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Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Voosen , Kerstin Signe Danielsson
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was sein Aussehen angeht, da bin ich mir sicher. Sie haben ja ein altes Foto abgedruckt in der Zeitung. Und hier, sieh mal, ich habe ein Jahrbuch von unserer Schule mitgebracht. Schau dir das Foto einmal an.«
    Sie reichte Nyström ein in Leder gebundenes, großformatiges Buch über den Schreibtisch.
    »Schlag es dort auf, wo das Lesezeichen steckt.«
    Nyström blätterte die vergilbten Seiten um. Das Papier roch nach Keller. Der junge Mann, der ihr von der Porträtaufnahme einnehmend und selbstsicher entgegenlächelte, hatte in der Tat eine gewisse Ähnlichkeit mit den älteren Fotos von Balthasar Melchior Frost in dem Album, das Forss in der Schreibtischschublade des Toten gefunden hatte. Doch was hatte das zu bedeuten? Eine vage äußerliche Übereinstimmung mit einem Mitschüler, der vor langer Zeit weggezogen war? Die Erinnerung einer sehr alten Frau an eine gute Note in Biologie oder an ein Referat über Heuschrecken?
    Unter seinem Foto im Jahrbuch stand sein Name: Henrik Larsson. Und ein Zitat von Charles Darwin:
    Es geht aus dem Kampf der Natur, aus Hunger und Not, unmittelbar die Lösung des höchsten Problems hervor, das wir zu fassen vermögen, die Erzeugung immer höherer, vollkommener Wesen.
    Eine ungewöhnliche Zitatauswahl für einen Schüler, ging Nyström durch den Kopf. Sie dachte einen Moment nach, dann sah sie wieder zu Svea Holmgren hinüber.
    »Weißt du denn, was aus deinem Henrik geworden ist, nachdem du ihn bei der Beerdigung seiner Eltern zum letzten Mal gesehen hast?«
    »Na, er ist nach Stockholm zurückgefahren, zum Studieren nehme ich an.«
    »Und dann?«
    Ihr Blick hatte sich verändert. Man sah ihr an, dass sie auf eine ferne Erinnerung gestoßen war.
    »Das war das Letzte, was ich von ihm gehört habe.«
    »Kanntest du ihn näher?«, fragte Nyström.
    »Ich war drei Jahre lang unsterblich in ihn verliebt! Meinst du, ich hätte ihn sonst in der Zeitung wiedererkannt? Nach fünfundsechzig Jahren?«
    Nyström musste schmunzeln.
    »Und, war es eine glückliche Jugendliebe mit euch beiden?«
    »Ach, wo denkst du hin, natürlich nicht! Bei Henrik konnte keins von uns Mädchen landen. Auch wenn er es damals vielleicht selbst noch nicht wusste, aber er war – wie sagt man heute? – vom anderen Ufer. Das war uns allen so klar wie Kloßbrühe!«
    5
    Der Dschinn hatte ein Gesicht wie aus Tausendundeiner Nacht, ein schönes, ein arabisches Gesicht. Schön, aber böse. Er kannte es, da war er sich sicher. Nur wo hatte er es schon einmal gesehen?
    Er saß lange an seinem Computer in der Nacht, es gab Arbeit aufzuholen. Drei Arbeitstage hatte er verpasst, das war nichts, was ihn finanziell ruinierte, aber er würde es am Ende des Monats merken, die Versicherungsbranche war ein undankbarer Beruf. Andererseits, wer viel tat, kassierte auch viel. Und man konnte zu Hause arbeiten, am Rechner, am Telefon. Ohne Kollegen, ohne jemanden berühren zu müssen.
    Doch viel empfindlicher als die drei fehlenden Arbeitstage traf ihn das, was er nicht bekommen hatte, das, was er nicht gefunden hatte und was ihm doch zustand.
    Was würden die Leute bei der WFCC denken? Was würde aus seinem Titel ?
    Er saß über seine Zahlen und Buchstaben gebeugt und schwitzte. Vielleicht war es das Fieber, das zurückkam, auch wenn er nur noch einen schwachen Schmerz in seinem Bauch spüren konnte. Zahlen und Buchstaben, immer wieder, alles drehte sich darum. Wieder musste er an das dunkle Gesicht denken. Die Zeitungen hatten nur von dem toten Alten geschrieben. Das dumme Schwein, er war ja selber schuld! Warum hatte er nicht einfach gehorcht, wie all die Jahre zuvor? Warum hatte er sich mit einem Male verweigert? Also geschah es ihm recht. Die Frage war, was die Frau bei der alten Tunte gewollt hatte.
    Woher war sie so plötzlich gekommen?
    Und wo war sie jetzt?
    Mit einem plötzlichen Aufschrei wischte er die Tastatur des Computers an die Wand. Polternd fiel sie zu Boden. Ihm standen Tränen in den Augen. Vater, dachte er, wo bist du, wenn ich dich brauche?
    6
    Henrik Larsson. Ein junger, homosexueller Student, der sich für Insekten interessierte. Der Politik und Wirtschaft studierte. Sie betrachteten das Foto in dem Jahrbuch. War Balthasar Frost in Wirklichkeit ein anderer Mann? Ein Henrik Larsson aus Uppsala? Jemand, der hieß wie der berühmteste Fußballer Schwedens? Nyström dachte daran, dass Frost nicht den Hauch eines englischen Akzents gehabt hatte, und daran, dass sie seine Sprachmelodie und Aussprache an etwas

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