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Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
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zurückgehalten. Einige Deutschbanker müssen sogar vorübergehend in Haft. Der Spiegel nimmt den Vorgang zum Anlass für die zweite Titelgeschichte über die Bank in dem Jahr. Schlagzeile: »Die Deutsche Skandalbank«. Zum Jahresbeginn war das Magazin bereits mit der Coverstory »Die Zocker AG « erschienen.
    Wie immer das spektakuläre Verfahren am Ende ausgeht, noch spektakulärer ist der Fall, der mit dem Namen Libor (London Interbank Offered Rate) verknüpft ist. Zusammen mit anderen großen Geldinstituten wird der Deutschen Bank vorgeworfen, jahrelang den wichtigsten Referenz-Zinssatz weltweit sowie sein europäisches Pendant, den Euribor, manipuliert zu haben. Allein am Libor hängen die Zinssätze für Kredite im Umfang von schätzungsweise bis zu 500 Billionen Euro weltweit.
    In ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2011 bestätigt die Bank im Frühjahr 2012 , »verschiedene förmliche Auskunftsersuchen im Zusammenhang mit der Quotierung von Zinssätzen im Interbankenmarkt für verschiedene Währungen« erhalten zu haben. Zudem seien gegen sie in diesem Zusammenhang eine Reihe zivilrechtlicher Klagen einschließlich Sammelklagen in den USA eingegangen.
    Zu diesem Zeitpunkt läuft nach einem Verdachtshinweis vonseiten der Aufsichtsbehörden längst eine interne Untersuchung in dem Institut. »Ich habe immer wieder aufs Tempo gedrückt«, so Josef Ackermann. Aber es müssen massenweise E-Mails gesichtet werden. Erst im Oktober 2011 kann der Manipulationsverdacht von der Bank offenbar erhärtet werden. Seitdem haben mehrere Händler in diesem Zusammenhang das Haus verlassen müssen.
    Josef Ackermanns Position zu dem Fall ist glasklar: »Den Leitzins zu manipulieren ist absolut kriminell. Jeder, der hier Verantwortung trägt, muss zur Rechenschaft gezogen werden.« Im Herbst 2012 teilt der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank der Öffentlichkeit mit, die interne Untersuchung zur Libor-Manipulation habe keinerlei Hinweise auf Verwicklungen von aktuellen oder früheren Mitgliedern der Führungsorgane des Hauses, also Vorstand, GEC und Aufsichtsrat, ergeben. Die von der BaFin parallel mit einer Sonderprüfung in der Sache beauftragten Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young haben bis dato offenbar dieselbe Erkenntnis gewonnen.
    Die Bank muss sich jedoch auf eine hohe Strafzahlung und eventuell noch höhere Schadenersatzforderungen geprellter Anleger einstellen. Die Schweizer UBS ist wegen Libor-Manipulationen bereits zu einer Strafe von umgerechnet 1 , 5 Milliarden Dollar verdonnert worden. Die britische Barclays Bank muss 450 Millionen Dollar zahlen. Sowohl deren CEO als auch der Chairman und der Chef des Investmentbankings verlieren ihre Posten. Das Strafgeld für die Royal Bank of Scotland ( RBS ) beläuft sich auf über 600 Millionen Dollar. John Hourican, der Chef des Investmentbankings, muss gehen.
    Bei der Deutschen Bank hat mit Anshu Jain derweil der oberste Investmentbanker das Erbe von Josef Ackermann angetreten. Dem Journalisten und Buchautor Georg Meck (»The Deutsche – Investmentbanker an der Macht«), der den neuen Co-Chef (zusammen mit Jürgen Fitschen) danach fragt, ob er angesichts der vielen Rechtsstreitigkeiten und Reputationsprobleme, die ihren Ursprung in seinem Verantwortungsbereich haben, der Richtige für den Spitzenposten sei, antwortet er: »Wenn man in diesem Bereich etwas ändern will, holt man sich am besten jemanden, der etwas davon versteht.«
    So kann man es auch sehen.

Kapitel 10
Kampf ums Erbe
    Die Hauptversammlung der Deutschen Bank ist schon seit vier Stunden im Gange, Josef Ackermann hat bereits mehrere Fragerunden hinter sich, als ein Aktionär von ihm wissen will, was es denn zum Thema Nachfolge Neues gebe. Die Frage erscheint im Mai 2010 , gerade mal ein Jahr, nachdem der Schweizer seinen Vertrag bis 2013 verlängert hatte, reichlich deplatziert. Alle erwarten, dass der Deutsche-Bank-Chef sie freundlich routiniert abräumt, wie es gewöhnlich seine Art ist: Das sei jetzt noch kein Thema, die Aktionäre könnten sich darauf verlassen, dass die Bank zur rechten Zeit eine gute Lösung parat haben werde. Dafür würden der Aufsichtsratsvorsitzende und er mit vereinten Kräften sorgen. Oder so ähnlich. Nichts Konkretes, schon gar nichts, woraus sich eine Meldung machen ließe.
    Doch Josef Ackermann sorgt für eine Eilmeldung: Er sei »seit Monaten in intensiven Gesprächen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden über dieses Thema«, antwortet er, und die Medienvertreter im Saal

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