Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)
über den Aktionär Bohndorf seien durch ein Gespräch des Aufsichtsratsvorsitzenden mit dem Leiter von Investor Relations »ausgelöst« worden.
»Deutsche Bank demontiert Chefaufseher«, schreibt die Financial Times Deutschland daraufhin, die Welt spricht von einer »Schlammschlacht«, das Schwesterblatt Welt am Sonntag meint, der Chefkontrolleur sei »gezielt belastet« worden.
Was von außen auf den ersten Blick vielleicht so aussehen mag, ist jedoch schlicht ein Gebot der Offenheit und Ehrlichkeit – und der Vernunft. Zwei wichtige Mitarbeiter der Bank wegen der Affäre fristlos zu entlassen und zu verschweigen, wie dem unabhängigen Untersuchungsbericht zufolge alles angefangen hatte, hätte nicht nur Josef Ackermanns Versprechen gegenüber den Aktionären Hohn gestraft, die Affäre ohne Ansehen der Person aufzuklären. Das Faktum war im Haus bereits weithin bekannt und wäre spätestens in dem Arbeitsgerichtsprozess des entlassenen Leiters der IR -Abteilung auch öffentlich zur Sprache gekommen. Die Bank, ihr Vorstandschef und nicht zuletzt ihr Aufsichtsratsvorsitzender hätten sich dann den Vorwurf gefallen lassen müssen, etwas vertuschen zu wollen.
Dennoch bekommt das Verhältnis der beiden Spitzenleute der Bank durch den öffentlichen Hinweis auf das Gespräch des Oberaufsehers mit dem IR -Chef einen Knacks. Börsig habe ihr durch einen Mittelsmann »mitteilen« lassen, schreibt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung , er lasse sich »nicht erpressen«. Bei dem Treffen des Kontrollgremiums am 28 . Juli 2009 weist der Aufsichtsratsvorsitzende dies allerdings zurück und dementiert, einen Medienberater mandatiert zu haben. Vorstandschef Ackermann seinerseits entgegnet den Spekulationen, er habe sich mit der strikten Untersuchung an seinem Chefkontrolleur rächen wollen, diese sei vom Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats in Auftrag gegeben worden, dem Börsig selbst angehöre. Der das Gremium beratende Anwalt Michael Hoffmann-Becking von der Kanzlei Hengeler Mueller gibt eine rechtliche Beurteilung von Börsigs Verhalten bei der Spitzelaktion ab, die den Aufsichtsratsvorsitzenden entlastet.
Am Ende der Sitzung verkünden die Kontrolleure, »Aufsichtsrat und Vorstand« hätten den Bericht der Anwaltssozietät Cleary Gottlieb »zur Kenntnis« genommen. Danach seien »die zweifelhaften Methoden nicht von Mitgliedern des Aufsichtsrats oder Vorstands legitimiert« worden. Die Süddeutsche bezeichnet das Ergebnis als »Burgfrieden«.
Nach der Sommerpause geht die Affäre in die nächste Runde. Die Klagen der beiden geschassten Mitarbeiter am Arbeitsgericht Frankfurt stehen zur Verhandlung an. Die Gütetermine zu Beginn des Prozesses bleiben ohne Ergebnis. In den Medien werden immer wieder neue Details der Affäre breitgetreten. So wird mit Verweis auf den Cleary-Report etwa kolportiert, die Aussagen des IR -Chefs und Börsigs widersprächen sich. Im April 2010 , kurz vor dem erwarteten Urteilsspruch des Arbeitsgerichts, einigt sich die Bank schließlich mit den beiden entlassenen Mitarbeitern auf eine »einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses«. Kurz vor Weihnachten 2009 hatte bereits die BaFin als Ergebnis der von ihr veranlassten Sonderprüfung organisatorische Mängel im Bereich der Sicherheitsabteilung konstatiert, das Institut und seine Organe aber entlastet.
Damit ist die Affäre beendet. In der Bank hinterlässt sie eine Menge an gegenseitigem Misstrauen und wirkt Jahre nach. Das Verhältnis zwischen Ackermann und Börsig ist nun tatsächlich lädiert. Der Null-Toleranz-Kurs hat seinen Preis. Doch der Schweizer lässt sich dadurch nicht beirren. Er will, dass seine Bank nicht nur eine blitzsaubere Bilanz hat, sondern auch eine blitzsaubere Weste.
Ein gutes Beispiel dafür, wie sehr bei der Jagd nach Rendite und Bonus das Gefühl für Moral und Anstand gelitten hatte und wie weit die Branche von der realen in eine synthetische Parallelwelt abgedriftet war, ist der »db kompass Life 3 Fonds«.
Ende des Jahres 2007 entwickeln die Zertifikate-Entwickler der Bank zwei frühere Anlageprodukte im Zweitmarkt für Lebensversicherungen weiter, Kompass Life 1 und 2 . Nach dem Vorbild ihrer Kollegen, die sich mit synthetischen Produkten vom Angebot an realen Hypotheken unabhängiger machen wollen, bilden sie Lebensversicherungen synthetisch nach.
Dafür stellen sie eine Gruppe von 500 älteren US -Bürgern zusammen, lassen durch Mediziner deren Lebenserwartung begutachten und bauen darauf eine
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