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Späte Sühne - Island-Krimi

Späte Sühne - Island-Krimi

Titel: Späte Sühne - Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Leider ist er aber unheimlich langweilig, er rührt keinen Alkohol an.«
    Konráð trank einen ordentlichen Schluck Whisky und gab dem Barkeeper ein Zeichen, ihm ein neues Glas zu bringen, obwohl er das andere erst halb geleert hatte.
    »Darf ich dich auch zu etwas einladen?«, fragte er Gunnar.
    Gunnar deutete auf die Gläser, die vor ihm standen: »Dasselbe noch einmal. Weshalb gibt es diese Sonderregelung in Bezug auf Arngrímur?«
    »Das ist die große Frage. Arngrímurs Vater war der verstorbene Ólafur Ingi Esjar, seines Zeichens Parlamentsabgeordneter und Großimporteur. Hinter den Kulissen war er zu seiner Zeit einer der mächtigsten Männer dieses Landes, und Arngrímur war der Kronprinz mit dem silbernen Löffel im Mund. Er absolvierte das juristische Staatsexamen mit der allerbesten Note und wurde Bezirksamtmann in Hvolsvöllur, noch bevor er dreißig war. Das war 1972. Das habe ich in einer älteren Ausgabe des Juristenverzeichnisses gelesen. Dort wird er noch als Arngrímur Esjar geführt. Er änderte seinen Namen in Arngrímur Ingason, als er 1975 ins Außenministerium wechselte.«
    »Weißt du, weshalb er seinen Namen geändert hat?«
    »Nein.«
    »Hat er vielleicht als Bezirksamtmann Mist gebaut?«
    »Sollte das der Fall gewesen sein, wurde es unter den Teppich gekehrt.«
    »Es muss doch möglich sein, das wieder auszugraben, falls jemand Interesse hat«, sagte Gunnar. »Aber das geht mich eigentlich gar nichts an. Es hat ja nichts mit unserem Fall zu tun.«
    Der Barkeeper brachte Gunnar die nächste Runde Bier und Kuemmerling, und dem Botschafter einen weiteren Whisky on the rocks. Konráð trank noch einen Schluck aus dem Glas, das vor ihm stand, kippte dann den Rest in den neuen Drink und reichte dem Kellner das Glas und einen Fünfzigeuroschein.
    »Hast du keine Kronen?«, fragte der Kellner.
    »Nein. Der Rest ist für dich, mein Lieber«, sagte er zu dem Mann und wandte sich dann wieder Gunnar zu. »Es macht keinen guten Eindruck, wenn man mehrere Gläser vor sich stehen hat. Die Leute könnten den Eindruck gewinnen, man würde sich volllaufen lassen.«
    »Wir haben herausgefunden, dass zwischen den Gästen in der Botschaft engere Verbindungen bestanden, als sie anfangs zugeben wollten«, sagte Gunnar. »Der Sonnendichter und Helgi Kárason waren schon seit jungen Jahren befreundet und haben eine Zeit lang in einer Kommune in Fljótshlíð zusammengelebt, der Hof hieß Sandgil. Fabían war ebenfalls dort. Jóns Verlobte kam ums Leben, als das Haus 1975 in Brand geriet.«
    »Daran kann ich mich erinnern«, sagte Konráð. »Der arme Jón hat furchtbar darunter gelitten, dass er diese Frau verloren hat.«
    »Drei der Gäste in der Botschaft stehen also in Verbindung zu dem Brand damals?«
    Konráð hatte das Glas schon an den Lippen, setzte es aber wieder ab.
    »Nein«, sagte er, »es sind vier.«
    »Ach ja?«
    »Der eine der beiden Schwulen ist der Bruder des Mädchens, das bei dem Brand ums Leben kam.«
    »Welcher?«
    »Starkaður.«
    »Woher weißt du das?«
    »Das kam an dem Abend in der Botschaft zur Sprache. Ziemlich dramatisch.«
    »Inwiefern?«
    »Starkaður fing an zu weinen, als Jón sein Gedicht Wenn hellere Tage und Träume sich mehren vortrug. Helgi versuchte, ihn zu beruhigen, und aus seinen Worten ging hervor, dass dieses Mädchen seine Schwester war.«
    Gunnar dachte eine Weile nach. »Besteht die Möglichkeit, dass Anton Eiríksson auch in diese Sache verwickelt war?«, fragte er schließlich.
    »Nein, das würde ich ausschließen«, antwortete Konráð. »Er lebte zu dieser Zeit in einem ganz anderen Landesteil. Wir standen Seite an Seite in der Politik.«
    »Gut«, sagte Gunnar. »Das bringt uns also nicht weiter. Es war also einfach ein Zufall.«
    »Wahrscheinlich«, sagte Konráð und trank einen ordentlichen Schluck. »Aber da gibt es trotzdem noch einen anderen Aspekt. Arngrímur Ingason Esjar war zu dieser Zeit Amtmann im Rangárvellir-Bezirk, und Sandgil gehörte zu seinem Amtsbereich. Er hatte irgendwie mit der Sache zu tun.«
    »Hat da irgendetwas nicht gestimmt?«
    »Auf keinen Fall. Arngrímur hält sich immer an Gesetze und Vorschriften. Ziemlich unerträgliche Eigenschaft.«
    »Und er war ja auch nicht in der Botschaft, als Anton umgebracht wurde«, sagte Gunnar.
    »Nein, leider«, sagte Konráð. »Eigentlich gehörten diese Besprechungen in seinen Zuständigkeitsbereich, aber er musste andere Aufgaben wahrnehmen. Ich wäre immer noch Botschafter in Berlin, wenn er

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