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Späte Sühne - Island-Krimi

Späte Sühne - Island-Krimi

Titel: Späte Sühne - Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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du bei der Lesung dabei?«
    »Ja, ich war dort. Meine Eltern sind derzeit bei uns zu Besuch, und sie waren auch dort. Anschließend habe ich sie direkt nach Hause gebracht, weil sie etwas erschöpft waren. Sie gehen auf die neunzig zu.«
    »Du bist aber am späten Abend noch einmal in die Botschaft gekommen?«
    »Ja. Wir hatten zu einem kleinen Abendessen in die Residenz eingeladen, und als das vorbei war, fuhr ich wieder in die Botschaft. Eingeladen waren zwei alte Freundinnen von mir und ihre Männer, und dann natürlich meine Eltern. Konráð hätte natürlich auch pünktlich da sein sollen, aber dann rief er an und kam mir mit irgendwelchen albernen Entschuldigungen. Einfach unerträglich. Wir mussten ohne ihn essen.«
    »Weshalb bist du danach in die Botschaft gefahren?«
    »Ich wollte ihm nur klarmachen, was ich von einem solchen Benehmen halte. Ich ließ mir ein Taxi bestellen, nachdem die Gäste weg und Papa und Mama schlafen gegangen waren.«
    »Hast du dich mit den Gästen des Botschafters unterhalten?«
    »Ja, man weiß doch, was sich gehört, auch wenn der Ehemann ein Trottel ist. Ich habe Konráð beiseitegenommen und ihm zu verstehen gegeben, was ihm bevorstand. Selbstverständlich habe ich mich dann um die Gäste gekümmert. Da waren zwei reizende Schwule, unheimlich amüsant. Diese Jungs wissen so viel über Mode.«
    »Was ihm bevorstand?«, fragte Gunnar.
    »Wie bitte?« Hulda schien die Frage nicht zu verstehen.
    »Was hast du deinem Mann zu verstehen gegeben?«
    »Ach so.« Hulda lächelte. »Nun ja, ich habe da so einiges in petto, um meinem Mann das Leben zu vergällen, wenn er sich mir gegenüber unmöglich benimmt. Das ist aber nichts für deine Ohren.«
    »Hast du auch Anton getroffen?«
    »Natürlich, er hat mich doch begrüßt, das war ja wohl das Mindeste. In Anbetracht der Tatsache, wie beschissen sich die anderen ihm gegenüber verhielten, war ich eigentlich erstaunt, dass er so lange geblieben ist.«
    »Hat ihm irgendjemand ganz direkt seine Abneigung gezeigt?«
    »Meine Schwulen wollten überhaupt nicht mit ihm reden. Der Sonnendichter hat nur über ihn gespottet und ihn Menschenhändler genannt. Jóns Freund, dieser Künstler, der hat mit niemandem gesprochen, der ist irgendwie krank. Nur Helgi hat sich mit Anton unterhalten. Helgi ist ein richtiger Gentleman, er ist ja auch weltberühmt.«
    »Weltberühmt?«
    »Ja, seine Keramikarbeiten sind einzigartig. Kunstgalerien in aller Welt kaufen sie. Und hier in Berlin ist man außerordentlich gespannt auf diese Ausstellung.«
    »Hast du beobachtet, wer noch den Raum verließ, als Anton zum letzten Mal zum Telefonieren nach oben ging?«
    »Nein, Schätzchen. Ich war beschäftigt.«
    »Beschäftigt?«
    »Ja, Schätzchen. Während ich mit den Schwulen plauderte, hatte ich mir den linken Schuh ausgezogen, weil er so an der Ferse scheuerte. Irgendjemand hat ihn dann irgendwohin getreten. Als wir aufbrechen wollten, konnte ich ihn nicht finden. Ich wollte, dass Konráð mir bei der Suche half, aber der war zu betrunken. Da bin ich ausgerastet. Die Gäste verließen fluchtartig das Zimmer, während ich mein Hühnchen mit Konráð rupfte, diese Feiglinge. Aber dann kam Helgi und hat mich getröstet, er ist so höflich und liebenswürdig. Er versteht Frauen, schließlich ist er ja auch schon dreimal verheiratet gewesen, wie ich gehört habe. Aber den Schuh haben wir nicht gefunden, deswegen musste ich barfuß zum Taxi laufen.«
    »Das war wahrscheinlich nicht sehr angenehm?«
    »Helgi hat mich gestützt. Er bot mir sogar an, mich auf den Armen zu tragen, aber das war nun wirklich nicht nötig.«
    21:00
    Die Leute vom Berliner Erkennungsdienst hatten ihre Arbeit beendet und packten ihre Sachen zusammen. Arngrímur hatte Anna einen leeren Sektkarton besorgt, in dem sie sämtliche Proben unterbringen konnte. Die Kerzenleuchter waren wieder in die spezialangefertigte Kiste gepackt worden, die im Keller aufbewahrt wurde. Sie bestand aus wasserdichtem Sperrholz und war von innen mit zugeschnittenem Schaumgummi ausgepolstert. Der Deckel war mit soliden Schrauben befestigt.
    Arngrímur hatte sich bereit erklärt, den Transport nach Island mit dem Express-Zustellungsdienst zu veranlassen, mit dem die Botschaft die besten Erfahrungen hatte, ebenso das Gepäck von Anton, das Birkir aus dem Hotel mitgebracht hatte. Die Sachen würden in zwei Tagen in Reykjavík eintreffen.
    Anna hatte zum Schluss noch Finger- und Handabdrücke von allen Botschaftsangehörigen

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