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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld
Autoren: David Kessler
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abgeschlossen hat.«
    »Ich habe von Ihrer Kanzlei gehört«, sagte Alex.
    Das schien Webster zu freuen. »Wie mir zu Ohren gekommen ist, praktizieren Sie eigentlich in San Francisco«, fuhr er fort.
    »Und weiter?«
    »Nun ja, Claymores Versicherungspolice schließt Rechtsschutz mit ein, daher haben wir uns gedacht, dass es doch sicher schwierig für Sie ist, Claymore hier unten in Ventura zu vertreten, wenn Sie Ihre Kanzlei doch in San Francisco haben.«
    »Und Sie möchten …«
    »Wir möchten, dass Sie als Prozessbevollmächtigter zurücktreten, damit wir die rechtliche Vertretung von Mr Claymore übernehmen können.«

Freitag, 12. Juni 2009 – 15.40 Uhr
    »Aber Sie wissen doch bestimmt, dass die Versicherungspolice nur die zivilrechtliche Haftung abdeckt«, wandte Alex ein.
    Er saß mit den Partnern von Levine und Webster, zu denen auch Paul Sherman zählte, an einem langen, ovalen Rosenholztisch im großen Konferenzsaal der Kanzlei. Die Atmosphäre war angespannt.
    »Keine Police deckt die Schuldfähigkeit eines Versicherten ab«, erwiderte Webster mit kindischem Grinsen. »Schließlich kann die Versicherungsgesellschaft schlecht stellvertretend eine Haftstrafe absitzen. Aber die Police beinhaltet die Übernahme der anfallenden Anwaltskosten sowie die Auszahlung von Prämien. Und die Versicherungsgesellschaft hat ausdrücklich uns mit dem Fall beauftragt.«
    Nach Websters Kontaktaufnahme hatte Alex zunächst die Ruhe bewahrt und dieser Zusammenkunft vorbehaltlos zugestimmt. Aber jetzt wurde er langsam sauer. »Damit sind vermutlich die rechtliche Vertretung und die anfallenden Kosten bei einem zivilrechtlichen Prozess gemeint, wo es allein um Fragen der Haftung geht.«
    »Die Police deckt jede Art der rechtlichen Vertretung ab«, insistierte Webster. »Auch bei Strafprozessen.«
    »Sie scheinen zu glauben, dass Sie Mr Claymore besser gegen strafrechtliche Anklagepunkte verteidigen können als ich.«
    »Ich bitte Sie, Mr Sedaka: Sie sind ein Einmannbetrieb, wir sind eine große Kanzlei. Wir verfügen über Dutzende Fachanwälte und ein ganzes Netzwerk an Experten und Kontaktpersonen, von dem Sie nur träumen können.«
    »Ihre Größe bestreite ich gar nicht, aber das muss nicht unbedingt von Vorteil sein. Wenn der Angeklagte mit einer Armee von Anwälten in den Gerichtssaal marschiert, kann ihm das sogar negativ ausgelegt werden.«
    »Da wäre auch noch der logistische Aspekt. Sie sitzen in San Francisco, wir hier in L.A. Ventura liegt sozusagen vor unserer Haustür. Wie stellen Sie sich das vor? Wollen Sie jeden Tag von San Francisco hierher pendeln?«
    »Sie scheinen davon auszugehen, dass der Prozess in Ventura stattfindet.«
    »Haben Sie es etwa auf einen Ortswechsel abgesehen?«, fragte Sherman.
    »Vielleicht. Es würde sicher nicht schaden, wenn wir ihn in einen Bezirk mit besseren demographischen Voraussetzungen verlegen.«
    »Ich dachte, Sie wollten ein beschleunigtes Verfahren«, warf Webster ein. »Ein Antrag auf Ortswechsel liefert der Gegenseite einen Vorwand, den Prozessbeginn zu verzögern.«
    »Außerdem sind wir auch auf einen Ortswechsel besser vorbereitet als Sie«, fügte Sherman hinzu.
    Bei dieser Behauptung spitzte Alex die Ohren. »Inwiefern?«
    »Wir haben eine ganze Abteilung, die nur für demographische Analysen zuständig ist.«
    Alex dachte einen Moment darüber nach. »Das ist natürlich ein Argument. Aber diese Entscheidung habe nicht ich zu treffen. Sie liegt allein in Claymores Händen. Ich bin sein Anwalt und vertrete ihn, solange er dies wünscht.«
    »Aber Sie könnten mit ihm sprechen«, sagte Webster. »Ihn überzeugen.«
    »Das mache ich ganz sicher nicht. Ich bin nämlich selbst keineswegs überzeugt, dass Sie ihn besser vertreten würden, warum sollte ich also versuchen, ihn davon zu überzeugen?«
    Arthur Webster beugte sich vor und wollte etwas sagen, aber ein gebrechlich wirkender Mann, der bereits auf die achtzig zugehen musste, brachte ihn mit erhobener Hand zum Schweigen. Der alte Mann war Aaron Levine, ein Seniorpartner der Kanzlei. Webster lehnte sich in seinem Stuhl zurück und überließ es seinem lebenslangen Freund, das Wort an Alex zu richten.
    »Dürfte ich Ihnen eine Frage stellen, Mr Sedaka? Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, aber geht es Ihnen nur um Ihren Berufsstolz? Falls dem so ist, kann ich Sie beruhigen: Ihr guter Ruf eilt Ihnen voraus. Wir haben alle noch Ihre Leistung im Sanchez-Fall in Erinnerung.«
    Alex’ Wut war verraucht, aber das lag
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