Späte Sühne - Island-Krimi
waren.«
»Hatte er ein festes Zuhause?«
»Eine möblierte Mietwohnung in London.«
Búi griff in seine Jackentasche und zog eine Visitenkarte heraus. »Da ist die Anschrift«, sagte er. »Seine Firma ist ebenfalls unter dieser Adresse registriert«, fügte er hinzu.
Birkir stand auf und ging zum Bett, um den Aktenkoffer zu untersuchen. Ein Schlüsselbund mit einigen Schlüsseln war an einer Kette auf dem Boden des Koffers befestigt.
»Hatte er auch eine Wohnung in Island?«, fragte Birkir.
»Ich glaube nicht«, antwortete Búi. »Ich bin nie mit ihm nach Island gefahren. Wenn er dorthin flog, bekam ich immer frei. Ich nehme an, dass er in einem Hotel gewohnt hat, wenn er in Reykjavík war.«
»Wo lebst du?«
»Ich besitze eine Wohnung in Spanien. Wenn ich frei habe, bin ich dort. Ich habe für morgen einen Flug nach Barcelona gebucht. Es dürfte wohl ein längerer Urlaub werden.«
»Besitzt du einen Schlüssel zu Antons Londoner Wohnung?«
»Ja.«
»Ich muss dich darum bitten, mir diesen Schlüssel auszuhändigen.«
Búi griff achselzuckend in seine Jackentasche. »Ich habe noch Klamotten und ein paar andere Dinge in der Wohnung, aber die kann ich später holen«, sagte er, während er den Schlüssel vom Ring klaubte und Birkir reichte.
»Wann hast du angefangen, für Anton zu arbeiten?«
»Vor drei Jahren.«
»Was hast du vorher gemacht?«
»Ich war zwei Jahre Polizist in Reykjavík, und dann habe ich in den USA eine Ausbildung als Personenschützer gemacht. Anschließend arbeitete ich für eine Firma, die Leute in die ganze Welt schickt, um Überwachungsaufträge auszuführen. Als sich Anton mit mir in Verbindung setzte und mir eine feste Stelle anbot, habe ich zugeschlagen. Das war besser als der Irak oder Afghanistan.«
»Weißt du von jemandem, der Anton nach dem Leben trachtete?«
Búi zuckte wieder mit den Achseln. »Er war ein gerissener Zeitgenosse und hat geschäftlich bestimmt manchen übers Ohr gehauen. Ich wüsste aber von niemandem, der ein Interesse daran gehabt hätte, ihn hierher nach Berlin zu verfolgen. Das mag eine falsche Einschätzung gewesen sein.«
»Du hast gesagt, dass du auf Reisen rund um die Uhr im Einsatz warst. Weshalb warst du am Sonntagabend nicht bei ihm?«
Búi zögerte. Ihm war anzusehen, dass ihm die Frage unangenehm war. »Ich bekomme manchmal frei, wenn Anton in einem sicheren Haus zu Gast ist«, sagte er. »Wir waren davon ausgegangen, dass die Botschaft sicher ist. Das war eindeutig ein Fehler. Wird nicht gut aussehen in meiner CV.«
»Was hast du selber am Sonntag gemacht?«
»Ich bin im Taxi mit Anton zur Botschaft gefahren und habe ihn bis ins Gebäude begleitet, während der Taxifahrer draußen wartete. Beim Eingang trennten sich unsere Wege.«
»Was hast du anschließend gemacht?«
»Ich bin in einen Puff gegangen.«
Birkir war ein wenig verblüfft über Búis Direktheit. »Kann das jemand bestätigen?«, fragte er.
Búi grinste spöttisch. »Keine Ahnung, wo ich war. Ich hab dem Taxifahrer nur gesagt, was für Bedürfnisse ich hätte, und er hat mich irgendwohin gefahren. Als ich meinen Service bekommen hatte, ließ ich den Türsteher ein Taxi für mich bestellen und fuhr zurück ins Hotel. Es könnte ziemlich kompliziert sein, das Etablissement zu finden. Ich hab mir nicht gemerkt, wo es war.«
»Wer wusste davon, dass Anton in die Botschaft wollte?«
»Davon wusste niemand. Das war eine spontane Aktion.«
»Wie meinst du das?«
»Wir kamen aus Djakarta und trafen spät am Samstagabend in Berlin ein. Am Sonntag sollte es um zwei Uhr nach Hamburg weitergehen, doch sonntagmorgens um elf wurde das Treffen in Hamburg telefonisch gecancelt. Anton ließ mich den Flug stornieren und führte in den folgenden Stunden mehrere Telefongespräche. Dann fiel ihm ein, dass er den Botschafter abends zum Essen einladen könnte. Konráð ist meist zu allem bereit, aber diesmal schien er dienstliche Verpflichtungen zu haben und schlug deswegen vor, dass Anton in die Botschaft käme. Da erst entschloss sich Anton zu diesem Besuch in der Botschaft, und wir haben ein Taxi bestellt.«
»Es wusste also niemand, dass er hier in Berlin war?«
»Wohl kaum. Anton hat seine Reisepläne nie an die große Glocke gehängt. Sogar ich erfuhr manchmal erst vom nächsten Reiseziel, wenn die Flüge gebucht wurden.«
»Was hatte Anton am Montag vor?«
»Zur nächsten Besprechung fliegen, nach Paris oder London, glaube ich. Entweder stand das noch nicht fest, oder er hat
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