstoffhandels »gründlich prüfen«. Sollten sich dabei »ausreichende Belege« dafür finden, dass diesbezügliche Aktivitäten der Bank die von foodwatch beschriebenen Auswirkungen haben könnten, werde sie »entsprechende Konsequenzen« ziehen. Die Bank wolle sich um eine »möglichst rasche und detaillierte Antwort bemühen«.
    Bode ist verdutzt über die prompte und positive Reaktion. Josef Ackermann will sich und der Bank nicht nachsagen lassen, dass ihretwegen Menschen in der Welt hungern oder gar verhungern müssen. Das Thema droht seinem und dem Ruf seines Hauses schweren Schaden zuzufügen.
    Um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, startet foodwatch unter dem Motto »Hände weg vom Acker, Mann!« eine E-Mail-Aktion. Binnen kurzer Zeit melden sich Zehntausende Unterstützer im Internet zu Wort. Die Deutsche Bank erlebt den ersten »Shitstorm« ihrer Geschichte. Eine Umfrage des Meinungsinstituts Forsa Mitte November zeigt: 84 Prozent der Bundesbürger halten »Spekulation mit Nahrungsmitteln« für »nicht akzeptabel«.
    Auch die Politik wird hellhörig. Anfang März 2012 veranstalten CDU und CSU in Berlin einen Kongress über Rohstoffhandel. »Dieses Thema ist wichtig für uns«, so Klaus-Peter Flosbach, finanzpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. »Finanzmarktspekulationen mit Nahrungsmitteln kann ich weder mit meinem Gewissen vereinbaren, noch können wir es mit dem ›C‹ in unserem Namen in Einklang bringen.« Sein Parteifreund Finanzminister Schäuble kündigt auf derselben Veranstaltung eine stärkere Regulierung der Rohstoffmärkte an. »Wenn wir dem Treiben tatenlos zusehen, haben wir aus der Finanzkrise nichts gelernt.« Raimund Röseler, Chefaufseher für Banken bei der BaFin, berichtet, einschließlich Indexfonds und Zertifikaten sei das Engagement von Finanzinstituten auf den internationalen Rohstoffmärkten zwischen 2003 und 2011 von 26 auf 400 Milliarden Dollar angeschwollen. Viele Handelspraktiken hätten mit einer sinnvollen Absicherung von Rohstoffkontrakten nichts mehr zu tun.
    Andererseits sehen zahlreiche ernstzunehmende Forscher keinen signifikanten Einfluss von »Spekulation« auf die

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