Späte Schuld
V. Dellums Federal Building verließen, wurden sie von einer Horde sensationsgieriger Reporter umzingelt.
Obwohl Alex schützend den Arm um Andi legte, geriet der Weg zum Auto zum Spießrutenlauf.
»Mrs Phoenix!«, rief ein Mann und hielt Andi sein Mikro unter die Nase. »Hat dieser Vorfall irgendetwas mit ihrer Arbeit als Verteidigerin für Elias Claymore zu tun?«
Alex schob Andi kommentarlos in eine andere Richtung und schirmte sie mit dem Arm vor dem aufdringlichen Reporter ab, aber vor ihnen lauerte schon die nächste Journalistin.
»Mrs Phoenix, stimmt es, dass Sie sich in die DNA-Datenbank gehackt haben, weil Sie verzweifelt nach entlastenden Beweisen für Ihren Mandanten gesucht haben?«
»Kein Kommentar«, blaffte Alex wütend.
Die Reporterin drängte sich noch näher an Andi heran und hielt ihr Mikro direkt vor deren Mund. »Mrs Phoenix?«, fragte sie beharrlich.
Alex schob das Mikrofon beiseite. »Mrs Phoenix wird sich dazu nicht äußern«, wiederholte er bestimmt.
Während die Fragen weiter auf sie einprasselten, bahnte Alex ihnen gewaltsam einen Pfad durch die Menge zu Juanitas Auto, in dem diese bereits auf sie wartete. Bevor er auch nur »Fahr los« sagen konnte, trat sie das Gaspedal bis zum Anschlag durch.
»Es freut mich, dass Sie endlich gelernt haben, den Mund zu halten«, lobte Alex, während die Reporter ihnen gierig nachblickten.
»Das wird sie mir büßen … diese elende Schlampe!«
»Es bringt doch nichts, sich aufzuregen. Wir müssen einfach herausfinden, wer hinter der ganzen Sache steckt.«
»Oh, ich weiß genau, wer dahintersteckt! Diese Schlampe Lannosea!«
»Die Person, die Ihnen die E-Mails geschickt hat?«
»Natürlich! Wer denn sonst?«
»Aber wissen Sie denn inzwischen, um wen es sich dabei handelt?«
»Nein. Aber ich werde es herausfinden.«
»Und wie?«
»Ich glaube, dass Lannosea eins von Claymores früheren Opfern ist.«
»Und was bringt Sie auf diesen Gedanken?«, wollte Alex wissen.
»Die Dinge, die sie geschrieben hat … die Wut … die Verbitterung.«
»Tja, falls Sie recht haben, dürfte es nicht allzu schwer sein, sie zu finden. Das erinnert mich an etwas – Sie sollen David anrufen.«
»Warum?«
»Ich habe ihm von Ihrem Anruf aus dem Gericht erzählt, und da hat er gesagt, er hätte jetzt die Ergebnisse der Nachforschungen, Sie wüssten schon, was damit gemeint ist.«
Kommentarlos zog Andi ihr Mobiltelefon aus der Tasche und drückte zwei Tasten.
»Hi, Andi. Freut mich, dass Sie wieder auf freiem Fuß sind.«
»Woher wissen Sie das?«
»Aus dem Radio. Wo sind Sie jetzt?«
»In Juanitas Auto, mit Ihrem Vater. Wir sind auf dem Weg zurück in die Kanzlei.«
»Hat diese Lannosea also den Druck erhöht.«
»Sieht ganz danach aus.«
»Wie auch immer, hören Sie zu: Ich habe doch diese Programme auf Ihrem Account installiert, und die haben jetzt ein Traceroute-Protokoll erstellt, das alle Aktivitäten der letzten Tage zurückverfolgt.«
»Und was ist dabei herausgekommen?«, fragte sie ungeduldig.
»Der unerlaubte Zugriff auf die DNA-Datenbank ist vom Wide Area Network Ihrer Kanzlei erfolgt und lässt sich bis zu dem Hotel zurückverfolgen, in dem Sie abgestiegen sind.«
Andi erstarrte. »Lannosea operiert von meinem Hotel aus?«
»Das ist aber noch nicht alles. Ich habe die MAC-Adresse des Computers herausgefunden, von dem der Zugriff erfolgt ist.«
Die Media-Access-Control-Adresse ist die Erkennungsnummer, mit der sich jeder Computer identifizieren lässt.
»Und?«
»Die Nummer stammt von Ihrem Laptop, Andi.«
» Meinem Laptop?«
Sie war wie vom Donner gerührt. Wann konnte das passiert sein? Soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie den Laptop die ganze Zeit bei sich gehabt. Nur als sie ins Krisenzentrum gefahren war und ihn im Auto gelassen hatte, war er für einen Moment unbeaufsichtigt gewesen. Hatte jemand in ihr Auto eingebrochen, den Laptop benutzt – über das Wide Access Network von Levine und Webster –, ihn dann wieder ausgeschaltet und das Auto in scheinbar unberührtem Zustand zurückgelassen? Und das alles innerhalb weniger Minuten?
»Kann man eine MAC-Adresse vortäuschen?«
»Ja. Im Internet kann sich jeder problemlos ein gebrauchsfertiges Programm zur Vortäuschung von MAC-Adressen herunterladen. Die Testversion gibt’s umsonst, die Standardversion kostet dreißig Dollar.«
»Aber woher hat derjenige meine MAC-Adresse? Mit dem Message Header wird doch nur die IP-Adresse übermittelt. Die MAC-Adresse erfährt
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